Wenn ich schon den ganzen Tag in den Daten anderer Firmen herumwühle, braucht’s zur Entspannung auch mal a) Schokolade und b) ein ausgezähltes Histogramm der Farbverteilung in der Schokoladentäfelchentüte. Jetzt kann man sich natürlich darüber streiten, inwieweit da keine Gleichverteilung vorliegt oder inwieweit die deutliche Mindermenge an roten Täfelchen zufällig ist oder nicht. Aber eigentlich ist das wurscht, es ist sowieso alles dieselbe Sorte.
Author: georgruss
Technorama
Wissenschaftsausstellungen oder ähnlich gelagerte Sammlungen ziehen mich irgendwie magnetisch an. Hier in der Nähe gibt’s das Technorama als einziges seiner Art in der Schweiz. Also her mit dem Billett, ab in den ÖV und heute den ganzen Tag in Winterthur im Technorama und hinterher in der leider verregneten Stadt verbracht, auch wenns Wetter eher zum Drinbleiben animiert hätte. Ich schätze, es waren mehr Kinder als Erwachsene da und im Vergleich zum Palais de la Découverte in Paris ist es auch alles viel weniger wissenschaftlich aufgebaut, sondern (noch) viel mehr zum Anfassen, Ausprobieren und Erleben, aber ohne die Erklärungen zu vernachlässigen. Da gibt’s auch nichts Besseres, damit physikalische Effekte einfach erlebt werden und deswegen im Gedächtnis bleiben. Sehr simpel, aber nachhaltig erklärt war zum Beispiel die Corioliskraft: es gab ein grosses Karussell, in das wir uns gesetzt haben und dann haben wir einfach ausprobiert, was passiert, wenn wir uns Bälle zuwerfen; a) wenn sich nichts dreht und b) wenn sich das Karussell dreht. Bei b) war’s schon sehr lustig zu sehen, wie der Ball eine Kreisbahn zu beschreiben scheint, wenn man ihn sich innerhalb des Karussells zuzuwerfen versucht. Von aussen gesehen beschrieb der Ball aber immer noch eine gerade Wurfbahn, nur dass man sich unter der Wurfbahn wegdreht.
Vorführungen gab es auch zur Genüge, und die waren dann wirklich für Kinder gemacht, aber auch so, dass sie einen bleibenden Eindruck hinterlassen würden, inklusive der Warnungen vor dem Knall und anderen optischen und akustischen Effekten. Da kann man sich also stundenlang drin aufhalten, ohne alles ausprobiert, errätselt, verstanden und hinterfragt zu haben. Und für Kinder gibt’s genug zum Spielen und bei Bedarf auch das entsprechend frequentierte Restaurant dazu.
IKEA missioniert
Neben etlichen Tippfehlern und sogar falschen Regalangaben und widersprüchlichen Abmessungsangaben für dasselbe Produkt betätigt sich IKEA jetzt darüberhinaus als Religionsgemeinschaft. Klar: dass man zur IKEA-Gemeinde gehört, akzeptiert man ja bereits beim Betreten des Geschäfts. Aber dass dann die bestellten Möbel bei der Warenausgabe auch noch ko-missioniert werden, fand ich dann doch ganz passend. Leider konnte ich das Segnungsritual nicht begutachten, weil es im Warenlager stattgefunden haben muss. Ausserdem muss IKEA mit der iSell-Nummer aufpassen, dass nicht der i-Konzern mit dem angebissenen Apfel daherkommt und darauf Anspruch erhebt. Ein Deppenleerzeichen hat’s da auch noch dazu.
Zum Obama-Romney-Duell habe ich mir meine eigene Meinung gebildet, indem ich mir unvorbelastet die originalsprachige Debatte angeschaut habe. Inhaltlich waren beide ebenbürtig, aber Romney war deutlich agiler, schlagfertiger, brauchte viel weniger Denkpausen und hat seine take-home-points viel besser rübergebracht als Obama, welcher ziemlich oft gezögert und pausiert hat. Charisma versprühen beide nicht unbedingt, aber stilistisch hat Romney tatsächlich gewonnen. Aber dass er den derzeitigen Boom bei der einheimischen Öl- und Gasförderung als nachhaltige Energieunabhängigkeit bezeichnet, ist schon ein guter Witz gewesen. Energieautarkie wäre aber tatsächlich etwas sehr Gutes, nur dann mit wirklich erneuerbaren Energien. Platz dafür hätte es in USA genügend und wenn man das Geld, was im Irak versenkt wurde, darin investiert hätte, wäre es durchaus besser für die Welt gewesen. Aber hey, irgendwo muss man ja die neuen Waffensysteme mal in echt ausprobieren.
