Carsharing auch nicht besser

Zu dem Blödsinn bei den autonomen Fahrzeugen hatte ich ja schon was geschrieben, heute kam dann passenderweise ein ähnlich gelagerter Artikel zum Carsharing bei heise: Mythos: Carsharing ist umweltfreundlich. Das ist genau das Gleiche wie das, was ich mit der Nutzungsquote und der daraus resultierenden Lebensdauer geschrieben hatte. Free-Floating-Carsharing macht dann sogar noch den ÖV kaputt. Das Einzige, was wirklich wirkt, ist den Zugang zu Autos zu erschweren und zu verteuern, und nicht, ihn immer weiter zu vereinfachen. Individueller motorisierter Verkehr mit einem vierrädrigen Fahrzeug bleibt einfach ein Ressourcenfresser und muss so überflüssig gemacht werden wie möglich.

Asterix und die zweite Röhre

Heute war mal wieder ein sehr schöner Leserbrief in der NZZ zur zweiten Strassenröhre am Gotthard. Wenn ich Ende Februar mitstimmen dürfte, wäre mein Nein sicher. Das Verlagerungsziel von der Strasse auf die Schiene ist noch lange nicht erreicht und da will der Bundesrat wirklich die Kapazität durch den Berg de facto verdoppeln und dann aber, um dem Formalismus “keine Kapazitätserhöhung” Genüge zu tun, beide Röhren nur einspurig betreiben? Wer soll denn den Quatsch glauben? Sobald ein Verkehrsweg baulich da ist, wird er auch für andere Zwecke genutzt als offiziell festgeschrieben. Schönes Beispiel: die Magdeburger Sternbrücke. Die ist zwar nur für ÖV, Fussgänger und Velos (und auch nur mit dieser Beschränkung waren die staatlichen Fördergelder freigegeben), aber kaum waren mal auf den anderen Elbquerungen längere Bauarbeiten und damit Staus für die FahrStehzeuge, wurde flugs die Brücke als offizielle Umleitung freigegeben. Wenn die Strassen im Stadtpark noch besser wären und auf der anderen Parkseite noch eine weitere grosse Brücke, dann wäre da längst eine Autobahn. Städte sind für Menschen und nicht für Autos, so langsam kapieren das einige Leute aber doch.

Leserbrief, NZZ Nr. 2/2016, Seite 9
Leserbrief, NZZ Nr. 2/2016, Seite 9

Sinnvolle Alternativen zur zweiten Röhre gibt’s genügend. Ich würd’s als Liberaler über den Preis regeln. Eine nachfrageabhängige Strassentunnelmaut und für die, die wirklich nur von Norden nach Süden durch die Schweiz wollen, gibt’s eine rollende Landstrasse (z.B. von Basel nach Chiasso), die nicht teurer sein darf als die Tunnelmaut plus noch ein paar eingesparte Selbstfahrkilometer. Natürlich dann bei allen Tunneln, sonst weichen die Leute nur aus. Macht es den Leuten bequem und sie nutzen es, ganz sicher. Ich frag mich sowieso, was am Selber-Autofahren so toll sein soll. Ist doch nur anstrengend. Ich lasse lieber fahren und hab mich drum auch schon für die Verlosung von Eröffnungsfahrt-Tickets für den Gotthard-Basistunnel registriert.

Personalisierte Preise im Supermarkt

Via digitale Coupons kommen so langsam die personalisierten Preise. Beim Coop hab ich das in der Supercard-App schon eine ganze Weile, die Migros hat seit kurzem auch digitale Bons. Ich kann also vor dem Einkauf bestimmte (auf mich zugeschnittene) Angebote aktivieren und der Rabatt oder die Aktion werden dann direkt an der Kasse eingelöst. Zum Beispiel ein 30%-Bon auf alle Kaltbach-Käseprodukte: im Regal oder in der Werbung stand davon nichts, aber ich hatte den in der App verfügbar. Also hab ich den Bon aktiviert und dann 2kg Raclettekäse 30% günstiger gekauft. Kunden vor und hinter mir an der Kasse zahlen dann also einen anderen Preis als ich, was ja schon fast ein personalisierter Preis ist — je nachdem, wie gross die Gruppe der Kunden ist, die den Bon bekommt und ob alle -30% bekommen oder manche -20% oder andere sogar +10%. Gut, bei letzterem müsste man dann den Bon wohl zwangsweise aktivieren.

