Zufällig bin ich letzte Woche auf RTS deux (französisches Schweizer Fernsehen) in das Programm von Massimo Rocchi reingeraten. Ich hatte von ihm zwar schon einige Ausschnitte auf Schweizerdeutsch gesehen, aber noch kein französisches Programm. Da ich eh gerade an meinen Französisch-Hausaufgaben war, ist es mir anfangs gar nicht aufgefallen, dass das ja Französisch war. Vor einem Jahr hätte ich davon jedenfalls sprachlich fast gar nichts verstanden und selbst wenn, wäre es inhaltlich gar nicht lustig gewesen: Massimo Rocchi: rocCHipedia. Mal wieder ist Kabarett ein perfekter Anreiz, sich mit der Kultur eines Landes zu beschäftigen. Wer dazu noch Italienisch kann, findet das Programm sogar noch besser, es kommen insgesamt mindestens sechs lebende Sprachen plus Latein vor 🙂
Bestandskundenverarsche
Dass es von Telekommunikationsunternehmen Rückgewinnungsangebote gibt, kannte ich ja schon von 1&1. Vor kurzem hatte ich hier bei UPC Cablecom meinen Anschluss gekündigt, und zwar zu Ende Juli, wie hier beschrieben. Die sind sich doch jetzt tatsächlich nicht zu blöd, meine Kündigung erst zu Ende August zu akzeptieren. Gestern kam obendrein ein Rückgewinnungsanruf, in dem sie mir angeboten haben, mein derzeitiges Abo für sechs Monate preislich zu halbieren, ohne dass sich irgendeine Vertragsdauer verlängert oder sich sonst etwas am Vertrag ändert; ich kann weiterhin mit einer Frist von zwei Monaten zum Monatsende kündigen. Gut, diese Subvention nehme ich einfach mit, denn ich wäre blöd, es nicht zu machen. Aber ich hoffe, da merkt irgendwann mal jemand, dass man mit solchen Angeboten an kündigende Kunden gerade die Dauerkunden verarscht, die eben nicht wechseln oder kündigen. Und nur weil es alle Unternehmen machen, ist das vielleicht wirtschaftlich ein Grund, es genauso zu machen, aber moralisch ganz sicher keiner.
Immerhin haben sie meinen Kündigungsgrund “Glasfaser mit 30 MBit/s Upstream” wortlos akzeptiert.
Falsche Wortstellung
Im aktuellen Interview mit Westerwelle zum vorerst gescheiterten D-CH-Steuerabkommen wird mal wieder der falsche Eindruck erweckt, dass es illegal sei, Geld ins Ausland zu schaffen. Tut mir leid, aber dem ist (noch) nicht so. Auch wenn das der Grossteil der deutschen Politiker (insbesondere der Linken) wohl gerne hätte, dass nichts ins Ausland geht: wo ich mein Geld investiere oder anlege, ist immer noch ganz allein meine Entscheidung, solange ich es in Deutschland (oder hier) legal erworben und versteuert habe. In dem Artikel sollte es also nicht […] Gelder illegal ins Ausland […] heissen, sondern korrekterweise […] illegal erworbene Gelder ins Ausland […].
Notenautomat
Der Chariot Captain, den ich jetzt seit einer Weile mein eigen nenne, eignet sich durch seine feste Bodenwanne (statt Stoffbezug) prima zum Schwerlasttransport. Gestern mittag war’s ein Schwerlastregal vom ALDI mit 25kg und gestern abend Balkonmöbel vom IKEA mit insgesamt aber nur 14kg. Bei IKEA war auch eher die gefahrene Strecke von 36km bis nach Winkeln entscheidend. Das Foto ist an einem der wenigen Bahnübergänge in der Umgebung entstanden (Strecke der Appenzeller Bahnen in der Nähe vom Bahnhof Gossau).
Unterwegs gab’s im langgezogenen Industriegebiet in Gossau (neben Bahnlinie und Autobahn) noch diverse Tankstellen. Ich hab zwar in meinem Leben noch keine Noten zur Orchesterprobe vergessen, soweit ich mich erinnern kann, aber auch für diesen Fall ist die Schweizer Infrastruktur gewappnet: es gibt Notenautomaten. Okay, eigentlich geht’s da nur ums Geld, aber die Vorstellung, sich vergessene Cellonoten am Automaten holen zu können, ist schon witzig und prinzipiell durch Digitalisierung ja kein Problem. Statt Notenpulte gibt’s dann grosse Tablets und zum Umblättern wischt man einfach über den Bildschirm. Wenn der Solocellist dann Striche einzeichnet, kann man die gleich ans ganze Register übertragen. Einige Sachen wären schon praktisch, aber ich bleib doch lieber beim Papier.
