Gestern kamen insgesamt 55 Velokilometer zusammen, unterbrochen von einer Wanderung auf den Mannen. Velo unten abgestellt, Schuhe gewechselt und rauf, das Wetter war trocken, aber windig und nicht sonnig.
Heute war’s bis am Nachmittag bedeckt, danach sonnig und später klarer Himmel. Also bin ich nach Ballstad gerollt, hab das Norrfold abgestellt und bin auf den Nonstinden (459moh) und den Munkan (493moh) hochgelaufen. Die Sonne kam dann leider erst ganz raus, als ich schon fast wieder unten war, und es blies die ganze Zeit böse von der Seite. Schneefelder sind noch vorhanden, die Aussicht bis zum Festland war grandios. Da kann sich Bern mal eine Scheibe von abschneiden mit dem bisschen Eiger-Mönch-Jungfrau 🙂
Ballstad Hafen.
Ballstad Hafen, Stockfisch und hinten Festland.
Ballstad und hinten mittig Brandsholmen.
An der Schneekante geht’s häufiger knapp senkrecht runter, etliche hundert Meter.
Diesmal ist der Nachtzug 94 wie geplant gefahren, umsteigefrei im Liegen bis nach Narvik. Am Anfang musste die Klimaanlage kühlen, am Ende hatte die Heizung gut zu tun, draussen lag überall Schnee und es gab zugefrorene Seen zu sehen. Viele Fahrgäste hatten Ski dabei — aber natürlich nicht, um am Zielort Ski zu fahren, sondern zum Beispiel, um in Kiruna auszusteigen und von dort in anderthalb Tagen auf Ski bis nach Narvik zu kommen.
Dusche im Nachtzug getestet.
Nordschweden.
Auch Nordschweden.
Paar deutsche Kesselwagen irgendwo südlich von Kiruna.
Kiruna, Fahrtrichtungswechsel.
Computing across Europe: Windows Update um 68°N übers Zug-Wifi.
Beim Nachschauen, wann ich genau das erste Mal hier im Norden war, muss ich mich doch mal selbst zitieren:
Das Reisebudget von 4000 Fr. und 1600 Dosenkilometern dürfte wohl auch hinkommen, hab wieder grosszügig kalkuliert und von dem Rest kauf ich mir ein Eis. Oder ein Brompton für die Kombination mit Interrail.
Das war vor einem Jahr, inzwischen hab ich zwei Faltvelos und werde damit zweimal weit im Norden gewesen sein. Und auch mit Interrail hab ich vor nicht mal einem Jahr angefangen. Das ist also beides recht schnell eskaliert 🙂 Dummerweise gibt es auch Falt-Liegevelos, und wer weiss, ob ich das nach einem weiteren Jahr auch zitieren muss.
Zurück zum Nachtzug: an der Riksgränsen kam sogar eine Personenkontrolle. Kurzes Interview, wo ich hin will und wann’s zurückgeht, keine ID notwendig, Tür wieder zu. Ich sehe wohl vertrauenswürdig genug aus und hatte von Frisur, Hautfarbe und Bart 100% Übereinstimmung mit dem Zöllner.
Narvik war wie erwartet zunehmend verregnet, also hab ich nach 15km und etlichen Höhenmetern mit jetzt wieder heiss-trocken-bremsender Vorderradbremse die Zeit in einer der Shoppingmalls verbracht, wo 15:50 sowieso der Bus abfuhr.
Brücke nördlich von Narvik.
Alles rein in den Laderaum.
Ticket in der App gelöst, eingestiegen und rumgeschaukelt über 185 Haltestellen in 5:45h. Ab Svolvær hatte auch schon der Regen aufgehört, es wurde grüner, bunter und schneeärmer.
Svarttinden.
21:35 kamen wir in Leknes an, wo ich das Norrfold wieder zusammenbauen wollte. Ein Pedal hatte ich abgeschraubt, das andere von der anderen Seite wieder in die Kurbel eingeschraubt. Mein Hirn war wohl bei der Busfahrt auch eingeschlafen, denn “rechte Kurbel = rechtsrum fest = linksrum locker” gilt natürlich nur, wenn man es aussen einschraubt. Zum Glück hatten sie in der Tankstelle keinen grossen 15er, sonst hätte ich da echt noch was Gröberes ruiniert, bevor mir aufgefallen ist, dass ich einfach nur andersrum drehen muss, um es zu lösen. Danach wurde es dann Zeit, mein Norwegisch auszuprobieren, und nach den acht Stunden Online-Konversationskurs geht es jetzt einfach, als ob es nie anders gewesen wäre. Die Hemmschwelle ist weg und ich rede einfach drauflos mit möglichst wenig Fehlern und im Zweifelsfall sollte ich einfach das deutsche oder englische Wort nehmen, denn in 50% der Fälle stimmt das sogar. Ett språk til 😀 In der Unterkunft bin ich gegen 23 Uhr angekommen (also im Hellen, haha) und die gesamte Führung und Erläuterung haben wir direkt und problemlos auf Norwegisch gemacht.
