Staatskundekurs Teil 3/6

Geschlossene Schneedecke morgens

Nach einem frühen Aufwachen und dem wetterbedingten Reifenwechsel auf Spikes ging’s wieder zum Staatskundekurs. Eigentlich hätten wir ja gestern abend und heute abend noch Konzert gehabt, aber mit einem am Mittwoch vor der Generalprobe C-positiven Dirigenten und zwei positiven Mitspielern ist das haftungstechnisch nicht zu verantworten und wir haben die lange geplanten Konzerte abgesagt. Ja dann halt nächstes Jahr wieder. Oder 2023. Homeoffice fürs Büro ist noch nicht angeordnet, aber wieder empfohlen. Da hab ich mich schon gleich bis nach Ostern abgemeldet, auch da ist das Jahr noch nicht ganz klar.

Zuerst kam im Kurs wieder ein Repetieren von dem, was wir letzte Woche gelernt hatten, also die Gewaltenteilungs-Förderalismus-Matrix, und noch ein paar Jahreszahlen. Ich war versucht bei “2002” einfach reinzuschreiben “01. August. Feuerwerk.”, aber es war doch der ONU/UNO-Beitritt gemeint. Bei “1948” hätte sich auch angeboten, “hundertjähriges Jubiläum von 1848” reinzuschreiben, fällt mir jetzt ein. Oh, und bei Frage 4 hörte ich aus dem Raum tatsächlich “Aare. Mit zwei A.”

Bei Leuten mit Brille im Kurs beschlug wegen der Maske die Brille, was aber um diese Jahreszeit in dieser Region kaum einen Unterschied zu Leuten ohne Brille ausmacht. Die Ganz-Früh-am-Morgen-Sonne war ja schon lange wieder durch den Nebel verdrängt worden.

Danach bekamen wir ein Bundesratsfoto ausgeteilt, also so eine Art Panini-Sammelbild-Heftchen mit fast immer den gleichen Menschen drauf. Eigentlich wäre es cool, wenn die Frage gestellt würde, welche Unterschrift zu welchem Bundesrat gehört.

The Glorious Seven (sie haben noch den Walter als +1 mitgebracht, damit die Tabelle unten schön symmetrisch ist)

Wie und wann die Bundesräte gewählt werden, kam als nächstes (vereinigte Bundesversammlung NR+SR, 12/2023 wieder) und dass die wählerstärksten Parteien alle im Bundesrat vertreten sind. Stimmt natürlich nicht ganz, aber da kann man jetzt lang drüber diskutieren. Der Kursleiter hat uns dann recht lang die Zauberformel erklärt, ohne das Wort Zauberformel zu verwenden, das muss man erstmal hinkriegen. Ein bisschen “Welche Partei (ver)tritt welche Werte?” kam auch noch. Jemand aus dem Kurs hat gefragt, warum das da mit den Parteien (2xSVP, 2xFDP, 1xMitte, 2xSP) beim Bundesratsfoto gar nicht stimmt. Ja. Äh. Stimmt schon auf dem Foto, nur heissen die Parteien ja auf Französisch und Italienisch anders und bei jedem Bundesrat ist es in dessen Sprache notiert. Ohje.

Danach kam die direkte Demokratie, wobei da eigentlich nur wichtig zu sein scheint, dass es Referenden (obligatorisch/fakultativ) und Volksinitiativen gibt, und dass man zwar schon die Verfassung ändern kann, aber natürlich mit einer Initiative nicht gegen übergeordnete Menschenrechte verstossen darf. Als er schon zum nächsten Thema gehen wollte, hab ich noch ergänzt, dass das aber schon so sei, dass das mit den Referenden und Initiativen nicht nur für die höchste Staatsebene, sondern auch für Kanton und Gemeinde gälte. Für irgendwas haben wir ja den Föderalismus.

