Queenstown und Lake Wakatipu

20170321 Queenstown 16:21 Uhr

Nach einer geruhsamen Nacht ging es ebenso geruhsam weiter. 11 Uhr legte die Seerundfahrt ab, vorher gab’s noch einen kleinen Stadtrundgang mit Frühstück. Starbucks ist ja extrem günstig hier, für $12 gab’s einen ganz grossen Cappuccino mit einem Maple Scone dazu, für das Geld gibt’s in Zürich grad mal einen Espresso. Zum Glück hatten sie keine South-Island-Sammeltasse, sonst hätte ich die mitschleppen dürfen bis zum Ende. In einem der Restaurants lief Light my Fire (The Doors), das ist auch schon ganz schön alt.

Die Strassen sind extrem steil, da hatte ich mit den 14% Anstieg gestern noch eine flache Strasse erwischt. Einige haben sicher 20-30 Grad (nicht Prozent), siehe waagerecht ausgerichtetes Foto. Das möchte ich auch ohne Gepäck nicht mit der jetzigen Übersetzung des Ottermobils fahren, auch wenn es nur kurze Abschnitte sind.

In der Apotheke gab’s Voltaren, das riecht immer noch so wie vor 20 Jahren, als ich das das letzte Mal benutzt habe. Ansonsten hilft das Nichtstun gegen schmerzende Achillessehnen ungemein. Ich würde ja sagen, dass Füsse hochlegen auch hilft, aber das mache ich ja beim Fahren eh. Die Knie sind momentan unauffällig, an den Oberschenkeln merke ich die vergangene Belastung, aber keinen Muskelkater oder ähnliches.

Bei der Tourplanung im Februar daheim hatte ich schon mal eine Etappe von Te Anau bis Queenstown ins Auge gefasst, mit Wassertaxi am Ende von Walter Peak (Mitte des mittleren Seeteils, Südufer) nach Queenstown. Das könnte ich jetzt umgekehrt machen, um nach Te Anau zu kommen. Allerdings wäre dann in der Strecke ein Abschnitt mit 250 Höhenmeter auf 2km drin, und das auf Schotterpiste. Och nö. Daher habe ich zwei Etappen bis nach Te Anau ins Auge gefasst: 105km bis nach Lumsden und nochmal 85km bis Te Anau. Wenn da wieder so ein Gegenwind bläst, muss ich spontan umdisponieren. Von Te Anau sind es dann noch 450km bis Dunedin oder sogar 800km bis Christchurch. Die Westküste habe ich vom Plan gestrichen, mal sehen, wieviel Lust ich in Te Anau noch habe und was die Gesundheit sagt.

Queenstown ist ansonsten ganz nett, der Lake Wakatipu wie der Vierwaldstättersee, bisschen tiefer, bisschen grösser, aber vom Prinzip genauso. Nur mein GA gilt hier nicht und es gibt viel weniger Kursschiffe.

Beim fleissigen Geocachen heute habe ich noch interessante Dinge gelernt, zum Beispiel das Phänomen einer stehenden Welle in einem See: Seiche (englische Wikipedia) bzw. Seiche (deutsche Wikipedia). Das führt dazu, dass der Wasserpegel in Queenstown im Periodenabstand von 27 Minuten um 20cm regelmässig schwankt. Zuerst festgestellt wurde das Phänomen im Genfersee von einem Schweizer und da das französisch benannt ist, hat es nichts mit dem Deutschschweizer/Schweizerdeutschen Seichen zu tun. Oder vielleicht doch 🙂

Auch noch interessant: die Farm am westlichen Knick des Lake Wakatipu ist die drittgrösste in Neuseeland, hat 28’000 Schafe und 2’500 Rinder und ist 100’000 Acres gross, das sind 40’000 Hektar. Zur besseren Vorstellung: das ist so gross wie Innerrhoden und Ausserrhoden zusammen, nur dass sie hier auf der Farm keinen Appenzeller und kein Quöllfrisch produzieren und dass es in AI/AR sicher weniger Schafe gibt. Bei den Rindviechern bin ich mir wie üblich nicht sicher, aber wenn sie könnten, dürften hier sicher auch die weiblichen wählen und würden dann vielleicht sogar die Farm in einen katholischen und einen reformierten Teil aufsplitten.

Die zwei fehlenden Folgen vom Tatortreiniger hab ich inzwischen auch, plus zwei Tatorte. Für den Rückflug oder die Lounge in Peking.