Aussicht um Mitternacht.
Morgen geht’s Vorräte holen und dann mal schauen, was das Wetter sagt. Trocken, aber bedeckt.
Die Dudelhintergrundmusik im Hotel hat mich schon ein bisschen genervt, aber zum Glück hat man die nur in der Lobby und beim Frühstück gehört. 07 Uhr war heut Tagwacht (hatte eh kein Fenster im Zimmer, ganz praktisch eigentlich), dann Packen, Frühstück, den gesamten Gepäckroller im Keller einschliessen lassen und los zur LF zum Meeting. Da kamen wieder erstaunliche Beiträge und interessante Gespräche zusammen, immerhin ist das meine Machine-Learning-Gruppe, wo Finnen, Schweden, Deutsche, Schweizer, Italiener, Niederländer und neu auch Österreicher und Polen dabei sind. Rein technisch würde ich mal die Niederländer ganz nach vorn stellen, gefolgt von uns. Auf alle Fälle gab’s wieder exzellentes Catering mit unbegrenzt Nachschlag, so dass ich mich dann gegen 14 Uhr verabschieden konnte und die Fuhre wieder aus dem Hotelkeller geholt hab. Diesmal bin ich also mit Gepäck nochmal 30km herumgerollert, 300 Höhenmeter kamen auch zusammen. Der witzigste Teil war, als ich über die etwa 500m lange Fähren-Fussgängerbrücke bis ins Fährterminal der Värtahamnen gefahren bin (km 17.4-17.9 im Track), dort noch auf dem Aussichtsdach war und später ins Terminal rein bin. Hab dann eigentlich nur den Ausgang gesucht und wurde prompt vom Wachpersonal zurecht gerügt, dass ich da im Terminal herumfahren würde (Platz war da: Fläche etwa Zürich HB Wannerhalle+Querhalle, ohne Menschen!). Ich hab dann ausgeklickt, bin beim Absteigen fast auf die Fresse geflogen (Stahl-Stein hat keine gute Reibung) und dann hat der Wachtmeister das auch gar nicht mehr so schlimm gefunden, zumal ich ja eh langsam und mit Licht gefahren war. Ab zum Lift, runter und raus.
Fürs lange Trikot fast zu warm.
Tele-Blick auf den Fährhafen
Blick auf den Fährhafen.
Stockholm Centralstasjon
Zum Glück ist mir wieder eingefallen, dass ich ja mit dem 1.Klasse-Interrailpass in die SJ-Lounge am Bahnhof kann, also bin ich diesmal sogar mit dem Lift direkt bis raufgefahren, anstatt alles die Treppe hochzuschleppen wie beim letzten Mal. Verpflegung nicht ganz wie beim Meeting, aber auch in guten Mengen. Abfahrt war auf Gleis 12, kurz vorher fuhr der Nachtzug nach Berlin ab, das wäre die falsche Richtung gewesen. Natürlich stand ich mit der gefalteten Fuhre am falschen Ende des Perrons, also durfte ich acht Wagen in die andere Richtung laufen. Die Wagenreihenfolge stand zwar dran, aber nur relativ zur Fahrtrichtung, und die war mir vorher nicht bewusst.
Viel interessanter war aber, dass ich beim Verpacken fette Ölspuren am Reifen gesehen habe, dann auch total verölte Speichen dazu — linke Seite der Rohloff, der Seitendeckel hinter der Bremsscheibe war total verölt. “Na gut, dann ist sie doch nicht die dichteste Rohloff, die ich bisher hatte”, war mein Gedanke. Hab also folgendes Gedenkfoto gemacht und das gedanklich schon abgehakt.
Zwei Minuten später fiel meinem Unterbewusstsein aber auf, dass da was anderes komisch aussieht *hüstel*. Die acht Schrauben, die den Seitendeckel festhalten, waren alle locker und hatten sich teilweise schon zwei Umdrehungen rausgedreht. TX20 (oder 25?) hab ich natürlich dabei und erstmal alles wieder festgeschraubt, das werde ich wohl vorerst regelmässig prüfen müssen. Eventuell muss auch Schraubensicherung drauf bzw. es müssen neue Schrauben her. Das hätte jedenfalls auch anders enden können. Ansonsten bin ich aber mit dem Norrfold sehr zufrieden, es ist im Vergleich zum normalen Reisevelo kein Kompromiss, sondern ein vollwertiger Ersatz mit Faltfunktion.
