Schon komisch, immer wenn ich irgendwo bin, fangen die Elektrizitätsversorger nach kurzer Zeit an, Glasfaser zu verlegen. Das war schon 2010 in Trondheim so, wo TrønderEnergi AS Glasfaser bis in die Häuser in den letzten kleinen Vororten verlegt hat. Jetzt auch hier in Uzwil, wo die St.Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke es gerade gleichtun. Meine 50 MBit/s reichen mir erstmal, aber mehr und vor allem symmetrische Bandbreite ist immer gut.
Category: Kulturelles
Wieder Herbst
Mit dem Sonnenschein und der Wärme der letzten Tage (heute beinahe 20°C) konnten sich auch die letzten Schneehaufen ihrem (*) Schicksal nicht mehr erwehren und sind in der Uze verschwunden. Hier noch einige Impressionen vom jetzt wieder goldenen Herbst. Wenn man sich den Blick gen Säntis vom Wildpark Peter und Paul in St. Gallen anschaut, könnte man glatt auf die Hangseite dort umziehen. Aber vermutlich wird auch der beste Blick irgendwann langweilig und man weiss erst, was man an ihm hatte, wenn er durch eine Zweitwohnung oder ähnliches verbaut wird.
(*) Tja, welcher Fall kommt da jetzt hin? Wenn ich mir die NZZ anschaue, steht nach trotz und wegen zum Beispiel meist der Dativ, wohingegen ich bisher den Genitiv gewohnt war (trotz dem schlechten Wetter, trotz des schlechten Wetters). Das hab ich schon meinen Studenten bei ihren schriftlichen Arbeiten gesagt, wenn es ähnlich Ambivalentes zu entscheiden gab und kein richtig/falsch: für eins entscheiden und dann konsequent und konsistent bleiben. Aus der Perspektive habe ich mich auch nicht mehr aufgeregt, als Ermittler Bukow im kürzlich ausgestrahlten Polizeiruf laut die Frage “Wisst ihr eigentlich, was das dem LKA gekostet hat?” gebrüllt hat. Für mich hätte da statt dem dem ein das hingehört, aber so einige Fehler gibt’s eh immer wieder und irgendwann wird das, was früher mal falsch war, in einer Sprache als richtig anerkannt. Lohnt sich nicht, sich darüber aufzuregen.
Schweiz-Norwegen 1:1
Das erste und bisher einzige grössere Fussballspiel, was ich gesehen habe, war der Match zwischen dem FC Kopenhagen und Rosenborg Trondheim, im Sommer 2010 in Trondheim, weil das Stadion direkt nebenan war. Gestern bin ich mit dem ÖV eine etwas weitere Strecke bis ins Stade de Suisse nach Bern gefahren, wo passenderweise das WM-Qualifikationsspiel Schweiz-Norwegen stattfand. Zur Anreise gab’s Sonderzüge, es verlief alles halbwegs gesittet und die Stimmung in den Zügen war schon vorher sehr gut, inklusive Hopp-Schwiiz- und anderen Schlachtrufen. Das Stadion war ausverkauft und mit Schal, Schminke und obligatorischem Winkelement ausgestattet habe ich auch etwas zur rot-weissen Stimmung beigetragen. Die Hymnen kannte ich beide und zwischendurch habe ich bei einigen Ansagen des Stadionsprechers gerätselt, was das jetzt für ein Schweizer Dialekt war, bis mir dann auffiel, dass es Norwegisch war. Und das ging offenbar auch einigen Schweizern so, von denen dann Sprüche kamen wie “Ey, was häsch Du jez für ä Dialecht?” Schade, dass die hochkochende Stimmung nach dem 1:0, das quasi direkt vor meiner Nase fiel, nur kurz bis zum darauffolgenden Gegentor währte. Die Parteiischkeit des Publikums bei jeder Schiedsrichterentscheidung war natürlich auch klar und ich bin ausserdem immer wieder überrascht, wieviel kleiner das Spielfeld im Vergleich zu den Fernsehbildern doch ist. Hinterher ging’s mit dem perfekt organisierten ÖV wieder zurück in die Heimat. Da habe ich dann noch pflichtschuldig das Altpapier zur Abholung bereitgestellt, bevor der Tag vorbei war.
Das auf den Bildern zu sehende Winkelement hatte mehrere Funktionen: erstens ist der Text der Nationalhymne drauf, zweitens steht drauf, was man rufen muss (“hopp schwiiz!”, drittens kann man’s beim Tor hochhalten (“Goooaaal”) und wenn man es als Fächer faltet, sorgt es für eine akustische Untermalung, die in ihrer Penetranz durchaus in Richtung Vuvuzela gehen kann. Ausserdem gab es noch geschenkte Smartphonehandschuhe, die ob der kühlen Temperaturen durchaus angebracht waren: in die drei hellen Fingerspitzen sind irgendwelche anderen Fasern eingewebt, so dass man mit den Handschuhen sein iPhone oder den Androiden bedienen kann.