Steckerstandard
Über Einwandererfeindlichkeit kann ich mich überhaupt nicht beklagen, ganz im Gegenteil. Mit so kleinen Details im Supermarkt wie dem abgebildeten anschraubbaren Stecker für eingeführte Elektrogeräte wird aber die Integration auch sehr einfach gemacht, gesetzt den Fall, man kann ein Sackmesser bedienen. Darüberhinaus ist der Stecker sowieso wieder “made in Germany”, das verfolgt mich irgendwie.
Gestern abend stand ausserdem auch der Billag-Mann vor meiner Tür. Das ist die hiesige GEZ, also der Apparat, der die Rundfunkgebühren kassiert. Er begehrte Einlass, den ich ihm gewährte, einfach weil ich sowieso mit ihm gerechnet hatte und die Gebühren auch budgetiert habe. Eigentlich hätte ich mich wohl selbständig anmelden müssen, aber ich habe ihn einfach mit “ach, na endlich, ich hab schon auf Sie gewartet!” begrüsst und mich dann noch ganz gut mit ihm unterhalten. Da ich wohl auch den Eindruck gemacht habe, dass ich sein Schweizerdeutsch verstehe, hat er auch gar nicht weiter nachgefragt, ob er Hochdeutsch sprechen soll. Das Beste war aus meiner Sicht, dass er die Gebühr oder den Beitrag (wird hier auch wie in .de auf Haushaltsbeitrag umgestellt) ganz klar als “Steuer” bezeichnet hat, was sie ja auch de facto ist. Allerdings habe ich hier im Vergleich mit Deutschland viel weniger den Eindruck, dass es tatsächlich eine Art Propagandasteuer ist. Und für Filme im Originalton zahle ich auch gerne, egal ob im TV oder im Kino. Meine Medien-Rundumversorgung, bestehend aus Kabel, Internet, NZZ, Billag und Natel kommt damit auf etwa 160 CHF im Monat.
Konzertwochenende und Wahlsonntag
Nachdem sich im Laufe der letzten Woche herausgestellt hatte, dass ich für Freitag noch eine Karte für die Vorstellung (inkl. Apéro) von Chili con Cello in Häggenschwil bekommen könnte, waren wir am Freitagabend tatsächlich als geschlossene 6er-Cellogruppe plus Partner und Versprengte anderer Streichergruppen des Orchesters dort. Das ganze Dorf war schon auf den Beinen, um die zahlreich anfahrenden Gäste parkplatzmässig einzuweisen. Erst gab’s leckeres Drei-Gänge-Abendessen, danach startete dann die zweiteilige Vorstellung, die sich wirklich lohnt. Es gab viel zu lachen, eingängige Musik, schöne Darstellung und es gibt eh nichts Besseres als fünf Celli auf der Bühne. Obwohl, doch, 12 Celli, aber die kann man nicht vergleichen. Als nächstes müsste ich jetzt rein theoretisch zu Apocalyptica, aber da weiss ich auch schon, dass es mir (zumindest auf den CDs) nach ein paar Liedern reicht. Kann sein, dass die live anders sind, aber das bleibt herauszufinden.
Am Samstag war abends ein weiteres Konzert in der Tonhalle Wil, wo zusammen mit dem Collegium Musicum Ostschweiz jungen Musikern die Möglichkeit gegeben wird, solistisch tätig zu werden. Der Höhepunkt war ganz klar Max Bruchs Kol Nidrei, umrahmt von zwei Bläserwerken, wiederum umrahmt von zwei von Mozarts Divertimenti.