Ich bin dann also beruhigt in den Nachtzug eingestiegen und frage mich jetzt, ob es ein Nachtzug ist, wenn es ja gar nicht dunkel wird. 1500km in 18h bis nach Narvik sind eine ganz gute Durchschnittsgeschwindigkeit, ein echtes Bordrestaurant ist auch dabei, Wifi unlimitiert ebenfalls, wobei ich da schon weiss, dass es später auch mal schlechteren Durchsatz gibt. Morgen gibt’s bestimmt lange Hose, 3h zwischen Nachtzugankunft und Busabfahrt, Narvik ist aber nicht besonders gross. Das Velowetter lässt bisher jedenfalls nichts zu wünschen übrig.
In Hamburg hab ich nach der Ankunft noch eine Abendrunde gedreht, es war aber eh Hafenfest und da waren viel zu viele Leute unterwegs. Zurück über die Reeperbahn und wieder ins Hotel.
Elphi
Anderes Ende der Feiermeile am Hafenfest.
Das A&O Hamburg Hauptbahnhof war nicht so unbedingt ein Oberklassehotel, aber für meine Zwecke ausreichend, da ich das Norrfold auch mit aufs Zimmer bekommen hab, es gibt ja immer Hinterausgänge, die man auch mal andersherum benutzen kann. Gegen 08:20 war ich am Bahnhof, wo auch schon recht früh der IC nach Kopenhagen bereitgestellt wurde, wieder so eine Gumminase wie letztes Jahr schon. Ich hatte mit der Reservierung Glück, denn meine Wagennummer war vorhanden, da hatten andere Leute Probleme. Die Faltfuhre konnte ich im Mehrzweck-Velobereich unterbringen und los ging wieder (wie letztes Jahr auch) die spannende Fahrt, bei der wir zwischenzeitlich +15min hatten und dann am Ende doch pünktlich in Kopenhagen waren.
Platz war gut.
Jaja, ist Gepäck.
Diesel-IC nach Kopenhagen
Geplant war über eine Stunde Aufenthalt und gleich Umstieg in den direkten Zug nach Stockholm. Der fiel aber aus, bzw. fuhr erst ab Malmö, so dass alle noch mit dem Öresundzug übers/unters Wasser mussten und ab Malmö in den IC544 nach Stockholm. Hat aber alles gepasst, zwischen den Sitzen gab’s den perfekten Platz. Trotzdem ist das nervig, mit 30kg Gepäck herumzulaufen 🙂
Leerer Öresundzug.
Sitzlehnenstellplatz perfekt.
In Stockholm bin ich erst ins Hotel (das hat ein paar Sterne mehr) und hab gefragt, ob ich das Rad irgendwo reinstellen kann. Die Mitarbeiterin ist dann mit mir in den Keller gefahren und meinte, ich könne es einfach da abstellen. Als sie wieder weg war, dachte ich mir dann aber “wieso hier unten? Ich bin doch eh grad mit dem Lift gefahren? Da kann ich doch auch rauf?”. Ein paar Arbeitskollegen hab ich auch noch an der Bar getroffen, aber hatte noch etwas Bewegungsdrang und bin 20km bei recht kühlen Temperaturen und leeren Strassen herumgefahren.
Nachtimpressionen Stockholm
Morgen geht’s dann früh los mit Essen, dann Velorunde, dann Geschäftsprogramm bis Mittwoch.
Interrail geht wieder los und bis am Montag werde ich wohl das Infrastrukturmangelgebiet verlassen haben, so dass mich die möglichen Streiks danach erst bei der Rückreise wieder treffen. Diesmal ist das Faltrad grösser, aber durch grössere Taschen landet auch deutlich weniger Gepäck auf meinem Rücken. Zuletzt hatte ich ja am Alpenfalter kleine Sportroller am vorderen Gepäckträger und dafür den riesigen und mit schwerer Technik vollen Messengerbag auf dem Rücken, was nach jeweils 50km Stadtrunde in Malmö, Stockholm oder Oslo doch nervig wurde. Vielleicht bleibt’s bei den Herzroute-Ortliebtaschen, vielleicht nehm ich doch noch die Plus-Backroller in TG-Tarnfarben. Wenn ich dann am Ziel doch Wandern mit Velofahren kombinieren will, bietet sich der rote Ortlieb Vario PS an, an den ich mich schon sehr gut gewöhnt habe. Zweimal 6kg brutto hinten, 5kg auf dem Rücken, das ist okay an Gepäck, diesmal sind auch Veloschuhe dabei. Die Vorderradbremse erinnert sich vermutlich dann an eine Tour von vor zehn Jahren.
