Brig-(Grimsel)-(Brünig)-Luzern


Frühstück (ja, mit zwei Ü, wir sind im Oberwallis!) gab’s schichtweise und in Gruppen — nicht wegen Corona, sondern weil Daniela sonst nicht hinterherkommt mit dem Bedienen. Ich war wieder mit dem Herrn vom Vorabend am Tisch. Das Essen war süper güet und ausreichend für die ersten Kilometer. Die Bezahlung haben wir per Twint direkt am Küchentisch bargeldlos erledigt. 80 Fr. für ein Zimmer mit Halbpension sind ganz akzeptabel.

Die Strecke, die ich am Tag zuvor so schön hinuntergerauscht war, habe ich mir mit dem Zug geschenkt und bin bis Oberwald gefahren. Notiz fürs nächste Mal: schon in Obergesteln aussteigen, weil man sich das zweifache nicht barrierefreie Treppensteigen in Oberwald damit erspart und die Strecke zwischen Ober-(wald|gesteln) flach ist.

Fahrstart war also gegen 11 Uhr, der Plan war, 13 Uhr auf der Grimsel-Passhöhe zu sein. Es waren viel weniger Höhenmeter als am Freitag, die Steigung war viel angenehmer; sechs Kehren, und dazu schöne Aussicht auf den Furkapass am Berghang vis-à-vis. Der Rhonegletscher war auch schon mal deutlich näher am Hotel dran.

Die Aussichten zwischendurch waren schick, ist vielleicht doch besser, das nicht nachts zu fahren.

Oben war alles voller Leute, also bin ich schnell weitergerollt. Am See auf der Passhöhe hab ich noch gelegentliche Ruhe genossen, später kam der Grimselstausee mit seinem hellblaugraugrünen Wasser. Es folgte eine rasante Abfahrt bis Innertkirchen.

Aber dann türmte sich eine nicht umfahrbare Steigung auf. Nanu? Ah. Rechts die Aareschlucht. Viel Höhenmeter waren es nicht, aber jetzt hab ich auf die harte Tour gelernt, wo die Aare herkommt, das war mir vorher gar nicht so bewusst. Bis zum Brienzersee hinauf war’s mir klar, aber dass die vom Grimselsee kommt, wusste ich nicht.

Hinter Meiringen (noch ohne Umspuranlage) ging es gleich wieder rauf auf den Brünig, 400 Höhenmeter; der Pass ist im Wesentlichen ein ziemlich hässliches Verkehrshindernis. Zur Begrenzungsinitiative würde ich als Velofahrer vermutlich “kommt-drauf-an” sagen, denn die einzigen, die mich immer mit Anstand und Abstand überholt haben, waren die Ausländer. Wenn man die danach selektieren könnte, dürften sie rein. Aber es war immer relativ unkritisch, bin halt Kampflinie gefahren, so dass Überholen einfach nicht geht. Und wenn sich eine Schlange hinter mir gebildet hatte, hab ich halt an der nächsten Möglichkeit ™ Platz gemacht.

Mit dem Brünigpass kam der Kantonswechsel Bern-Obwalden — da bin ich vielleicht insgesamt erst ein- oder zweimal mit der Zentralbahn durchgefahren. Der Lungernersee und der Sarnersee waren schon ganz nett anzuschauen.

Die Strecke war fast nur noch flach, die Veloroute am Vierwaldstättersee ist unter den gegebenen Platzverhältnissen gar nicht mal so übel. Hinter Hergiswil war ich dann im Kanton Luzern und hab mit manuellen Eingriffen (“hee, das da ist doch viel kürzer!”) das Routing zu verbessern versucht, was es aber nicht wirklich besser machte. Bei der Anfahrt auf den Bahnhof fuhr grad parallel der Voralpenexpress rechts neben mir ein — also bin ich gar nicht erst bis zum Bahnhofsvorplatz gefahren, sondern gleich durch den Seiteneingang rein in den Bahnhof und in den Zug, umziehen. Noch zwei Tage, und mein Trikot fängt an zu leben.

Umstieg in Wattwil, kurz nach 21 Uhr daheim. Der Track. Steigrate gestern 436hm/h, heute 462hm/h.

Bellinzona-(Nufenen)-Brig

Los ging’s nach Bellinzona am Freitag um 06:34 ab Wil, Abfahrt dann in Bellinzona um 09:30. Wegen Hinweis auf Schwerverkehr am Simplon hatte ich kurzfristig noch die Route geändert auf den Nufenenpass, aber das Ziel blieb Brig, weil ich dort auch schon beim Hof Schmeli ein Zimmer reserviert hatte.

