Am Sonntagmorgen bin ich geocachenderweise zum Invalidendom gezogen, wo ich mich um 10 Uhr mit Frank verabredet hatte. Der kam doch tatsächlich zu spät, da haben vier Jahre in Paris doch Spuren hinterlassen. Zusammen sind wir ins nahegelegene Palais de la Découverte gepilgert, was mit “Haus der Entdeckungen” nur unzureichend umschrieben ist. Darin haben wir uns geschlagene acht (!) Stunden aufgehalten, ohne daß uns langweilig geworden wäre. Wer das Deutsche Museum in München kennt: das Palais in Paris ist mindestens genauso gut. Einerseits gibt es eine dauerhafte Ausstellung mit Exponaten zu Physik, Chemie, Mathematik, Biologie und verwandten Naturwissenschaften. Wie die Franzosen so sind, wird halt fast alles nur auf Französisch erklärt, d.h. wenn man die Sprache nicht beherrscht, ist man aufgeschmissen. Allerdings geht das auch andersrum: wenn man die grundlegenden naturwissenschaftlichen Sachverhalte kennt, kann man sich sehr viel zusammenreimen, was irgendwo geschrieben steht oder gesprochen wird. Jedenfalls habe ich an dem Tag die volle Dröhnung Französisch bekommen und war selber überrascht, wie viel ich verstanden habe.
Neben den ständigen Exponaten gibt es auch tägliche Vorführungen, Präsentationen und Experimente, von denen wir uns fünf angeschaut haben:
- Electrostatique (statische Elektrizität)
- Etoiles et Galaxies (Sterne und Galaxien, im Planetarium)
- Réactions en tout genre (chemische Reaktionen)
- Changer d’état de -220°C à +100°C (Zustandsänderungen von -220°C bis 100°C)
- Les supraconducteurs (Supraleiter)
Der erste Vortrag zur Elektrostatik war am besten zu verstehen, weil die junge Frau sehr deutlich und klar gesprochen hat, was man dann von den nächsten drei Vorträgen nicht so ganz behaupten kann. Das tolle “ich-pinkele-an-den-Elektrozaun”-Experiment wurde sinngemäß mit ein paar Kindern nachgestellt: vier Kinder nebeneinander, und am Ende der Reihe eine starke Quelle statischer Elektrizität. Diese Elektrizität verteilt sich dann auf die Kinder, und wer näher dran steht an der Quelle, bekommt beim Anfassen der Erdung entsprechend einen stärkeren Schlag, solange alle voneinander getrennt sind. So weit, so gut. Es war einer dabei, der eine große Klappe hatte, der wurde ganz hinten hingestellt und bekam dann bei der getrennten Entladung kaum eine gewischt. Anders war es dann, als sich alle vier angefaßt hatten und der mit der großen Klappe am Ende wieder mit einer kleinen Entladung gerechnet hatte, die dann aber deutlich größer ausfiel als erwartet. Ansonsten gab es auch noch abstehende Haare aufgrund statischer Aufladung zu sehen.
Der zweite Vortrag war eher wie im Kino, nämlich im Planetarium. Das letzte Mal war ich vielleicht vor 20 Jahren im Planetarium und es hat mich überhaupt nicht interessiert. Wenn aber so ein guter Vortrag und so eine gute Präsentation mit Carl-Zeiss-Projektionsoptik damals schon gewesen wäre, wäre ich an Astronomie ganz anders herangegangen und hätte mir beispielsweise auch die Sternbilder, die von Australien aus sichtbar sind, mit ganz anderen Augen anschauen können. Sicher sind die alle irgendwie zusammenphantasiert, aber schon allein die Orientierung, die man am Nachthimmel bekommt, ist es wert, sich damit zu beschäftigen. Die Planeten, die ab und zu sichtbar sind, wurden auch gezeigt, die Ekliptik und die Revolution der Erde wurden sichtbar gemacht, schon alleine dafür hätte sich der Eintritt ins Palais gelohnt.
Im dritten Vortrag ging es um einige chemische Reaktionen, beispielsweise Zucker mit konz. Schwefelsäure oder auch einige anschauliche Farbwechselreaktionen mit verschobenem Reaktionsgleichgewicht. Aber da habe ich irgendwie nur die Hälfte verstanden, weil ich schon mit der Akustik so meine Probleme hatte. Das war halt Pariser Französisch, (sehr) schnell und teilweise undeutlich. Immerhin haben wir uns als “in-der-ersten-Reihe-Sitzende” nicht extrem blamiert, wenn es ums Mitmachen ging.
Der vierte Experimentalvortrag behandelte Aggregatzustandsänderungen und wurde von einem Mann präsentiert, der passenderweise ein T-Shirt mit dem Spruch “May the mass times acceleration be with you!” trug, quasi als obskure Star-Wars-Physik-Referenz. Flüssige Luft wurde gezeigt und genutzt, Wasser gekocht, die unterschiedlichen Siedetemperaturen bei unterschiedlichen Außendrücken veranschaulicht, etc. Alles bekannte Effekte, aber schön vorgestellt und ganz gut zum Lernen der Sprache.
Der fünfte Vortrag war dann der krönende Abschluß, als Stéphanie uns was über Supraleiter erzählt und auch alles gezeigt hat. Der schwebende Magnet ist ja inzwischen bekannt und nachdem sie uns locker-flockig in die Theorie eingeführt hat, kam das alles auch praktisch auf den Experimentiertisch. Hübsch und schwanger war sie auch noch und echt gut zu verstehen. Aber von Supraleitern brauchte sie mich nicht mehr zu überzeugen, die finde ich sowieso interessant.
Nach einer weiteren Wanderung durch Paris (das man wirklich gut erlaufen kann) waren wir irgendwo in Montparnasse in einer Touristenfalle zum Abendessen, wo ich mir das Fondue Suisse gegönnt habe. Lange nicht mehr so voll gewesen, der geschmolzene Emmentaler stopft doch ganz schön, dazu Brot, Kartoffeln und weitere Beilagen. Jedenfalls hatte ich hinterher nach der Wanderung zum Hotel Seitenstechen, weil ich so vollgefressen war.
Beim Herumlaufen in Paris habe ich auch gemerkt, daß ich das Schweizerdeutsch nicht mehr überhören kann, also nicht mehr abschalten und es ignorieren kann, wenn ich es höre. Bei Sprachen, die ich nicht verstehe, geht eine Unterhaltung nebenan einfach an mir vorbei, aber als in Paris beim Crêpe-Essen eine Gruppe Schweizer sich unterhalten hat, war ich sofort aus dem Französisch rausgerissen. Gutes oder schlechtes Zeichen?
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