Erste Strecke Wil-Zürich-Basel-Hamburg. Überall Platz fürs Gepäck (es sind doch die weiss-roten Taschen geworden). Das Zusammenfalten mit Verpackung geht ganz bequem in sechs Minuten, das reine Falten geht sicher in unter zwei Minuten. Ein Pedal nehme ich ab, das andere wird nach innen umgeschraubt, funktioniert alles mit Innensechskant und gut gefetteten Gewinden. Insgesamt trag ich dann etwa 35kg beim Umsteigen mit mir herum, recht ausgewogen verteilt. Ja, und dann kann man auf der Rolltreppe im HB gopfertaminomol NICHT an mir vorbei! An einem Sonntagmorgen, ey!
Wil SG, ungefaltet.
Wil SG, gefaltet, nicht mein Zug, aber hätte gereicht.
Die 600g schwere Powerbank hab ich doch wieder ausgepackt, ich hab ja zwei Laptops dabei. Der ICE370 nach Hamburg (bzw. Kiel) ist ausreserviert, aber nicht die ganze Strecke über. Mal schauen, ob ich heut noch eine Runde in Hamburg drehe. Weiter geht’s morgen früh um 08:56 nach Kopenhagen, dort Umstieg nach Stockholm.
Dahon Cadenza im FV-Dosto der SBB in der Raumdiagonale.
Die letzte Business-Konferenz ausserhalb der Schweiz, auf der ich war, war Insurance Innovators Counter Fraud im März 2019. Mittwoch/Donnerstag war ich mal wieder in London auf einer Veranstaltung desselben Veranstalters, aber ohne Spezialthema Betrugsbekämpfung, sondern allgemein ein “Insurance Innovators Summit”. Laut Werbung waren 75% der Teilnehmer C-Level oder höher (also Management), dementsprechend gab’s wenig Inhaltstiefe für Leute wie mich. Vermutlich wäre ich da sonst auch nicht hingefahren, aber sie hatten mich für eine Paneldiskussion eingeladen, die wiederum vom Thema Betrugsbekämpfung handelte. Das war ganz witzig, bisschen mit Mikrofon rumzulaufen und praktischerweise das Konzerthemd vom Sonntag gleich nochmal anziehen zu können. An die Diskussion anschliessend gab es auch ein paar nette Kontakte, aber nichts Weltbewegendes. Ansonsten gab’s halt wieder den üblichen kapitalistischen Blödsinn zu hören, und insbesondere bei der Autoversicherung jede Menge davon. Auch ganz sustainable ist natürlich, dass man inzwischen Holzbesteck nutzt und wegwirft und aus ökologisch produzierten Pappbehältern isst, die man hinterher wegwirft; anstatt dass sie im Catering in einem extrem grossen Konferenzzentrum mal vernünftiges waschbares Geschirr und Besteck nutzen würden.
Besser war eigentlich das Drumherum: beim letzten Mal hatte ich (bzw. der Arbeitgeber) für eine Nacht im Hotel 480 Fr. gezahlt. Dieses Mal hatte ich lieber ein airbnb gemietet für 650 Fr. für drei Nächte, und auch noch für drei Personen, weil ich aufgrund meiner Speaker-Tätigkeit gratis noch Arbeitskollegen mitnehmen konnte. Bei Konferenzgebühren >1200 EUR pro Person macht das schon was aus. London scheint leiser geworden zu sein, und die Luft scheint auch besser zu sein, seit sie viele Strassen durch Velorouten ersetzt haben. Ist immer noch nicht so, dass ich da aus freien Stücken hinfahren würde, aber es ist erträglich — und es sind extrem viele Bromptons unterwegs. Vielleicht ist mir das ohne eigenes Faltvelo vorher aber nur nicht aufgefallen.
Was richtig gut ist: bei der Tube und allem, was von Transport for London kommt, kann man sich das Kaufen von Tickets jetzt komplett sparen. Man kann an den Ein- und Ausgangsschranken, wo man eine Oyster-Card oder seine Fahrkarte einlesen muss, jetzt einfach mit irgendeinem seiner kontaktlosen Bezahl-Geräte durch. Also z.B. Kreditkarte auflegen und beim Rausgehen wieder auschecken, fertig. Keine Regstrierung notwendig, kein Tarifwirrwarr: man bekommt am Ende einfach den günstigsten Tarif berechnet. Wenn man mehrmals am Tag fährt, ist der Preis halt bei der Tageskarte gedeckelt, je nach Zonen etc.
Wenn man schon mal unterwegs ist, kann man ja auch ins Theater gehen. Ich hatte noch drei Plätze für “Phantom of the Opera” gekriegt, Balkon erste Reihe, perfekte Sicht auf die Bühne und in den Orchestergraben, in dem höchstens 20 Leute waren, jedes Instrument vermutlich nur einmal besetzt und verstärkt. Ich hatte das noch nie live gesehen und es lohnt sich. Viele schöne Effekte, durchdachtes Bühnenbild, bunte und düstere Szenerie, dafür sind 140 CHF nicht zuviel, zumal das damals in Milano im Teatro alla Scala ähnlich teuer war.