Der Kursleiter hat dann eine Abstimmungsvorlage aus dem Kanton SG rumgegeben, also ein recht dickes Abstimmungsheft zum Thema “Kantonsratsbeschluss über die Erhöhung des Eigenkapitals der Spitalregion Fürstenland Toggenburg in Form einer Bareinlage und einer Umwandlung von Kontokorrent-Darlehen”. Sicher _muss_ man nicht abstimmen, aber dass er im Staatskundekurs freudig sagt, dass er da nicht abgestimmt hat, fand ich doch etwas seltsam. Aber vielleicht geht’s mir dann auch mal so.

Weiter ging’s mit “Rechten und LinkenPflichten”. Dienstpflicht, Steuerpflicht, Schulpflicht, Versicherungspflicht, Meldepflicht, etc. Und die Rechte stehen ja alle ziemlich am Anfang der Bundesverfassung. Bei der Steuerpflicht hat er eine nichtssagende Grafik ans Flipchart gemalt, weil er das Thema “Steuerprogression” erklären wollte. Ja, äh, zwei Achsen ohne Beschriftung und Einteilung und dazu eine im Ursprung startende lineare Gerade im ersten Quadranten. Das kann alles sein, das können sogar exponentiell steigende Fallzahlen sein. Der Beweis bleibt dem Leser als Übung überlassen. Oh Mann ey. Er hat bei einem Einheitssteuersatz (also z.B. 10%, egal wie hoch das Einkommen ist) nicht den dazu korrekten Begriff Flat Tax verwendet. Und jemand aus dem Publikum wollte mich noch korrigieren, und meinte, dass eine Flat Tax eine Pauschalsteuer (also ein Fixbetrag, nicht ein fixer Prozentsatz) sei. Also auf dem Niveau… Die Progression ist hier aber doch ganz ordentlich, setzt aber vergleichsweise erst bei höheren Einkommen ein und vor allem hat man ja extrem viele Abzüge, die das steuerbare Einkommen (auf Hochdeutsch: zu versteuerndes Einkommen) massiv reduzieren.

Irgendwo kam noch das Konzept mit dem Heimatort/Bürgerort zur Sprache: https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%BCrgerort ich häng ja eh schon ständig mit den Wiler Ortsbürgern ab, wird Zeit, dass ich beim Bürgertrunk mal nicht mehr auf der Bühne im Orchester sitze, sondern unten im Publikum, wo’s die Bürgerwurst gibt (wobei wir die als Orchester ja sonst auch separat in der Tonhalle im Kleinen Saal bekommen — und nein, davon schafft man maximal anderthalb Stück, tried and tested).

Einige der Anwesenden aus dem Nicht-EU-Raum haben noch ihre Geschichten mit verschiedenen Staatsbürgerschaften oder auch Staatenlosigkeit erzählt. Das war wieder spannend 🙂 Staatenlosigkeit ist vielleicht kein erstrebenswerter Zustand, aber wäre für mich theoretisch machbar, wenn ich nach Erhalt des roten Passes die DE-Stabü abgebe und dann später schwerkriminell werde, so dass mir der CH-Pass entzogen wird. Keine Ahnung, ob das machbar ist, ein echter border case.

Dann kam von einem der Anwesenden eine Kurzvorstellung zu seinem Job. Er ist Berater bei SAP. Der Vortrag war zugegebenermassen inhaltlich extrem schwierig auf die grösste Zielgruppe anpassbar. Und ganz ärgerlich: er hatte nur drei Folien und ich hatte für die zweite Folie meine üblicherweise am Mann getragene Bullshit-Bingo-Karte vergessen, weil ich damit nicht gerechnet hatte. Big Data, Data Lake, BI, Datamining, Quellsystem, ERP, DWH, Reporting und ähnliche Hokuspokus- und für kaum einen im Kurs verständliche Begriffe. Ich kann mir schon vorstellen, was er so in dem Job macht, ausser die Usability zu senken 🙂

Nächste Woche kommen die Sozialversicherungen, die drei Säulen und ein paar mehr Zahlen, da kann ich wieder qualifiziert mitreden 🙂

(Link zu letzter Woche: Staatskundekurs Teil 2/6)

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