Tag -10: Vertiefte Einsichten

Gesagt, getan. Angemeldet bei Zach Kaplan, um eine Speedmachine probezufahren, das ist quasi das gleiche Modell wie die jetzige Ottermobil-Streetmachine, nur mit tieferem Sitz und leicht anderer Rahmengeometrie, was sie windschnittiger und damit schneller macht. Zachs Laden ist in Alameda, das ist auf der anderen Seite der Bay, aber gut erreichbar.

Meine Route war Caltrain-Fähre-Zach-BART-letzteMeile im Uhrzeigersinn. Der bömmelnd-tutende Local Train (hier sehr schön zu hören, im vordersten Wagen ist es nervtötend laut) fuhr mich wieder bis zur Endstation, von dort ging es gemütlich auf der Embarcardero am Fährterminal vorbei bis zum Pier 41. Ticket gelöst, heisse Schoggi geholt und dann rauf aufs Boot. Es war windig-ungemütlich-nieselregnerisch.

Fähre ab Pier 41 nach Alameda, Zwischenstop in SF Ferry Terminal.

Einer in der Fährbesatzung muss wohl diesen Job machen. Steht im Heck der Fähre, steuerbord, schaut nach hinten, ob alles frei ist und hält den Daumen raus. Das ist bestimmt irgendeine antiquierte Vorschrift. Sehr lustig wäre es, wenn er dazu noch das Rückfahr-Piep-Warngeräusch machen würde, was mir generell tierisch auf den Sack geht. Nur weil es in einer von einer Milliarde Fälle mal jemanden warnt, der dann nicht überfahren wird, beeinträchtigt es die Lebensqualität von Millionen Menschen täglich, seltsame Risikoabwägung.

Quasi die menschliche Rückfahrkamera mit binärer Daumenanzeige. Die Daumen-Like-Anzeige kommt ja von hier.

San Francisco, mal wieder, heute mit mehr Wolken und leichtem Nieselregen.

In Alameda war ich gegen 13:25 und bin gemütlich bis zu Zach weitergerollt, den ich auf 14 Uhr reserviert hatte. Seine Werkstatt ist völlig unauffällig, wenn man nicht grad Geocacher und Liegevelofahrer ist. Draussen hingen 406er Schwalbe-Tryker-Pneu im Baum und am Haus, und neben der Klingel war ein deutscher Aufkleber einer BUMM-Lampe angebracht.

Kein Schild an der Tür, nichts. Aber als ich den Pneu im Baum gesehen habe, wusste ich, dass ich richtig bin.
Das Gleiche gilt für die Eingangstür.

Also hab ich meine Streetmachine dann bei ihm reingestellt, er hat meine Pedale an die Speedmachine geschraubt und wir haben noch ziemlich viel erzählt. Von HP Velotechnik hatte er so gut wie alle Modelle vorrätig, insbesondere auch Trikes, und er fährt die meisten auch regelmässig. Ziemlich lustiger Typ, wir haben uns super verstanden. Die Speedmachine war dann quasi nackig, also ohne Gepäckträger, ohne Lowrider, ohne Schutzbleche, ohne Rohloff, dafür mit Obenlenker und Kettenschaltung.

Okay, Schutzbleche hätte ich mir beim Ottermobil auch klemmen können für Kalifornien.

Dadurch war sie natürlich viel leichter als meine Vollausstattung und mit anderer Bereifung auch wirklich schneller. Die Liegeposition ist schon merklich anders: normalerweise hab ich die Füsse auf Pohöhe, bei der SPM sind die Füsse deutlich über Popohöhe.

Füsse deutlich über Popohöhe.

Der Obenlenker ist auch ganz nett, ich hatte null Probleme beim Fahren oder bei der Umgewöhnung (bis auf die Kettenschaltung halt).

Obenlenker um die Knie. Gar nicht so übel.

Die Werkstatt war jedenfalls ein Traum, ich konnte z.B. direkt die Ortlieb-High-Visibility-Taschen begutachten, wobei er dann meinte, dass ich ja auch eine Special Edition hätte und wo es die gäbe, woraufhin ich meinte, dass das meine Töchter so bemalt hätten. Das Grün meiner Tasche ist jedenfalls sehr ähnlich zum Neongelbgrün der High-Vis-Tasche. Meinen Forumslader und meine Verkabelung hat er begutachtet und für gut befunden und wir haben uns unser Leid geklagt, dass die Federgabel ein Verschleissteil ist. Ich hab ihm das geschildert, dass es sich momentan so anfühlt, als ob der Steuersatz locker ist, aber dass es wohl die Gabel ist und er hat das genau so aus Erfahrung bestätigt. Und er hat auch eine Lösung: die Rustler-Gabel aus Colorado. Nur, hm, die kostet 850 Dollar, dafür krieg ich vier von den jetzigen Gabeln. Das überleg ich mir nochmal.

Wir hätten noch ewig weiterquatschen können, aber ich hab mich dann doch auf den Heimweg gemacht. Die BART-Züge sind auch lustig, und das Preis- und Bezahlsystem auch: man kauft sich ein Ticket (mit Magnetstreifen), das man am Automaten mit einem bestimmten Betrag aufladen kann. Man muss das Ticket an der Einlasskontrolle benutzen, um auf den Bahnsteig zu kommen. Wenn man am Zielbahnhof wieder durch die Auslasskontrolle läuft, wird die Strecke bestimmt und der Preis abgebucht. Ansonsten gibt’s ja die Clipper Card, quasi eine elektronische Version der Fahrkarte, die genauso die Strecke bestimmt, indem man beim Start einbadget und am Zielbahnhof ausbadget, das würde auch auf der Fähre funktionieren.

Rückfahrt nach Süden mit dem BART (Bay Area Rapid Transit).
Velomitnahme überall gratis und komfortabel.
So ne Art Berliner S-Bahn.

Ab Ausstiegsbahnhof Union City waren es noch gute 30km über die Dumbarton Bridge, diesmal mit massivem Gegenverkehr und dementsprechend viel Lärm. Es ist relativ egal, ob da ein Elektro-Tesla oder ein F150 ankommt, die machen bei 60km/h genausoviel Lärm. Die entgegenkommenden Velofahrer nicht, die sind sogar beim Grüssen geräuschlos.

Dumbarton Bridge (hinten), Marshland vorne, Richtung Westen.

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