Her Majesty’s Theatre, Phantom of the Opera, 2022-11-17
An- und Abreise finden unter Ausnutzung des noch gültigen Interrailpasses statt. Etwa 10h und 1250km Tür-zu-Tür, mit dem extrem nervigen Eurostar dazwischen. Die Planung für das ganze System müssen sie irgendeinem Flugzeugdeppen gegeben haben, weil das genau die negative Benutzererfahrung widerspiegelt, die man beim Fliegen auch hat, nur langsamer. Gepäckscan, Menschenscan, ewig eher vor Ort sein, lange im Terminal rumsitzen, zweimal Passkontrolle (okay, dafür kann nur UK was) und dann zahlt man ja auch noch massiv mehr als für den Flug, und zwar allein für die Reservationen. Ein Flug Zürich-LondonCity hätte etwa 120 EUR gekostet, allein mit den Zwangsreservierungen für Basel-Paris und Paris-London und retour bin ich schon bei 120 EUR. Ohne den Interrailpass hätte dieselbe Fahrt etwa 800 EUR gekostet. Mehrmals umsteigen, jedesmal potentiell Anschlussbruch, Wanderung oder anderer Transfer in Paris (Gare de Lyon -> Gare du Nord oder Est->Nord), da muss man echt gern Zug fahren, um da nicht den Flieger zu nehmen. Reservationspflichten im Zugverkehr sind sowieso das Dümmste, was es gibt, das macht das komplette offene System kaputt. Die Möglichkeit einer Reservation ist hingegen praktisch, dann kann man ohne Stress einsteigen. Und trotzdem stehen die Leute ab 10 Minuten vor Ankunft fast alle im Gang, das ist eine spannende Sozialstudie. Die Internetgeschwindigkeit ist umgekehrt proportional zum Fahrtempo, hab ich so den Eindruck.
Der Interrailpass ist zwar nett, aber meist braucht man ja noch eine Reservation, und die geht wiederum nicht immer online und schon gar nicht via Interrail. Da ich in einer Woche wieder zurückfahre nach Süden und bisher nur eine 2.Klasse-Reservierung von Bodø nach Trondheim hatte, hab ich erstmal im Vy-Chat gefragt, ob die mir eine Reservation buchen können. Nö, aber sie haben mir schnell die Telefonnummer gegeben. Da hing ich dann etwa 20 Minuten in der Warteschlange, bevor es wider Erwarten sehr schnell ging. Hab gesagt, dass ich den Interrailpass habe und gern eine Reservation hätte, dann die Fahrzeit/Züge durchgegeben. Dann wollte sie irgendeinen Identifier von mir und ich hatte in der App grad meine Vy-Kundennummer parat, worüber sie sehr erfreut war. Es waren ein paar Sekunden Stille am Telefon, dann hab ich mal nachgefragt, wie ich das Ticket jetzt kriege oder wo ich das hole und bezahle. Sie meinte, dass es schon per email unterwegs sei — zwei Sekunden später machte es ping und ich hatte meinen Premium-Sitzplatz. Gratis. Für zehn Stunden Fahrzeit lohnt sich das schon.
Nach dem Frühstück im Hotel gab’s eine ausgiebige Stadtrundfahrt in Stockholm, an deren Ende ich ziemlich nass wurde. Die Velorouten sind ganz nett gemacht, aber häufig sind es eben doch noch Fallen, die im Nichts enden, während nebenan 2+ Autospuren verlaufen. Immerhin keine aggressiven Autofahrer, sondern die scheinen alle gewohnt zu sein, dass von überall her Zweiräder auftauchen können. Den Regen hab ich in einem Café bei einer heissen Schoggi abgewartet. Überall hingen noch Wahlplakate herum, das endgültige Ergebnis dürfte morgen 15.09. feststehen.
Genau, mal aufräumen in Schweden.
Wo man halt so herumfährt. Ein See in einem Vorort von Stockholm.
Achtung, Hör- und Sehbehinderte (kein Witz).
Ziemlich verregnet und super windig am Vormittag.
Von 13-17 Uhr war ich bei einem Eurapco-Kollegen von der LF und wir haben uns ausgiebig über spezielle Versicherungsthemen unterhalten — man kriegt immer wieder gute Ideen. Auch dort hab ich wieder eine längere Regenphase überstanden und bin dann im Trockenen wieder Richtung Bahnhof gefahren. Die letzte halbe Stunde der SJ-Lounge-Öffnung (1.Klasse-Interrailpass) konnte ich auch noch mitnehmen, dort gab’s ganz gutes Essen, aber 18:30 Uhr war Schliesszeit. Generell scheinen die Bahnhöfe hier im Norden (Kopenhagen, Malmö, Stockholm) aber mehr angenehme Sitzplätze und Sauberkeit im Sinne eines Aufenthaltsorts zu haben als in Deutschland, wo Bahnhöfe schon fast zu Unorten geworden sind. 20:14 war Abfahrt meines Nachtzugs.