Cromwell-Queenstown

20170320 Queenstown 19:00

Die Nacht war gut, etwas stürmisch, aber in meiner Cabin gut auszuhalten. Morgens habe ich mich noch mit zwei Neuseeländern unterhalten über das Liegevelo, sie wollten auch nach Queenstown…

Heute morgen habe ich meinen Tourplan angeschaut und entschieden, davon abzuweichen. In Queenstown sieht das Wetter halbwegs trocken aus, also fahre ich die schlappen 60km dahin schnell und mache dann einen Tag Pause. Denkste…

Eine Unterkunft dort habe ich via airbnb gebucht, auch gleich für zwei Nächte. 150$ die Nacht ist auch eine Ansage dafür, aber der Blick entschädigt für vieles.

Die Etappe selbst war ansonsten absolut zum Vergessen, die schlimmste bisher, sogar die 130km im Regen am zweiten Tag waren nicht so übel. Warum? Gegenwind. Gegenwind der übelsten Sorte. Man stelle sich einen Föhnsturm in der Schweiz (Brunnen am Vierwaldstättersee oder so) vor, verstärke ihn, mache ihn böig und dann fahre man gegen diesen an. Noch dazu habe ich auf dieser Etappe über 800 Höhenmeter gemacht, wohingegen es gestern über den Lindis Pass nur 750 waren. Es ging ständig rauf und runter, der Verkehr war recht stark und ein paarmal musste ich mich an Leitplanken festhalten, um nicht umgeweht zu werden. Fiese Stellen mit maximalem Gegenwind waren an Brücken oder Strömungsverengungen zu finden, da habe ich auch mal ein paar Minuten gewartet, um weiterzufahren.

Toll ist, wenn man im kleinsten Gang bei 4 Prozent Gefälle noch treten muss, um nicht ganz anzuhalten. Ganz brutal waren die 14 Prozent Steigung, als ich kurz vorm Ziel war, aber da hab ich den zweirädrigen Gepäckroller bergauf geschoben, was auch gut geht.

Morgen gibt’s eine Bootsfahrt auf dem See und einen Pausentag vom Fahren. Tendenziell sehe ich als nächstes zwei Etappen bis nach Te Anau und dann doch eher Ostküste statt Pass/Westküste.

Gesamtkilometer 790

Omarama – Lindis Pass – Cromwell

20170319 19:40 Cromwell

Noch eine lustige Geschichte vom Abend mit Leo und Jonah: da liefen ein paar Backpacker rum (Deutsche) und wunderten sich, was es in Australien alles für gefährliche Tiere gäbe, Haie, Spinnen, Schlangen und Krokodile etc. Nachdem sie gemerkt hatten, dass Leo Australier aus Queensland ist, haben sie ihn direkt gefragt: “Was ist das gefährlichste in Australien?” Und er: “Autos und Verkehrsunfälle.” Endlich mal einer, der die Risiken richtig(er) einschätzt. Da fällt mir ein, dass wir eine Versicherung gegen giftige australische Tier(unfäll)e anbieten könnten: das tatsächliche Risiko ist gering, die Angst der Leute aber gross und damit kann man ja üblicherweise gut Geld verdienen.

Bevor jemand motzt: Porridge schmeckt auch mit Bananen gut und die Bialetti-Kanne funktioniert auf dem Benzinkocher super 🙂

Gestern wusste ich noch nicht, ob ich den Lindis Pass heute fahren würde, entsprechend so, wie ich mir die ganze Route zusammengestellt hatte. Nach der verfrorenen Nacht (4°C morgens) war ich entsprechend früh wach und auch am Ausrechnen. Von 430 auf 965 Höhenmeter, Wegstrecke 32km, das macht einen mittleren Anstieg von 1.7%. Im Schnitt, ähem. Die Anstiegskurve in Locus sah schon recht exponentiell aus, aber ich musste eh warm werden. Meine einzigen Bedenken waren dahingehend, dass die nächsten Übernachtungen (ausser das Zelt irgendwo aufzustellen) erst in Cromwell sein würden, mithin etwa 100km Wegstrecke, d.h. nach dem Pass noch 68km. Egal, um 09 Uhr war Abfahrt.

Nach 8km war der erste Wechselstop: ich war warmgefahren, habe auf Sonnencreme für die Beine und langärmliges Surfoberteil gewechselt. Ein Cache war auch grad da, wie praktisch. Eigentlich war ja erst der Cache da und dann kam ich mit der Wechselidee, aber sei’s drum.

