Insurance Innovators Counter Fraud, Apéro

Erstmal steigt man in Zürich nichtsahnend in den Flieger nach London-City und trifft da die eigene Ex-Chefin vom MGB — nicht schlecht, kurz geschwatzt, alles wie immer. Und ja, ich hab noch genügend Kontakte zu den Data-Science-Leuten und lade die auch immer regelmässig an meine eigenen Meetups ein. Das ist doch unternehmensunabhängig, uns interessieren immer nur die Daten.

Danach wollte ich eigentlich von LCY bis zur Tower Bridge laufen, aber weil ich doch noch Shortbread für den Nachwuchs kaufen sollte, hab ich die Zonenkarte für TfL gelöst und bin durch die Gegend gefahren. Ist ja wie das GA daheim, ähnliche Verkehrsdichte, nur alles lauter und dreckiger. Aber London scheint Fortschritte im Kampf gegen das Auto zu machen, es ist nicht mehr ganz so extrem nervig. Vielleicht wird es ja irgendwann doch noch angenehm hier. Nach dem Abklappern der drei grossen Retailer Tesco, Sainsbury’s und Marks&Spencer hatte ich ein Kilo Shortbread in verschiedensten Variationen beisammen. Das sollte bis kurz nach Ostern reichen.

Aber ich bin ja zur Konferenz hier: https://marketforcelive.com/insurance-innovators/events/counter-fraud/, also geht’s um Versicherungsbetrug, das ist ja auch genau mein Thema. Morgen darf ich dazu was erzählen, aber ich hab natürlich meine datengestützte Sichtweise. Wenn mir hier einer mit Machine Learning kommt, metzel ich den mit Argumenten nieder. Bei uns geht’s (noch) nicht und wenn’s gehen würde, hätte ich es schon gemacht. Gibt viel bessere Betrugserkenner, nämlich Menschen. Die muss man so gut wie möglich unterstützen und ihnen soviel wie möglich langweilige Arbeit abnehmen, das ist das, wofür ich mich einsetze. Dann können sie nämlich ihre Kernkompetenz einbringen und sich auf komische Verhaltensmuster von Kunden konzentrieren.

Der Klassiker, auf den ich immer wieder angesprochen werde, ist immer Machine Learning auf Schadenstexten, also auf der kurzen Beschreibung, die man im System vom Schadenmitarbeiter oder vom Kunden oder von wem auch immer erhält. Viel weiter als bis zur Erkennung, was das vielleicht für ein Schaden sein könnte, kommt man da maschinengestützt (mit Sicherheit!) nicht. Viele Landessprachen haben in diesem Fall auch mal Nachteile. Irgendjemand hat mich noch gefragt, ob man nicht gleich aus dem Anruf eines Kunden alles komplett automatisiert erkennen kann, das sei doch trivial. Klar. Wenn man nur Oxford-Englisch spricht oder eine andere Variante einer weltweit verbreiteten Sprache mit vielen Milliarden Beispieldatensätzen zum Trainieren. