Ich bin seit langer Zeit Kinesis-Ergo-Benutzer, und hatte die auch schon weltweit auf Challenges dabei. Schwarze Tastaturkappen sind eh am besten und man kann das gleiche physische Layout auch in der Mitte halbieren, damit es fürs Remote-Working mit dem Faltvelo zusammen besser in den Rucksack oder die Velotaschen passt. Trackball statt Maus ist sowieso gesetzt 🙂
Jetzt geht’s aber natürlich noch kompakter und mit einer Lernkurve dazu 🙂
Für schlappe 260 Fr. inklusive UPS und Zoll kam der Twiddler4 direkt nach dem Verkaufsstart aus Kanada eingeflogen. Bei herkömmlichen Tastaturen hat man für jedes Zeichen eine Taste, man benutzt ausser für die Grossschreibung eigentlich selten mehrere Tasten gleichzeitig. Der Twiddler nutzt jetzt genau dieses Gleichzeitig-Drücken als chording, um dahinter im jeweiligen Layout definierte Zeichen zu senden. Für Musiker ist das nicht mal ungewohnt, solche Akkorde zu drücken, auch wenn ich Doppel- bis Fünffachgriffe als Cellist eher selten und ungern benutze.
Das Standard-Layout hab ich angeschaut und direkt in die runde Ablage verworfen. Wenn ich eh schon komplett neu lernen muss, dann doch ein gescheites Layout, wobei die häufigen Buchstaben günstig liegen (und wenig Finger brauchen) und die seltenen Buchstaben woanders liegen und mehr Finger brauchen. Damit befinde ich mich in guter Gesellschaft beim Twiddler — das Gerät gibt’s schon sehr lange, hier ein Paper von 2004, wo der Twiddler im Vergleich zu den damaligen Nicht-T9-Tastentelefonen beurteilt wurde: Twiddler Typing: One-Handed Chording Text Entry for Mobile Phones. (bei der IEEE wurde das Paper auch noch untergebracht)
Ich hatte schon eine Weile überlegt, wie ich mit heutiger Technologie das Beim-Liegevelo-Fahren-Tippen-Können umsetzen könnte, das ich am Tag 14 im Computer History Museum überraschend gesehen hatte, und das war damals in den 80ern. Der Kalifornien-Aufenthalt war also doch langfristig prägend 🙂 Vielleicht wird das ja mit dem Twiddler4 was.
Da man den Twiddler4 sowieso komplett selbst mit einer Belegung versehen kann/muss/sollte, kann man da auch noch andere Sachen machen, nämlich z.B. häufig genutzte Silben oder Worte direkt als Tastenkombination hinterlegen — das geht dann in Richtung Stenografie. Mein Problem ist nur, dass ich auf den herkömmlichen Tastaturen immer schon recht schnell bin, so dass jedes neue Gerät immer erstmal einen Geschwindigkeitsnachteil bedeutet.
Im monkeytype.com kann ich diverse Tests machen und sehe auch, wie sich meine Tippgeschwindigkeit verändert/verbessert. Die rechnen sogar aus, wieviel Tempofortschritt man pro Lernstunde macht.
- Kinesis Advantage, qwertz-Layout, deutscher Text: 93wpm / 465 Zeichen pro Minute
- Kinesis Advantage, Dvorak-Layout, englischer Text: 73wpm / 360 Zeichen pro Minute
- Typewise-Offline, Handytastatur, gleicher Text: 40wpm
- Twiddler4, tabspace-Layout, gleicher Text: 23wpm Maximum (zur Zeit)
Das tabspace-Layout sieht momentan so aus, ich hab’s mit Umlauten ergänzt. Ganz witzig ist, dass es offensichtlich Probleme bei der aktuellen Firmware gibt, wenn man eine bestimmte Anzahl von multi-character chords überschreitet. Immerhin bin ich nicht der Einzige, der das schon festgestellt hat. Lustig, wenn sich der Support im Forum beschwert, dass man nicht “hacken” soll und dass Leute schon ein paar Tage nach der Veröffentlichung an die Grenzen der Firmware gestossen sind. Äh hallo, was habt ihr bei dem Gerät und der vermutlichen Käuferschaft denn bitte erwartet? 😀
Cool ist, dass ich mit der linken Hand auf dem Twiddler4 trainiere, dass das Layout aber auch komplett spiegelbar und rechts verwendbar ist. Ich lerne mit der rechten Hand sehr schnell weiter dazu, ohne dass ich rechts genausoviel trainieren müsste. Das scheint wohl ähnlich im Gehirn zu funktionieren wie 2005/2006, als ich länger geübt habe, mit der linken Hand zu schreiben, wobei sich gleichzeitig meine Handschrift der rechten Hand ohne separates Training massiv verbessert/verschönert hat. Disclaimer: ich hab nie behauptet, dass ich normal wäre; und Gebärdensprache und Braille wären eigentlich auch noch nett.
Technischer Link: es sind drei persönliche config-Files hinterlegbar, die man einfach im Twiddler-Tuner erstellen und per USB draufkopieren kann. Zum Nachlesen gibt’s auch hier noch die ganze Historie, das tabspace-Layout scheint sogar schon von 1999 zu sein: https://ivanwfr.github.io/Twiddler3-Layout/