Technorama
Wissenschaftsausstellungen oder ähnlich gelagerte Sammlungen ziehen mich irgendwie magnetisch an. Hier in der Nähe gibt’s das Technorama als einziges seiner Art in der Schweiz. Also her mit dem Billett, ab in den ÖV und heute den ganzen Tag in Winterthur im Technorama und hinterher in der leider verregneten Stadt verbracht, auch wenns Wetter eher zum Drinbleiben animiert hätte. Ich schätze, es waren mehr Kinder als Erwachsene da und im Vergleich zum Palais de la Découverte in Paris ist es auch alles viel weniger wissenschaftlich aufgebaut, sondern (noch) viel mehr zum Anfassen, Ausprobieren und Erleben, aber ohne die Erklärungen zu vernachlässigen. Da gibt’s auch nichts Besseres, damit physikalische Effekte einfach erlebt werden und deswegen im Gedächtnis bleiben. Sehr simpel, aber nachhaltig erklärt war zum Beispiel die Corioliskraft: es gab ein grosses Karussell, in das wir uns gesetzt haben und dann haben wir einfach ausprobiert, was passiert, wenn wir uns Bälle zuwerfen; a) wenn sich nichts dreht und b) wenn sich das Karussell dreht. Bei b) war’s schon sehr lustig zu sehen, wie der Ball eine Kreisbahn zu beschreiben scheint, wenn man ihn sich innerhalb des Karussells zuzuwerfen versucht. Von aussen gesehen beschrieb der Ball aber immer noch eine gerade Wurfbahn, nur dass man sich unter der Wurfbahn wegdreht.
Vorführungen gab es auch zur Genüge, und die waren dann wirklich für Kinder gemacht, aber auch so, dass sie einen bleibenden Eindruck hinterlassen würden, inklusive der Warnungen vor dem Knall und anderen optischen und akustischen Effekten. Da kann man sich also stundenlang drin aufhalten, ohne alles ausprobiert, errätselt, verstanden und hinterfragt zu haben. Und für Kinder gibt’s genug zum Spielen und bei Bedarf auch das entsprechend frequentierte Restaurant dazu.
IKEA missioniert
Neben etlichen Tippfehlern und sogar falschen Regalangaben und widersprüchlichen Abmessungsangaben für dasselbe Produkt betätigt sich IKEA jetzt darüberhinaus als Religionsgemeinschaft. Klar: dass man zur IKEA-Gemeinde gehört, akzeptiert man ja bereits beim Betreten des Geschäfts. Aber dass dann die bestellten Möbel bei der Warenausgabe auch noch ko-missioniert werden, fand ich dann doch ganz passend. Leider konnte ich das Segnungsritual nicht begutachten, weil es im Warenlager stattgefunden haben muss. Ausserdem muss IKEA mit der iSell-Nummer aufpassen, dass nicht der i-Konzern mit dem angebissenen Apfel daherkommt und darauf Anspruch erhebt. Ein Deppenleerzeichen hat’s da auch noch dazu.
Zum Obama-Romney-Duell habe ich mir meine eigene Meinung gebildet, indem ich mir unvorbelastet die originalsprachige Debatte angeschaut habe. Inhaltlich waren beide ebenbürtig, aber Romney war deutlich agiler, schlagfertiger, brauchte viel weniger Denkpausen und hat seine take-home-points viel besser rübergebracht als Obama, welcher ziemlich oft gezögert und pausiert hat. Charisma versprühen beide nicht unbedingt, aber stilistisch hat Romney tatsächlich gewonnen. Aber dass er den derzeitigen Boom bei der einheimischen Öl- und Gasförderung als nachhaltige Energieunabhängigkeit bezeichnet, ist schon ein guter Witz gewesen. Energieautarkie wäre aber tatsächlich etwas sehr Gutes, nur dann mit wirklich erneuerbaren Energien. Platz dafür hätte es in USA genügend und wenn man das Geld, was im Irak versenkt wurde, darin investiert hätte, wäre es durchaus besser für die Welt gewesen. Aber hey, irgendwo muss man ja die neuen Waffensysteme mal in echt ausprobieren.