Nachmittagsrunde Alvik.
Stockholm Zentrum.
Zurück am Bahnhof.
Diesmal hatte ich morgens noch länger Aussicht aus dem Fenster vor dem Ausstieg, aber es war recht langweilig. Herbstwald in alle Richtungen, dann mal ein See, ein paar Wege, ein paar Häuser, dann wieder Wald und ein paar Hügel. Der Nachtzug hatte aber einen Restaurantwagen, so wie sich das gehört, sehr angenehm zum Frühstücken. Verspätung gab’s auch, sogar +45 in Boden C, aber der Anschlusszug nach Narvik hat das natürlich abgewartet, es fährt ja sonst nichts weiter so weit im Norden. Bisschen wie RhB-Anschlüsse 🙂
Frühstück und Lektüre im Restaurantwagen von Nachtzug 92.
Umstieg in Boden C.
Im Zug 96 nach Narvik gab’s nicht mal eine erste Klasse, drum konnte ich die auch gar nicht buchen. Es war aber eh genug Platz und die 2.Klasse-Sitze waren durchaus bequemer als die 1.Klasse-Sitze im ICE, für gut 7.5h ganz angenehm. 4G war auch da (der Nachtzug hatte eh WiFi) und die Landschaft war wieder genauso bis zur Riksgränsen (Reichsgrenze), mit Ausnahme von der Gegend um Kiruna mit dem Bergbau.
Kurzer Stop und Richtungswechsel in Kiruna. Laaaaange Güterzüge mit 70+ Wagen.
Schwedenherbst mit See.
Kurz hinter Abisko.
Nordschwedenherbst.
Als ob jemand einen ElchSchalter umgelegt hätte, wurde es nach dem Überqueren der Grenze nach Norwegen steinig, schroff, es gab Steilwände, Täler und bald auch den Ofotfjord, nach dem die Ofotbanen (Bahnlinie) benannt ist. Landschafts- und Szenenwechsel wie auf der Berninabahn oder wenn man aus dem Lötschberg im Wallis rauskommt. Während ich in Schweden noch dachte “ah, na hier ist ja ne Bahnlinie einfach hingeklotzt”, war’s dann in Norwegen eher “oha, ist ja wie daheim, der Bau hat sicher etwas länger gedauert”. Bis nach Narvik ging’s noch etwa 400 Höhenmeter runter und wir waren pünktlich da, alles elektrisch ausserdem.
Handykamera und Zugfenster, naja… die Landschaft ändert sich.
Schon in Norwegen.
Und das Ende des Ofotfjords.
Ich war immer noch in kurzer Hose unterwegs, bei inzwischen deutlich unter 10°C beim Ausstieg in Narvik. Das Budget-Hotel gehört zum Thon-Hotel und ich bekam ein Upgrade. Preisunterschied zum Scandic Hotel etwa 20 Fr. (80 statt 100 Fr.) und Höhenunterschied etwa 100m — macht 10 Rp. Ersparnis pro Höhenmeter (bin die Höhe zweimal raufgefahren) und nein, das hätte nicht weiter skaliert, weil weiter oben keine Hotels mehr sind. Aber egal, der wesentliche Unterschied zu den letzten zwei Nächten war ja, dass das Bett nicht schaukeln würde. Nach einer 11km langen Stadtrundfahrt mit vielen Höhenmetern weiss ich jetzt auch, wo morgen früh der Bus auf die Lofoten abfährt und hab Verpflegung in einem der zwei in 150m Entfernung befindlichen Supermärkte geholt.
Abfahrt 08:18 Uhr in Leipzig, Richtung Hamburg. Die Hoffnung war, dass anderthalb Stunden Umsteigezeit reichen würden. Es ist einfach nervig, wenn man nicht in Ruhe fahren kann, auch hier wurde die Verspätung immer grösser, aber es hat gereicht. Während der Fahrt fiel mir auf, dass ich etwa 60h lang kein festes Bett unter mir haben würde.
D oder DK
Hamburg
Auf Gleis 11 der Diesel-IC von/nach Kopenhagen.
