Emmentaler Bahnhöfe

Gestern abend fiel die Entscheidung, heute freizunehmen und irgendwo mit dem Velo herumzuliegen. Auf lange Anfahrt hatte ich keine Lust, also fiel Poschiavo aus und auch in den Jura geht’s echt lang. Solothurn oder Olten sind noch fix erreichbar, also hatte ich von Rothrist bis Wasen im Emmental eine Route zurechtgelegt. Dabei konnte ich gleich noch westlich von Solothurn die in Erwägung gezogene Routenverlängerung streichen, weil die drei Bahnhöfe dort an einer bereits 1998 stillgelegten Strecke liegen. Wieder was gelernt.

Statt 09:34 ging es schon 08:34 ab Wil los, dementsprechend war ich um 10 Uhr morgens im noch kühlen Olten. Im Zug hatte ich gleich mal noch den Kondukteur gefragt, wie lang mein Velopass noch gültig sei, der sieht das ja eh. Hatte halt auf Französisch gefragt, so dass ich die Zahlen im Antwortdatum erst noch dechiffrieren musste. Aber er war schuld, er hat ja schon vor dem Überfahren des Röstigrabens seine Sprache gewechselt 🙂

Olten um 10 Uhr morgens, nachdem das GPS auch endlich Empfang hatte.

Nach der ersten Dosis Passivkiffen und einer kleinen Stadtrundfahrt ging es auf den Aare-Uferweg zum Ziel Rothrist:

Lustigerweise macht mich das Projekt mit den Bahnhofsfotos scheinbar bekannt, gibt immer witzige Einträge auf Twitter. Dementsprechend wurde ich von @rastrau auf dem vorgestrigen https://opendatabeer.ch in Rapperswil gleich noch zu dem Projekt angesprochen. Eventuell werd ich auch mal auf einem ähnlichen Meetup, dem http://geobeer.ch was erzählen. Eventuell zu unseren Mobiliar-Telematikdaten, die ich grad in der Analyse habe und lustige Karten dazu baue mit leaflet und R plus ein bisschen Hektarrasteraggregation. Ist doch immer schön, wenn man die eigenen Skripte wiederverwenden kann 😀

Beim Open Data Beer geht’s um Open Data, wie ja der Name schon sagt. Zuletzt war ich da im August 2018 in Wankdorf bei den SBB (und hab das auch in den Bericht einer Liegevelotour eingeflochten). In Rapperswil haben sie jedenfalls “smarte Abfallkübel”, d.h. Mülleimer mit Sensoren zum Füllstand, in der Stadt verteilt. Sie wissen jetzt (je nach Datenqualität), wie voll die sind und können ihre Touren besser planen. Und, ganz wichtig: einfach machen, nicht ewig planen und nachdenken. Die nächste Opendata-Konferenz ist am 04.07. in Bern,  meine letzte war 2016 in Lausanne(mit sehr lustigen WiFi-Namen, siehe Link am Ende des damaligen Posts).

Die schwarzen Leggings aus dem Laufbedarf ohne Popopolster haben sich bei diesem Wetter schon sehr bewährt, die wärmen sehr gut in der Sonne. In Murgenthal lag ein Coop am Wegesrand, da gab’s dann ein verfrühtes Zmittag. Zwischen Murgenthal und Lotzwil dürfte ich einige Krümel von Tessinerbrot und Bündnerfleisch hinterlassen haben.

Irgendwo hatte ich schon die Grüezi/Grüessech-Grenze überquert. Jemand müsste mal für solche Gebiete eine Karten-App bauen, die beim Kantonswechsel Bescheid sagt und bei der Sprachgrenze vielleicht auch. Eigentlich war ich ja nach SO (Olten) und AG (Rothrist) die ganze Zeit in BE unterwegs. Kaffeepause war beim Volg in Weier im Emmental. Sonst ist da nicht viel, ausser einer Bahnlinie der Emmentalbahn, die aber nicht so regelmässig bedient wird. Scheint eine Dampf-Touristenstrecke zu sein. In der Ferne wurden aber Berge sichtbar.

Bis Wasen musste ich noch hinauf, wobei der Bahnhof dort auch ziemlich aufgelassen und unbedient aussieht. Der Fahrdraht hört auch kurz vorher für ein Stück auf. In Wasen hatte ich die eingeplanten Bahnhöfe fertig und es ging an die Rückfahrt. Ich hätte irgendwo nach Sursee abbiegen können, aber die 20km bis nach Burgdorf und dort in den Zug waren die einfachere Lösung, um nicht allzu spät daheim zu sein.

Der Emme-Uferweg kurz vor Burgdorf. 3m nach diesem Foto lag ich dann auf dem Boden.

Nach dem anspruchsvoll zu fahrenden/rutschenden Emme-Uferweg (Teilstücke prinzipiell schon bekannt; dass die Liegevelöler aber auch immer ihren Standort verlegen müssen) brauchte ich ab Sichtweite der Burg kein Navi mehr, bin noch in Downtown Berthoud herumgelegen, damit ich nicht allzu früh am Bahnhof bin (im Zug umziehen/Kälte) und dann entsprechend via Olten zurück nach Hause.

Was viel Besseres kann man an so einem Tag eigentlich gar nicht machen. Allfällige Begleitung für so Touren hätte ich im Prinzip auch, aber kann ja nicht jeder mal so eben frei machen 🙂 80 bequeme und gemütliche Kilometer, 10-16 Uhr, viel Sonne.