Steckerstandard
Über Einwandererfeindlichkeit kann ich mich überhaupt nicht beklagen, ganz im Gegenteil. Mit so kleinen Details im Supermarkt wie dem abgebildeten anschraubbaren Stecker für eingeführte Elektrogeräte wird aber die Integration auch sehr einfach gemacht, gesetzt den Fall, man kann ein Sackmesser bedienen. Darüberhinaus ist der Stecker sowieso wieder “made in Germany”, das verfolgt mich irgendwie.
Gestern abend stand ausserdem auch der Billag-Mann vor meiner Tür. Das ist die hiesige GEZ, also der Apparat, der die Rundfunkgebühren kassiert. Er begehrte Einlass, den ich ihm gewährte, einfach weil ich sowieso mit ihm gerechnet hatte und die Gebühren auch budgetiert habe. Eigentlich hätte ich mich wohl selbständig anmelden müssen, aber ich habe ihn einfach mit “ach, na endlich, ich hab schon auf Sie gewartet!” begrüsst und mich dann noch ganz gut mit ihm unterhalten. Da ich wohl auch den Eindruck gemacht habe, dass ich sein Schweizerdeutsch verstehe, hat er auch gar nicht weiter nachgefragt, ob er Hochdeutsch sprechen soll. Das Beste war aus meiner Sicht, dass er die Gebühr oder den Beitrag (wird hier auch wie in .de auf Haushaltsbeitrag umgestellt) ganz klar als “Steuer” bezeichnet hat, was sie ja auch de facto ist. Allerdings habe ich hier im Vergleich mit Deutschland viel weniger den Eindruck, dass es tatsächlich eine Art Propagandasteuer ist. Und für Filme im Originalton zahle ich auch gerne, egal ob im TV oder im Kino. Meine Medien-Rundumversorgung, bestehend aus Kabel, Internet, NZZ, Billag und Natel kommt damit auf etwa 160 CHF im Monat.
Konzertwochenende und Wahlsonntag
Nachdem sich im Laufe der letzten Woche herausgestellt hatte, dass ich für Freitag noch eine Karte für die Vorstellung (inkl. Apéro) von Chili con Cello in Häggenschwil bekommen könnte, waren wir am Freitagabend tatsächlich als geschlossene 6er-Cellogruppe plus Partner und Versprengte anderer Streichergruppen des Orchesters dort. Das ganze Dorf war schon auf den Beinen, um die zahlreich anfahrenden Gäste parkplatzmässig einzuweisen. Erst gab’s leckeres Drei-Gänge-Abendessen, danach startete dann die zweiteilige Vorstellung, die sich wirklich lohnt. Es gab viel zu lachen, eingängige Musik, schöne Darstellung und es gibt eh nichts Besseres als fünf Celli auf der Bühne. Obwohl, doch, 12 Celli, aber die kann man nicht vergleichen. Als nächstes müsste ich jetzt rein theoretisch zu Apocalyptica, aber da weiss ich auch schon, dass es mir (zumindest auf den CDs) nach ein paar Liedern reicht. Kann sein, dass die live anders sind, aber das bleibt herauszufinden.
Am Samstag war abends ein weiteres Konzert in der Tonhalle Wil, wo zusammen mit dem Collegium Musicum Ostschweiz jungen Musikern die Möglichkeit gegeben wird, solistisch tätig zu werden. Der Höhepunkt war ganz klar Max Bruchs Kol Nidrei, umrahmt von zwei Bläserwerken, wiederum umrahmt von zwei von Mozarts Divertimenti.
Gestern folgte dann einer der zahlreichen Wahlsonntage, also die Eidgenössische Abstimmung. Einige Initiativen, die im Vorfeld von allen Seiten beleuchtet wurden, wurden an der Wahlurne bestätigt oder bachab geschickt, Details gibt’s natürlich bei der NZZ. Die Exponenten der Parteien haben sich in den Diskussionen zumindest deutlich weniger beharkt als das in Deutschland wohl der Fall gewesen wäre.
Das neue Tatort-Team lässt sich auch ganz gut an, aber in den letzten Wochen war doch der Höhepunkt die Szene, in der Borowski seinen Passat erschiesst: http://ottensmann.blogspot.ch/2012/09/nur-pferden-gibt-man-den-gnadenschuss.html.
Gegendarstellung
Wie zum Hohn stand gestern abend ein Tiefkühlkostlieferwagen vor der Tür und wer den Zusammenhang mit dem gestrigen Beitrag erkennt, möge sich glücklich schätzen. Ich wette, das Fahrzeug wurde aus Deutschland importiert, komplett mit der Beschriftung.