12:53 ging es weiter mit dem direkten IC394 Hamburg-Kopenhagen, betrieben von den DSB, und mit Diesel. Die deutsche Zugbegleiterin war recht penibel und genervt. Ich hatte online nur eine Reservierung für die 2. Klasse bekommen. Ich hab sie gefragt, ob ich für die 1. Klasse eine brauche, und sie meinte, dass das weder bei den dänischen Kollegen noch bei ihnen klar sei, ob man denn nun reservieren müsse oder nicht. Aber auf alle Fälle wären in der 1. Klasse noch Plätze frei, also bin ich dann dort rüber. Ab der Grenze wurde das Fahrerlebnis ein ganz anderes, was nicht nur an der zelebrierten Maskenfreiheit lag. Der Service mit Heissgetränken in der 1. Klasse begann, der Zugbegleiter hatte gute Laune (auf Dänisch, Englisch und Deutsch), der Zugführer gab von vorn auch sehr detailliert durch, was auf der Strecke passierte und die Landschaft zog flach und teilweise hügelig vorbei. Die Grenzkontrolle war bewaffnet und wollte von jedem einen Ausweis sehen. Hier passiert dasselbe, was auch auf der Strecke München-Zürich passiert: die Züge exportieren die Verspätung aus Deutschland und bringen den Fahrplan im Ausland durcheinander. Wir kamen wegen einer Signalstörung kurz vor der Grenze mit +15min nach Dänemark und trotz Reserven in Fahrplan und Streckenbelegung kamen uns andere Züge dazwischen, so dass wir nach zwischenzeitlich +5 doch mit +30 in Kopenhagen eintrafen. Durch die merklich erhöhte Fahrgeschwindigkeit (180km/h+) und die häufigen Ansagen aus dem Cockpit hatte das Rennatmosphäre 🙂
Kopenhagen
Öresundzug, direkt waagerecht parkiert, weil’s geht.
Ich hab meine dänischen Kronen von Konferenz/Aalborg: Tag 1 gegen Flapjacks getauscht und bin dann rasch weiter über die Öresundbrücke nach Malmö. Velotransport gratis, d.h. ich hab’s gar nicht gefaltet. Der Grenzübertritt war genau 18:47, da kam einerseits die farbige Markierung an der Brücke und auch die Roaming-Info fürs nächste Land. Also 3.5h in Dänemark eingebucht gewesen.
Jedenfalls war ich immer noch gute 3h vor Zugsabfahrt in Malmö, hab mir den Bahnhof angeschaut und eine acht-tilige Stadtrundfahrt über 15km eingelegt. Ich war da schon mal, fiel mir auf, das muss 2007 oder 2008 gewesen sein. Veloinfrastruktur ganz brauchbar, aber es schien sich eh niemand an Regeln zu halten, grad was Beleuchtung und Fahrtrichtung angeht. Den Nachtzug hatte ich schon zufällig beim Rundgang auf der Anzeige entdeckt und er wurde 21:55 Uhr bereitgestellt. Pünktlich 22:35 Uhr rollte er ab.
Ich wollte eigentlich nur aufs WC.
Hafen-Stadt-Rundfahrt.
Wieder im Zentrum.
Warten auf Nachtzug 2.
Ah. Wagen 14 ist da und ich stand sogar ohne Wagenstandanzeiger auf 5m richtig.
Kurz danach Fahrkartenkontrolle. Es klopft. Tür auf. Zugbegleiter: “Ihr Vorname?” Ich: “Georg”. Er: “okay.” Tür zu. Minimale Information reicht ja auch zur Authentifizierung 😀
Erste Klasse Schlafwagen (ca. 70 EUR Aufpreis zum Interrail) bedeutet: mit Dusche und WC im Abteil. Witzig gemacht, in dem kombinierten Dusch-WC kann man einen Vorhang fast komplett rumziehen und dann duschen. Ja, die Kabine hat nur etwa “Armlänge x Armlänge” als Grundfläche, aber es geht. Der Zug kam 05:45 in Stockholm an, aber netterweise hat sich da jemand (kein BWLer) Gedanken gemacht und man wirft die Leute nicht an der Endstation einfach raus. Um 06:30 Uhr kommt der Weckruf, erst um 07 Uhr muss man aussteigen. Das kenne ich bisher nur von der Fähre nach Harwich, die auch schon super früh ankam, aber dann halt vor Ort im Hafen lag. Fast hätte ich das Beste verpasst: Frühstück gibt’s im Zug nicht, aber sie schicken alle 1.Klasse-Gäste direkt ins Scandic Continental gegenüber vom Bahnhof. Da konnte ich den Alpenfalter direkt zwischen den Leihrädern in der Lobby unauffällig parkieren und essen, hab einfach die Fahrkarte vorgezeigt.
Jetzt hab ich (entgegen dem Plan) doch bis abends Zeit in Stockholm. Mein Nachtzug direkt nach Narvik wurde mir letzte Woche storniert und ich wurde auf eine andere Verbindung umgebucht. Also fahre ich erst nach Boden, bin dort etwa 10 Uhr morgen früh und dann sind’s nochmal 8h bis nach Narvik — damit verpasse ich den Busanschluss auf die Lofoten und hab mir in Narvik noch ein Hotelzimmer für eine Nacht genommen. Erstmal aber Stockholm-Stadtrundfahrt und einen Arbeitskollegen von der Länsforsäkringär besuchen. Hab zwar Ferien, aber die Übergänge sind fliessend.