Jurabahnhöfe, es gibt noch welche

Heute war mal wieder liegevelogeeignetes Wetter und Bahnhöfe sind immer noch genügend da, die fotografiert werden sollten. Also hatte ich mir eine Tour im Jura zurechtgelegt, Boncourt bis Délémont und allenfalls noch bis Basel SBB.

Nanu, die BLS in Wil?

Kurz hinter Zürich wurde ich erstmalig kontrolliert, gleich noch mit Fahrgastbefragung (Datensammlung! YAY!) zu Start und Ziel meiner Reise. Die Zugbegleiterin hat erst etwas komisch geschaut bei Startpunkt “Wil SG”, ihr Gesicht hellte sich aber schlagartig auf, als ich “Boncourt” als Ziel angesagt habe. Also jetzt haben sie zumindest eine Strecke 1. Klasse mit Velo und Start Wil und Ziel Boncourt in der Datenbank. Ich erwarte da also demnächst umsteigefreie Direktverbindungen.

Also Autofahrer dürfen sich da auch hinsetzen?

Nach dem Umstieg in Biel Richtung Jura kam ein Tunnel vor Moutier, und als wir aus dem wieder herauskamen, war der Nebel weg und die Sonne da (die war aber daheim auch da). Meine Fahrt führte bis zum letzten Bahnhof vor der französisch-schweizerischen Grenze, von wo ich dann die Gegend um Porrentruy besichtigt habe. Mit den Höhenmetern hatte ich etwas verpeilt: die Allaine (Fluss) fliesst da schon Richtung Frankreich, also bin ich erstmal bergauf gefahren, aber trotzdem recht flach. Westlich in diesem Tal scheint es auch noch einen grösseren Militärstützpunkt zu geben, darauf wies mich der Bahnhofsname Bure-Casernes hin. Oben haben sich ein pfeifender Holzfäller und ein nicht pfeifender Liegevelofahrer mit einem freundlichen Bonjour gegrüsst. Da ging’s insgesamt ordentlich steil rauf, was ich aber erst bei der Abfahrt gemerkt habe, als ich am Ortsschild von Courtemaîche mit knapp 70km/h hereinkam und die nächste Kurve grad noch gut erbremsen konnte.

Weiter ging’s ins nächste Seitental, bis zum Ende in Bonfol. Dort hätte ich laut Fahrplan grad einen sprintmässig erreichbaren Anschluss ins Tal gehabt, aber als ich ankam, war es nur ein Bahnersatzbus (Baustelle auf der Strecke, also “nur” Zug-Stundentakt und halbstündlich versetzt der Bus). Also bin ich gemütlich wieder zurückgerollt.

Der dümmste Bahnhof auf der Strecke war St. Ursanne – von beiden Seiten nur über Bergrücken zu erreichen oder eben durch den Bahntunnel. Also bin ich in Courgenay in den Regio Richtung Biel/Bienne und für fünf Minuten mitgefahren. Drin waren wild herumknutschende Teenie-Mädels, die auch ordentlich am Saufen waren. Aber sie haben mich nett gefragt, ob ich mein Vélo dahin stellen möchte, wo sie grad sässen. Ich meinte nur “non, merci, c’est jusqu’a St. Ursanne”. Sie waren’s zufrieden und haben weiter an ihren Weissweinflaschen genuckelt. Sprachlich war das sehr interessant, die haben konsequent bilingue geredet, also mal Dialekt, mal Französisch, je nach Stimmung. Alle durcheinander 🙂

In St. Ursanne hatte ich fahrplanmässig also eine halbe Stunde Aufenthalt. Es war deutlich kälter als zuvor, unten im Tal lag Schnee, in der Sonne war es erträglich. Nach einer halben Stunde ging’s weiter, wieder fünf Minuten bis Glovelier, diesmal mit nicht saufenden, aber ähnlich vielen Teenie-Jungs, die sich gleich überall im Zug auf den Boden gesetzt hatten.

Ab Glovelier ging’s weiter bis Délémont, wo ich eigentlich hätte aufhören können und sollen, weil es langsam dunkel wurde. Nur das Höhenprofil der Reststrecke bis Basel meinte was von abwärts, also bin ich durch den Feierabendverkehr noch mitgerollt. Der rechts der La Birse geführte Radweg war ganz okay, aber teilweise noch schön zugeschneit und festgetreten. Hinzu kamen (wohl wegen der Kälte) ziemliche Wadenkrämpfe, so dass ich es sehr viel langsamer als gewohnt angehen lassen musste. In Liesberg wollte ich dann einsteigen (da war ein Bahnhofsfoto zu machen), aber es zeigte sich, dass da zwar ein Bahnhofsgebäude steht, aber der Bahnhof nicht mehr bedient wird (ausser in hoher Frequenz vom Postauto). Also hatte ich keine Wahl und musste mich bis Laufen durchkurbeln. Das ging aber gut. Die Verbindungen ab Basel waren dann toll, erst ein ICE, dann ein TGV, beide natürlich ohne Velomitnahme. Aber über Olten und dann dort in den ICN war kein Problem.

Nein, ich musste nicht laufen.

Fazit heute: 75km in 5.5h, schöne neue Gegend gesehen, wenig Schnee und ein paar weitere Bahnhofsfotos beigetragen. Macht sich sicher gut, falls ich mich mal bei der BLS, der SBB oder der RhB bewerben sollte 🙂