Die logische Erweiterung sind dann vollständig personalisierte Preise, wie dieser Technology-Review-Artikel gut beschreibt. Es gibt Pilotprojekte, die Kunden sind zufrieden und der Supermarkt auch. Was also online schon lange funktioniert (z.B. die verschiedene Zahlungsbereitschaft je nach Betriebssystem oder Browser festzulegen), kommt dann auch irgendwann in den Einzelhandel.

Jobsharing und Teilzeit

In der heutigen Ausgabe der NZZ steht ein interessanter Artikel zum Thema Jobsharing. Das ist so ähnlich wie Teilzeit, nur dass dieselbe Stelle auf mehrere Personen aufgeteilt wird, also z.B. zwei Personen teilen sich eine Führungsposition mit 40%/60%.

Bereits 2004 hatte die NZZ einen ähnlichen Artikel zu solchen Jobmodellen online: Teamwork an der Spitze.

Im heutigen Artikel finde ich ja folgende Aussage zwar richtig, aber wohl nicht grundlegend für das stärker verbreitete Jobsharing auf höheren Hierarchieebenen:

Es fällt zudem auf, dass mit steigender Hierarchiestufe der Anteil der Jobsharing-Beschäftigten im Vergleich zu allen Teilzeitarbeitenden wächst. Dies lässt trotz geringen Fallzahlen vermuten, dass die Vorteile des Modells gerade auf den oberen Hierarchieebenen erkannt wurden. Etwa, dass die volle Ansprechbarkeit während der gesamten Arbeitszeit gewährleistet ist. Auch müssen Chefs mit einem Teilzeitpensum mit einem stockenderen Informationsfluss leben als solche in einem Jobsharing-Verhältnis.

Schon mal drüber nachgedacht, dass mit steigender Hierarchieebene meist auch das Einkommen steigt? Jemand, der mit seinem Job nur 70’000 Franken im Jahr verdient (und vielleicht noch Familie hat), kann sich schlecht seinen Job mit jemandem teilen und z.B. nur noch 40’000 Fr. im Jahr verdienen. Jemand, der dagegen auf eine Vollzeitstelle 140’000 Franken im Jahr verdient, kann viel leichter seine Arbeitszeit auf 57% reduzieren und dann immer noch 80’000 im Jahr verdienen. Auch wenn da steht: im Verhältnis zu allen Teilzeitarbeitenden [auf der Hierarchieebene], würde ich eher sagen, dass es am tendenziell höheren Einkommen liegt. Jobsharing mit 80/20% wird wohl eher weniger funktionieren als Jobsharing mit 50/50% oder 60/40% — und für letzteres dürften eben auf unteren Ebenen die Lohneinbussen einfach zu hoch sein. Jetzt müsste man mal Zahlen haben, um das zu verifizieren.

Teilzeit ist aber generell sehr zu empfehlen, tausche Arbeitszeit gegen Lebenszeit. Bin froh, dass das hier so einfach ist 🙂

Noch was zu Uhren

Das, was ich gestern geschrieben habe, hat die NZZ heute passend ergänzt: NZZ-Zwischenruf vom 21.01.2015 (Astronauten-Kost).

Fängt so an:

Zum Erstaunen seiner Freunde trug der Sammler vom einen Tag auf den anderen eine einfache Quarzuhr aus China am Handgelenk. Warum er plötzlich ein solches Unding anhabe, wollten sie wissen? Denn sie waren der festen Überzeugung, dass wertvolle und komplizierte mechanische Uhren das einzig Wahre seien, um die kostbare Zeit adäquat anzuzeigen. Dies, obwohl auch sie zugeben mussten, dass moderne Anzeigen bisweilen verlässlicher waren als die seit dem 18. Jahrhundert etablierte Messtechnik aus Zahnrädern und Spiralfedern. Was er da aber an batteriebetriebenem Plastic an seinen Rist gebunden habe, sei weit entfernt von einer echten Uhr und vermittle höchstens Kulturbanausen einen entfernten Anschein einer solchen, kritisierten sie seine neue Wahl scharf. […]

Kausalität/Korrelation: keine Kartenzahlung

Nach dem gestrigen totalen Netzwerkausfall beim MGB (bei uns), der mir mangels Arbeitsmöglichkeit einen sonnigen Nachmittag in der heimischen Hängematte bescherte, steht für zukünftige Analysen des Mondeinflusses auf die Migros-Verkäufe glasklar fest, dass die Leute vermehrt mit Bargeld zahlen, wenn die Vollmondphase (wie gestern) herrscht. Natürlich erst dann, wenn man in drei Jahren diese Analyse macht und dann vergessen haben wird, dass am 05.01.2015 einen halben Verkaufstag lang keine Kartenzahlungen möglich waren. Immerhin war’s so ziemlich der generell verkaufsschwächste Wochentag.

Bisher ist noch nicht mal eine Klarstellung erfolgt, woran es denn lag. Mit Geheimhaltung kommt man aber in dem Fall nicht weiter, auch wenn es für die Verantwortlichen peinlich sein mag. Fehler machen, Fehler zugeben, Fehler beheben. Ersteres nach Möglichkeit nur einmal, letzteres beides immer. Korrektur (im Intranet): es waren zentrale, redundant ausgelegte Netzwerkkomponenten, die sich gegenseitig behindert und damit das Netzwerk lahmgelegt haben. Fragt sich nur noch, warum das so plötzlich ausgelöst wurde. Dass da Netzwerkkomponenten ausgefallen waren, hatte ich mir vorher auch schon anhand der Symptome zusammengereimt. Immerhin wird der richtige Schluss gezogen: man kann sowas nie vollständig vermeiden, also sollte man einfach die Folgen eines solchen Ausfalls minimieren. Resilienz eben.

Hintergrundbeleuchtete Bücher

Das, was jetzt in einer Studie herausgefunden wurde, wusste ich auch vorher schon: eBook-Reader mit Beleuchtung beeinträchtigen die biologische Uhr mit messbaren Folgen. Der eigentliche Titel des Telepolis-Artikels leitet in die Irre (Rötzer-reisserisch-typisch), denn es sind nicht die eBooks, es sind die beleuchteten Lesegeräte. Dass ich schlechter einschlafe und am nächsten Morgen unausgeschlafener bin, wenn ich am Abend noch vorm Schlafengehen auf dem Tablet herumspiele (z.B. mit Duolingo-Sprachkurs), weiss ich schon lange. Beim eBook-Reader ist es genau das Gleiche, wenn er hintergrundbeleuchtet ist. Wenn ich allerdings die Hintergrundbeleuchtung abstelle und stattdessen mit normalem Umgebungslicht lese, hat der Reader für mich keinen Unterschied zu einem Papier-Buch. Eben deswegen ist ja für mich auch das NZZ-EPaper auf dem Tablet keine Lesealternative, denn ich sitze sowieso schon den ganzen Tag vorm Monitor. Drum auch das calibre-Recipe für die NZZ, was seit dem ersten Ausprobieren zuverlässig funktioniert und mir die aktuelle NZZ-Ausgabe in die Dropbox stellt. Ausserdem kann man ein EPaper beim Umzug nicht zum Einwickeln von Glas, Tellern und sonstigen Dingen verwenden oder als Notizpapier für Geocache-Details, wenn man grad sonst nichts zum Schreiben dabei hat.