Und dass ich nach etwa 15 Jahren mal wieder Trio-Ragtimes spielen würde, in einer Besetzung für sechs Celli, das hätte ich auch nicht gedacht. Aber was man halt so in den Registerproben macht neben den offiziell zu probierenden und auch tatsächlich geprobten Werken… Ein paar andere Trios gab’s auch noch.
Lettre d’adieu
Geliebte, es war schön mit Dir. Über lange Jahre hast Du mich begleitet, wir sind miteinander durch dick und dünn gegangen und ich halte Dir auch noch eine Weile die Treue, wenn ich Dich im Portemonnaie mit mir herumtrage. Ich habe Dich immer gegen jedwede Art von Angriff verteidigt und in Schutz genommen und Dich auch ein bisschen am Leben erhalten, weil ich nicht von Dir lassen konnte. Deine Kurven und Rundungen habe ich immer geliebt, auch wenn das häufig zu Verwechslungen und Irritationen bei anderen Leuten geführt hat, wenn sie Dich, insbesondere im Ausland, nicht lesen konnten. Dir zuliebe habe ich sogar die FAZ abbestellt, einfach um ein Zeichen zu setzen, dass Du mir wichtig bist. Aber es hat alles nichts genutzt, nun trennen wir uns doch. Noch vor einem halben Jahr hätte ich nicht gedacht, dass es einmal so weit kommen und auch ich die Trennung wollen würde, für die von ausserhalb bereits eine Weile alle Weichen gestellt und alle Entwicklungen aufgegleist sind. Aber jetzt ist es tatsächlich so weit und ich verabschiede mich hochachtungsvoll von Dir. Ich werde Dich immer in guter Erinnerung behalten, geliebte Letter ß.
Winti-Tour
Der Samstag klang mit dem KultDay im Nachbardorf Oberuzwil aus, Beginn war gegen 17 Uhr und Ende irgendwann, als ich schon nicht mehr da war. Am besten fand ich Rough (AC/DC-ähnlich) und Drops, wobei die anderen natürlich auch nicht übel waren. Zwischendurch bin ich in den Umbaupausen auch noch ein paar Runden mit dem Rad gefahren, weil es abends doch empfindlich kühl wurde. Bis etwa 21 Uhr waren sogar noch ziemlich viele kleine Kinder mit und standen direkt vor der Bühne — aber vom Veranstalter wurden an der Bar Ohrstöpsel bereitgestellt, die ich dann auch bei sehr vielen Erwachsenen später gesehen habe. Es wurde sogar von der Bühne aus drauf hingewiesen, kein schlechter Zug.
Ein halb spontaner Entschluß war dann, heute nach Winterthur zu fahren. Nach Auflösung des Morgennebels ging es vorbei an Milchkuhweiden, saftig-grünen Wiesen und über viele Bäche, Bahnlinien und Straßen hinweg. Die Strecke verlief erstaunlich flach, war wie gewohnt sehr gut ausgeschildert und führte mich nach etwa 40km direkt ins Zentrum von Winterthur. Das hatte ich bei meinen Bewerbungsreisen Anfang Jahr nur flüchtig anschauen können, also nahm ich mir die Zeit, die Altstadt genauer unter die Lupe zu nehmen (Details siehe Fotos). Eigentlich hatte ich mir noch das Swiss Science Center Technorama vorgenommen, aber dafür wollte ich lieber mehr Zeit haben. Recht spontan stand ich gegen 13 Uhr auf dem Kirchplatz, vor mir die Kirche, hinter mir das Gewerbemuseum, was auch sehr interessant aussah. Also habe ich mir darin die beiden aktuellen Ausstellungen zu den Themen Oh, Plastiksack! und Heimliche Helden. Das Genie alltäglicher Dinge. angeschaut. Bei letzterer gab es so Dinge wie Reißverschlüsse, Gewebeband, Büroklammern, Kleiderbügel und Post-It-Notizen zu sehen. Nach einer weiteren Runde durch die Altstadt zog mich der Bahnhof an, ich löste die Billetts und verschwand wieder per SBB Richtung Uzwil. Aber ich komme wieder, versprochen, bei den vielen Museen, die es noch gibt, da braucht’s doch Zürich nicht, Winterthur ist viel schöner. Wenn letzteres einen like-Button hätte, würde ich draufdrücken. Aber mangels Gesichtsbuch-Mitgliedschaft könnte ich das wohl eh nicht 🙂
Und hier noch die Strecke: https://www.alltrails.com/explore/recording/20120916-uzwil-winterthur?u=m Ab etwa halber Strecke war ich im Tösstal und ab da ging’s nur noch abwärts. Außerdem hat der Tracker mal wieder erst ab Schwarzenbach vernünftig geloggt, so wie’s aussieht.