Ich hatte unterschätzt, dass ich bis Airolo ja schon gut 1000 Höhenmeter zu fahren hatte. Von denen war aber gar nicht so viel zu bemerken, ein paar Steigungen, wenig Verkehr, ein enges Tal, das im Wesentlichen aus der Bahnlinie, der Transitautobahn und einer oder zwei Strassen besteht. Die Infrastrukturbauten für die Autobahn sind eindrücklich, auch wenn ich die wohl nie vom Autobahnniveau her sehen werde. Hinter Biasca verschwand schon ein Teil der Züge im GBT, hinterher gab’s dann nur noch TILOs zu sehen, oder was halt so die Gotthard-Bergstrecke fährt. Auf der Autobahn vor dem Gotthardportal war Stau. Nichts Neues.

Bei irgendeiner Tankstelle hab ich noch spontan Mittagspause gemacht und zwei San Pellegrino plus Bananen und Wasser ein-/aufgefüllt.

Danach wurde es zäh; 1400 Höhenmeter wollen ja irgendwie gefahren sein. Ich hätte mir mehr Strecke gewünscht, weil die 8-10% Steigung zwar im kleinsten Gang bei 65-70rpm machbar sind, aber nur mit Puls >150 über Stunden. Meine Zeitschätzung lag mit der Ankunft auf der Passhöhe nur 15min daneben, gar nicht übel für 8.5h Fahrzeit bis rauf. Die Murmeltiere hab ich sogar durch den Gehörschutz gehört, und das Postauto-Dreiklanghorn auch — es hätte sogar eins gegeben über die Nufenenroute. Ab 16 Uhr wurde es merklich ruhiger, der Verkehr liess nach.

Mein Stop war nicht lang, nur winddichte Jacke angezogen und hinunter ins Tal. Es waren 14km in 14 Minuten 🙂 Der GPS-Track stimmt mit mir überein, dass ich da in der Abfahrt meinen Temporekord übertroffen habe. Es sind schön lange Geraden, wo einem nicht immer gleich die Strasse ausgeht.

In Ulrichen hab ich die Jacke wieder ausgezogen und bin links abgebogen, weiter hinab bis nach Brig. Diese Strecke ist mit der Speedmachine sensationell gut zu fahren, fast alle Ortsdurchfahrten, bei denen es am Ende wieder bergauf geht, sind mit Schwung fahrbar — kein Vergleich zur Streetmachine, mit der ich das auch ausprobiert hatte. So war ich 19:10 Uhr schon in Brig — und dann kamen noch elende 800m mit 15% Steigung. Ich hatte die Übernachtung eigentlich so ausgesucht, dass ich die vom Simplonpass herunter anrollen kann, aber vom Nufenen gab es keine andere Möglichkeit. Das Wasser war auch 2km vorm Ziel leer.

Und schon in Brig, nach 800m Anstieg mit 15%.

Dafür wurde ich nett empfangen, hab mein ebenerdiges Zimmer bezogen, geduscht und dann stand schon das Essen auf dem Tisch. Mein Tischgefährte war aus Zürich unterwegs ins Tessin (mit ÖV), kurz vor der Pensionierung und hatte das klassische Problem, seine Säule 3a in genau einem Topf zu haben, der er en bloc beziehen muss. Zum Essen gab’s Gschwellti mit lokal angebauten Walliser Tomaten, sechs Sorten Käse und Drumherum, ein Bier und sonst Wasser. Perfekt zum Auftanken. Hinterher Tiefschlaf.

Der Forumslader war bei 65% (Start bei 95%) wegen der vielen langsamen Bergfahrten, viel Licht und permanent angehängtem Smartphonenavi. Nicht übel für 12h unterwegs, meist ausserhalb des Tempobereichs, in dem am meisten Energie erzeugt wird.

Auch interessant: bei brouter kann man ja die Fahrzeugmasse und die Schuhgrösse Leistung eingeben und es berechnet am Ende auch die Fahrzeit. Auf der gefahrenen Strecke machen 10W Leistungsunterschied oder 10kg Masseunterschied jeweils etwa 25-30min Zeitunterschied für die Gesamtfahrzeit aus. Abnehmen? Motörli anbauen? Nabendynamo umpolen? 🙂

(Sorry, Titelkorrektur nach Veröffentlichung)