1-Jahr-Jubiläum
Vor einem Jahr war mein erster Arbeitstag hier. Damals hab ich mich noch gewundert, an einem ersten Mai zu arbeiten. Heute find ich’s gut, dass die St. Galler arbeiten und find’s doof, dass die Zürcher das nicht tun, weil ich nämlich deswegen keine NZZ hab. Ausserdem würd ja sonst auch mein Französischkurs ausfallen.
Langer Planungshorizont
Ein Update am Sonntagabend: inhaltlich hat mir die Redaktion sowohl den offensichtlichen Zahlendreher als auch meine Befürchtungen bestätigt. Klasse Zeitung!
Schweiz als Prügelknabe
Ausnahmsweise muss ich doch mal der Süddeutschen ein Kompliment für ihren heutigen Artikel Warum die Schweiz Europas liebster Prügelknabe ist aussprechen. Anlass für den Artikel ist die Anrufung der Ventilklausel durch die Schweiz, wodurch die Zuwanderung aus der EU für länger Bleibende (u.a. sog. B-Bewilligung, wie ich sie habe) bis Mai 2014 um ein paar tausend Personen reduziert wird.
Ein paar denkwürdige Zitate aus dem Artikel:
Mal angenommen, jedes Jahr würden 800.000 Wirtschaftsflüchtlinge aus allen Teilen der Europäischen Union in Deutschland Lohn und Brot suchen – zusätzlich zu den rund vier Millionen Polen, die in den vergangenen Jahren immer mehr Berufe erobert haben, von der Aldi-Kassiererin bis zum Akademiker? Wie gelassen würde die Politik reagieren? Wie verhalten wären die Schlagzeilen der Bild?
All die Zahnärzte, Anwälte und Mittelständler sind freiwillig gekommen. Und zwar nicht immer nur, um Steuern zu hinterziehen, sondern häufig, weil sie dem Franken und einer Schweizer Bank mehr vertrauen als dem Euro und der Deutschen Bank.
Auch all jene europäischen Arbeitnehmer in Luzern und Lausanne wurden nicht von eidgenössischen Söldnertrupps gefangen und als Zwangsarbeiter über die Grenze verschleppt. Sie kamen ebenfalls aus freien Stücken, weil sie in der Schweiz gut bezahlte Stellen und gute Arbeitsbedingungen vorfanden.
Für mich der wichtigste Satz:
Das aber erzeugt Neid.
Wenn dieser Neid nur endlich dazu führen würde, dass man sich an die eigene Nase fasst und vor der eigenen Haustür kehrt, wäre schön viel gewonnen.
Und noch was am Rand: in Norwegen wird es voraussichtlich ab dem Jahr 2015 die allgemeine Wehrpflicht auch für Frauen geben. Gleiche Rechte, gleiche Pflichten. Jetzt muss man nur noch die Männer zum Kinderkriegen verpflichten 🙂
nmap und ASCII-Art
Hoeneß und die Enteignung
Die Steuerschulden eines Uli Hoeneß beschäftigen ja gerade mal wieder die deutschen Medien zur Genüge. Aber dass die Schweiz da mit hineingezogen werden soll, ist eine echte deutsche Heuchelei und purer Neid auf den Nicht-EU-Nachbarstaat, in dem alles so gut läuft. Dass Hoeneß irgendwelche Steuern nicht gezahlt hat, ist nicht in Ordnung, schon gar nicht, weil es ihm auch mit gezahlten Steuern recht gut gehen sollte. Aber dass er absolut rational denkt und handelt und vor dem Hintergrund der andauernden Euro-Krise sein Geld in einen (sichereren, wenn auch nicht absolut sicheren) Drittstaat verschiebt, kann man ihm weder verdenken noch verwehren. Die geplante und dann doch nach Protesten schnell wieder abgeblasene Wochenendenteignung auf Zypern war doch ein prima Testballon in einem Kleinstaat der Euro-Peripherie für das, was auch in anderen Euro-Staaten noch kommen wird. Wer sein Geld (was immer das auch wert sein mag) nicht lange vorher woanders hinbringt oder schlau verteilt, hat einfach Pech gehabt: per Dekret werden Überweisungen verboten, Geldauszahlungen am Automaten limitiert und Spareinlagen um einen gewissen Prozentsatz gekürzt. So schnell kann das gehen. In den letzten paar Jahren sind die Schulden der Banken über diverse Mechanismen zu Staatsschulden geworden und die müssen jetzt halt abgetragen oder weginflationiert werden. Das ist Kapitalismus, wie er im Buche steht.
Sendungsbewusstsein