Gestern folgte dann einer der zahlreichen Wahlsonntage, also die Eidgenössische Abstimmung. Einige Initiativen, die im Vorfeld von allen Seiten beleuchtet wurden, wurden an der Wahlurne bestätigt oder bachab geschickt, Details gibt’s natürlich bei der NZZ. Die Exponenten der Parteien haben sich in den Diskussionen zumindest deutlich weniger beharkt als das in Deutschland wohl der Fall gewesen wäre.
Das neue Tatort-Team lässt sich auch ganz gut an, aber in den letzten Wochen war doch der Höhepunkt die Szene, in der Borowski seinen Passat erschiesst: http://ottensmann.blogspot.ch/2012/09/nur-pferden-gibt-man-den-gnadenschuss.html.
Gegendarstellung
Wie zum Hohn stand gestern abend ein Tiefkühlkostlieferwagen vor der Tür und wer den Zusammenhang mit dem gestrigen Beitrag erkennt, möge sich glücklich schätzen. Ich wette, das Fahrzeug wurde aus Deutschland importiert, komplett mit der Beschriftung.
Und dass ich nach etwa 15 Jahren mal wieder Trio-Ragtimes spielen würde, in einer Besetzung für sechs Celli, das hätte ich auch nicht gedacht. Aber was man halt so in den Registerproben macht neben den offiziell zu probierenden und auch tatsächlich geprobten Werken… Ein paar andere Trios gab’s auch noch.
Lettre d’adieu
Geliebte, es war schön mit Dir. Über lange Jahre hast Du mich begleitet, wir sind miteinander durch dick und dünn gegangen und ich halte Dir auch noch eine Weile die Treue, wenn ich Dich im Portemonnaie mit mir herumtrage. Ich habe Dich immer gegen jedwede Art von Angriff verteidigt und in Schutz genommen und Dich auch ein bisschen am Leben erhalten, weil ich nicht von Dir lassen konnte. Deine Kurven und Rundungen habe ich immer geliebt, auch wenn das häufig zu Verwechslungen und Irritationen bei anderen Leuten geführt hat, wenn sie Dich, insbesondere im Ausland, nicht lesen konnten. Dir zuliebe habe ich sogar die FAZ abbestellt, einfach um ein Zeichen zu setzen, dass Du mir wichtig bist. Aber es hat alles nichts genutzt, nun trennen wir uns doch. Noch vor einem halben Jahr hätte ich nicht gedacht, dass es einmal so weit kommen und auch ich die Trennung wollen würde, für die von ausserhalb bereits eine Weile alle Weichen gestellt und alle Entwicklungen aufgegleist sind. Aber jetzt ist es tatsächlich so weit und ich verabschiede mich hochachtungsvoll von Dir. Ich werde Dich immer in guter Erinnerung behalten, geliebte Letter ß.
Winti-Tour
Der Samstag klang mit dem KultDay im Nachbardorf Oberuzwil aus, Beginn war gegen 17 Uhr und Ende irgendwann, als ich schon nicht mehr da war. Am besten fand ich Rough (AC/DC-ähnlich) und Drops, wobei die anderen natürlich auch nicht übel waren. Zwischendurch bin ich in den Umbaupausen auch noch ein paar Runden mit dem Rad gefahren, weil es abends doch empfindlich kühl wurde. Bis etwa 21 Uhr waren sogar noch ziemlich viele kleine Kinder mit und standen direkt vor der Bühne — aber vom Veranstalter wurden an der Bar Ohrstöpsel bereitgestellt, die ich dann auch bei sehr vielen Erwachsenen später gesehen habe. Es wurde sogar von der Bühne aus drauf hingewiesen, kein schlechter Zug.