Andreas Thiel bei Giacobbo/Müller

Die Giacobbo/Müller-Sendung vom 30.11., also am mit einem dreifachen Nein beendeten Abstimmungssonntag, war die beste seit langem, und zwar vor allem wegen des unangekündigten Gasts Andreas Thiel, den ich im April im Theater vor Ort gesehen hatte. In der Weltwoche hatte er vor kurzem einen längeren Artikel über den Koran publiziert und hat sich in der Sendung gestern mutmasslich dafür entschuldigt, aber eigentlich alles noch weiter übertrieben. Aber eigentlich kein Grund, sich drüber aufzuregen, sondern eher ein Grund, über Religion, auch und gerade wenn’s die eigene ist, zu lachen oder Atheist zu werden.

Bei den drei bundesweiten Abstimmungsergebnissen hätte ich genau mit der Mehrheit gestimmt. In Wil wurde dazu noch der Aufbau eines lokalen Glasfasernetzes (bis ins Gebäude, aber nicht ins Wohnzimmer) von der Bevölkerung genehmigt (bzw. der Kredit dazu). Ausserdem habe ich es jetzt endlich geschafft, mehr Geocaches in der Schweiz als in Deutschland gefunden zu haben. Irgendwann war das ja mal fällig und bei Kirchberg gibt’s schon einige schöne Ecken, auch wenn das gestern vormittag ziemlich kalt wurde auf der Rückfahrt mit kurzen Hosen, bei Nebel und 3°C.

Vermurkste Maut

Es war ja klar, dass bei der sogenannten deutschen PKW-Maut nichts Cleveres herauskommen würde. Es kommt also, wie ich befürchtet hatte: eine sinnfreie Maut mit einem absolut schlechten Kosten-Nutzen-Verhältnis, die eigentlich nur dazu dient, ausländische Strassennutzer abzukassieren anstatt Kostenwahrheit für alle herzustellen. Warum nach Hubraum? Warum so kompliziert? Die Einstufung nach Schadstoffklasse ist immerhin ein Schritt in die richtige Richtung. Warum um alles in der Welt eine Deckelung? Aber gut, Diesel ist ja dank Subventionen (niedrigerer Steuersatz) auch in D an der Zapfsäule günstiger, obwohl er einen höheren Energieinhalt hat und damit niedrigere Verbräuche zum Grossteil bedingt. Technisch wäre eine Maut nach Fahrzeuggewicht und gefahrener Strecke plus vielleicht noch nach Schadstoffklasse kein Problem mehr.

Schon bei der deutschen LKW-Maut, die immerhin mindestens nach gefahrenen Kilometern erhoben wird, wenn auch leider nicht auf dem gesamten Verkehrsnetz, hätte sich der Blick in die Schweiz gelohnt: LSVA. Und das wird sogar für den Endnutzer öfter transparent, indem zum Beispiel das Umzugsunternehmen diesen Kostenpunkt detailliert mit in Rechnung stellt. Ich hab’s schon zweimal so erlebt und da weiss ich zumindest genau, wofür einige Kosten anfallen.

Immerhin geht’s am 16.11. wieder zu Giacobbo/Müller, die in der Sendung vom 26.10. den Kafirähmli-Skandal der Migros schön verballhornen (ab etwa 22:00 Minuten im Video). So ähnlich hätte die Migros auch drüber lachen können.

Die unanständige Anstalt

Nachdem ich diesen Artikel gelesen hatte, musste ich unbedingt noch Die Anstalt vom 23.09. schauen. Ja, es hat sich gelohnt, und zwar einerseits wegen Max Uthoff und andererseits insbesondere wegen des Schauspiels in den letzten acht Minuten der Sendung. Das wird aber nur dann wirklich gut, wenn man die Hintergründe kennt. Sehenswert auch der Ausschnitt über die Eingriffe im Nahen Osten. Sehr ähnlich zu Volker Pispers’ Programmausschnitt zum selben Thema.

Nachtrag am 07.10.: weitere Berichterstattung auf Telepolis.