Die ersten 20km “Anstieg” waren gemächlich, so etwa 1-2%, was für das (dicke) Ende nichts Gutes verhiess. Immerhin war die gesamte Strecke (fast) monoton (aber nicht streng monoton) steigend, was für meine Motivation gemeinhin sehr gut ist. Die erste Ableitung der Höhenmeter-vs-Strecke-Kurve blieb aber eine Gerade mit deutlich positivem Anstieg. Am Ende kam halt der dicke Hammer: 2km Rampe mit 8% Anstieg. Auch das im Schnitt. Das ging aber erstaunlich gut, kurz nach dem Mittag war ich oben, habe nicht lange verweilt, sondern bin gleich in die Abfahrt übergegangen. Diese war rauschend. 8% Steigung bedeuten ungefähr 6km/h, wohingegen 8% Gefälle ungefähr 60km/h bringen, Endgeschwindigkeit, d.h. da heben sich Hangabtriebskraft, Rollwiderstand und Luftwiderstand so in etwa auf. Gut zu wissen. Inzwischen brauche ich auch beim Hinauffahren keine Steigungsangabe, das sagt mir schon die Rohloff mit dem gefühlten eingelegten Gang. Wenn ich nicht mehr runterschalten kann, ist es steil, sonst weniger steil.

Der Velofahrer, der in Omarama neben mir in seinem Zelt übernachtet hatte, war gerade die umgekehrte Richtung gefahren. Es gibt Leute, die haben auf einem Normalrad Popoweh und Rückenweh, da lasse ich mich doch gern beneiden. Das blaue Sitzpolster hat inzwischen Wirbelsäulen- und Schulterblattabdrücke von mir.

Am nervigsten waren die Hunderte von Motorrädern, nicht wegen engen Überholens, sondern wegen ihres überflüssigen Lärms. Die könnten sich doch selbst privat in ihrem Helm belärmen anstatt ihre ganze Umwelt zu belästigen. Gern gefahren bin ich sowas ja auch, aber mit so wenig Lärmentwicklung wie möglich. Da braucht mir keiner mit Elektroautos und Lärmvermeidung durch diese zu kommen, solange es eine Sound-Tuning-Branche für Autos und Motorräder gibt. Da könnten die Zürcher Goldküstenbewohner und Fluglärmgegner doch mal schauen, was sie so in ihrer Garage stehen haben 🙂

Nach der Abfahrt kam eine Kaffee- und Zelttrockenpause. In einer halben Stunde war alles fertig und ich wieder befüllt. Weiter ging’s mit Dehnungsübungen beim Fahren, das geht mit Cleats prima.

Apropos: jemand könnte mal Schuhe mit eingelassener Metallplatte für Zeltheringe erfinden. Auch das geht mit Cleats in den Schuhen ganz gut, ohne dass die Heringe sich durch die Sohle bohren.

Kilometerstand 730

Wohin es morgen geht, seh ich morgen. Draussen gewittert es.

Lake Tekapo – Omarama

20170318 Omarama 18:45

Porridge schmeckt gut, wenn man noch Äpfel reintut und die Bialetti-Kaffeekanne funktioniert nicht auf einem Induktionsherd. Das Zelt war heute früh weniger nass als sonst, die Abbauzeit vom Aufstehen bis zur Abfahrt liegt inzwischen bei etwa 90 Minuten inklusive Frühstück.

Die Etappe war sehr flach heute, es ging immer am Verbindungskanal zwischen Lake Tekapo und Lake Pukaki entlang, manchmal asphaltiert, manchmal geschottert, aber immer gut fahrbar und autofrei. Alle paar Kilometer kam mal ein Bügel, durch den nur das Rad passte, aber auch das war noch erträglich, wenn auch lästig. Am Anfang waren die Bügel noch so hoch, dass das Ottermobil einfach so durchfuhr, einmal sogar mit mir drauf. Am Ende musste ich aber das Gefährt in die Senkrechte nehmen, um nicht abladen zu müssen.

Leo und Johan waren auch mal mit, mal vor, mal hinter mir auf der Strecke, wir haben gegenseitig Fotos gemacht und einen Cache gefunden und die ersten 50km gut gemeistert. Dann kam die Abfahrt zum Lake Pukaki, wo das Wasser im Kanal stromproduzierend seine Höhenmeter verliert und wir dementsprechend auch. Wenn ich nicht mitten in der Abfahrt mal angehalten hätte, hätte ich deutlich mehr als nur 67km/h geschafft.