Ein halb spontaner Entschluß war dann, heute nach Winterthur zu fahren. Nach Auflösung des Morgennebels ging es vorbei an Milchkuhweiden, saftig-grünen Wiesen und über viele Bäche, Bahnlinien und Straßen hinweg. Die Strecke verlief erstaunlich flach, war wie gewohnt sehr gut ausgeschildert und führte mich nach etwa 40km direkt ins Zentrum von Winterthur. Das hatte ich bei meinen Bewerbungsreisen Anfang Jahr nur flüchtig anschauen können, also nahm ich mir die Zeit, die Altstadt genauer unter die Lupe zu nehmen (Details siehe Fotos). Eigentlich hatte ich mir noch das Swiss Science Center Technorama vorgenommen, aber dafür wollte ich lieber mehr Zeit haben. Recht spontan stand ich gegen 13 Uhr auf dem Kirchplatz, vor mir die Kirche, hinter mir das Gewerbemuseum, was auch sehr interessant aussah. Also habe ich mir darin die beiden aktuellen Ausstellungen zu den Themen Oh, Plastiksack! und Heimliche Helden. Das Genie alltäglicher Dinge. angeschaut. Bei letzterer gab es so Dinge wie Reißverschlüsse, Gewebeband, Büroklammern, Kleiderbügel und Post-It-Notizen zu sehen. Nach einer weiteren Runde durch die Altstadt zog mich der Bahnhof an, ich löste die Billetts und verschwand wieder per SBB Richtung Uzwil. Aber ich komme wieder, versprochen, bei den vielen Museen, die es noch gibt, da braucht’s doch Zürich nicht, Winterthur ist viel schöner. Wenn letzteres einen like-Button hätte, würde ich draufdrücken. Aber mangels Gesichtsbuch-Mitgliedschaft könnte ich das wohl eh nicht 🙂
Und hier noch die Strecke: https://www.alltrails.com/explore/recording/20120916-uzwil-winterthur?u=m Ab etwa halber Strecke war ich im Tösstal und ab da ging’s nur noch abwärts. Außerdem hat der Tracker mal wieder erst ab Schwarzenbach vernünftig geloggt, so wie’s aussieht.
Rösti ohne Graben
Zu Rösti schreibe ich nicht viel. Ein bißchen besser kriege ich die noch hin, aber das war auch immerhin erst der zweite Versuch. Was man nicht alles aus Kartoffeln für leckere Sachen machen kann … Das daneben ist a) ein mißratenes Spiegelei und b) Pastetenfüllmasse, mit Gemüse verbessert. b) mache ich wohl das nächste Mal lieber auch komplett selbst, da weiß ich dann wenigstens, was drin ist.
Neuzuzügerbegrüssung
Gestern abend gab’s für alle seit der letzten Begrüßung Zugezogenen die sogenannte Neuzuzügerbegrüssung, die auch generell in Schweizer Gemeinden üblich ist. Das Programm dauerte von 18:30 bis 22:40, trotz anderslautenden exakten Zeitangaben auf der Einladung. Unser Gemeindepräsident Lucas Keel, der auch immer sehr schöne News schreibt, führte durch das Programm. Eine aktuelle News ist zum Beispiel über die finanzielle Situation der Gemeinde, was deutlich aufschlußreicher ist als das ständige Gejammere von Magdeburgs Lutz Trümper gegen das Land und den Bund, wobei es dort sowieso immer nur darum ging, wer nun mehr Schulden machen muß.
Sportvereine, Mitwirkungsmöglichkeiten, die drei Kirchgemeinden, die Bildungslandschaft und andere Dinge wurden vorgestellt, also wirklich ein Rundumschlag und natürlich kam auch Bühler nicht zu kurz. Insgesamt waren vielleicht 100 Leute da, bunt gemischte Sitzordnung mit Gemeinde- und Vereinsvertretern und Neuzuzügern. Ich war zufälligerweise den ganzen Abend mit den beiden Vertretern der evangelisch-methodistischen Kirche zugange und hab mich sehr gut mit den beiden über Gott und die Welt Schweiz unterhalten. Ich merke schon, wie ich hier Wurzeln schlage und sich langsam die Begriffe Heimat und Ausland umzukehren beginnen. Warum? Zig Gründe. Aber genauso fehlt mir auf die Frage Warum nicht? eine Antwort.
Nachdem sich die drei Kirchgemeindevertreter powerpoint-klickibuntimäßig vorgestellt hatten, kam dann von Lucas Keel noch der sehr passende Kommentar, daß sich diese drei verschiedenen Kirchen noch vor nicht allzu langer Zeit gegenseitig die Köpfe eingeschlagen haben. Es gibt ja andere Religionen, die das immer noch tun.
Noch ein Nachtrag: hier eine Pressemeldung von infowilplus.ch zur Neuzuzügerbegrüssung.