Man muss echt leicht masochistisch veranlagt sein, um sich einen Interrail-Globalpass zu kaufen und damit ein Routing bis nach Narvik zu fahren. Auf Brouter-Rail sieht das so aus: CH-DE-DK-SE-NO, einfache 3843km (und dann noch 5.5h mit dem Bus von Narvik bis nach Leknes). Der wichtigste Zug ist der Langläufer-Nachtzug von Stockholm nach Narvik, etwa 1500km. Üblicherweise fährt der abends los und ist am nächsten Mittag in Narvik. Wegen Bauarbeiten fährt der aber schon 14:38 Uhr in Stockholm ab, so dass ich entsprechend eher in Stockholm sein muss.
Randbedingung: Abfahrt 12.09. früh in Leipzig, Buchung Unterkunft auf den Lofoten ab 14.09., d.h. Reisezeit etwa 60h.
12.09. 22:35 Malmö-Stockholm im Nachtzug, Ankunft 05:46, Ausstieg bis 07:00 (sehr freundlich gemacht, 69 Fr. fürs Abteil)
13.09. 14:38 Stockholm-Narvik im Nachtzug, 100 CHF fürs Abteil
Eigentlich wollte ich tagsüber von Leipzig bis nach Stockholm fahren, aber auch mit nur 3h der DB im Vorlauf ist mir das zu heikel.
Einige Reservationen habe ich getätigt oder tätigen müssen: die Nachtzüge sowieso, im ICE nur aus Bequemlichkeit, weil ich da eigentlich mit dem 1.Klasse-Pass keine Platzprobleme erwarte. Die Reservationen sollten via Interrail machbar sein, aber die nehmen einen ziemlichen Aufpreis. Den Zug am 12.09. von Hamburg nach Kopenhagen konnte ich weder bei der DB (App, Webseite) noch bei Interrail buchen. Da bin ich dann drauf gekommen, mal bei der Dänischen Staatsbahn zu schauen. Und tatsächlich, noch während ich in der Telefonwarteschleife der DB (!) hing, habe ich es geschafft, mir bei der DSB zumindest eine 2.Klasse-Reservierung für den IC394 zu buchen. Mit 3.97 Fr. war die sogar nur halb so teuer wie via Interrail (8 EUR) oder DB (5.90 EUR).
Inzwischen habe ich Accounts bei der DB, DSB, der SJ und VY (NSB fand ich schöner), letztere betreibt als norwegische Staatsbahn den Nachtzug, der zu >95% auf schwedischem Gebiet rollt. Dafür betreibt die schwedische Staatsbahn SJ den Nachtzug auf exklusiv norwegischer Strecke.
Bei der Rückfahrt wird es nur ganz am Anfang etwas stressig. Der Nachtzug Narvik-Stockholm fällt wegen Bauarbeiten ganz aus. Also Alternativstrecke via Norwegen: ich nehme den frühen Bus um 05:30 ab Leknes bis zur Fähre in Moskenes, fahre mit der 07-Uhr-Fähre nach Bodø. Von da in zwei Zügen, Fähre und mit Unterbrechung heim:
Es scheint unglaublich kompliziert, aber ich find’s eigentlich spannend, weil ich auch viele andere Verbindungen mit Fähren und Zügen und Faltvelostrecken im möglichen Plan mit drin hatte (z.B. auch die Hurtigruten ab Stamsund, 20km ab Unterkunft). Bisher sind es vier bequeme Übernachtungen, auf denen ich mich fortbewege 🙂
Colorline hat eine nette Preispolitik: die einzelne Überfahrt Oslo-Kiel kostet auf externer Webseite (directferries oder so) 350 EUR. Direkt bei ihnen kostet sie 250 EUR. Wenn ich hingegen eine Cruise buche, also Oslo-Kiel-Oslo, zahle ich nur 130 EUR (und gehe davon aus, dass sie mir wegen No-Show Kiel-Oslo nicht irgendwas nachberechnen). Ist noch die Frage, ob ich ausgefaltet unten reinfahre oder zusammengefaltet als Fusspassagier.
Geplanter Reisepreis bisher etwa 400 EUR, plus Interrail-Pass 601 EUR (der aber noch bis Anfang Dezember ununterbrochen gültig ist). Die Alternative: Flug mit jeweils 2x Umsteigen (12-18h Bruttozeit und Nacht-Layover) und etwa 600 EUR Reisepreis. Vorteil: sehr einfach buchbar.