Danach begann schon der Alpine2Coast-Trail, auch gut fahrbar und lag grad an der Strecke bis Twizel. Dort bin ich einfach ins Zentrum gefahren, hab zwei bekannte Velos gesucht, meins dazugestellt und wir haben zu dritt ein Abschiedsmahl genossen. Twizel Burger, sehr gutes Teil.

Die Strecke am Kanal entlang sah ziemlich so aus wie von Chur rheinabwärts, bisschen andere Berge und phänomenaleres Panorama aussenrum, aber sonst ähnlich.

Die Federung erweist sehr gute Dienste, der Begriff “Sänfte” für mein Gefährt passt perfekt, vielleicht auch “Rollsessel”. Die Seitenwindempfindlichkeit zeigt sich ab und zu wegen des Gepäcks, aber sonst keine Probleme. Bei niedrigeren Temperaturen tut das linke Knie weh, bei höheren die rechte Achillessehne. Das Wetter war ansonsten perfekt zum Fahren, kurz vor Omarama wurde es knallig warm in der Nachmittagssonne, so dass ich doch noch Sonnencreme genutzt habe. Ein paar Caches lagen an der Strecke.

Lachse: im Kanal sind Lachsfarmen untergebracht und es kamen uns Leute mit einem 29kg-Exemplar entgegen!

Die Aufbauzeit fürs Zelt liegt bei 20 Minuten, mit weicherem Boden auch noch kürzer. Nebenan mähen Dauercamper mit dem Benzinrasenmäher (!) die 10 Quadratmeter (!) Rasen vor ihrem Camper. Die offizielle Strecke vom Zeltstandplatz zur Küche und zur Waschmaschine ist knapp 300m lang. Das ist definitiv zu weit zum Laufen und so ein unbeladenes Ottermobil geht voll ab 🙂

Ob ich morgen den Pass nach Queenstown in Angriff nehme, weiss ich noch nicht. Die Hot Tubs in Omarama sind überlaufen (nicht übergelaufen) und ausgebucht. Immerhin gibt’s 100MB Wifi gratis, wenn ich schon 30 Dollar für einen Zeltplatz zahle.

(Update 14.04.: Namen korrigiert)

Fairlie – Lake Tekapo

20170317 21:00 Lake Tekapo

Die zwei Velofahrer, die ich jetzt schon öfter getroffen habe, kennen mich schon und schicken mir emails. Ein Australier, der sich gut am Zürisee auskennt und ein Neuseeländer, der eigentlich Niederländer ist.

Losgefahren sind wir alle drei in Fairlie, ich mit taunassem Zelt, die Milch hatte auch Kühlschranktemperatur und ich bald wieder einen schmerzenden rechten Fuss. Der hat da eine gnubbelige Stelle, die der andere Fuss da nicht hat. Also bin ich mal davon ausgegangen, dass ich keine 100km bis Twizel fahre, sondern nur die knapp 50km bis Lake Tekapo. Dabei blieb es dann auch und es lohnt sich von der Landschaft absolut. Die Hochebene ist sehr schön und der See sowieso.

Gleich nach Ankunft bin ich erstmal baden gegangen, ordentlich kalt, aber da die Duschen $2 kosten, spare ich etwa 10 Cents pro Grad Wassertemperaturdifferenz (Dusche-See), das ich mir antue. Das Seewasser ist glasklar, man sieht sogar den eigenen Schatten am Boden. Lake Tekapo ist zwar ein rechter Touristenort, aber für mein Zelt war noch Platz, Leo und Johan haben mich zum Abendessen eingeladen und vielleicht klingt der Tag noch mit Sternengucken aus. Direkt oberhalb des Sees steht das südlichste Observatorium der Erde. Ach ja, Geocaches gibt es einige.

Schweizer habe ich auch schon getroffen. Morgen geht’s weiter nach Twizel am Kanal entlang, der den einen See mit dem nächsten verbindet. Je nach Form und Schmerzen auch noch weiter, aber ich hab ja Ferien und bin nicht auf der Flucht. Das “Deep Heat” hilft bei den Schmerzen und einen SPF30+-Lippenstift gab es im Foursquare auch.

Hier laufen überall Hasen rum, worauf Johan (NZ) meinte, dass die eine echte Plage wären. Darauf meinte ich zu Leo (AUS): “well, we could introduce foxes to get rid of the rabbits!” und er hatte die ironische Anspielung auf das, was in Australien genau so passiert ist, sehr gut verstanden 🙂

(Update 14.04.: Namen korrigiert)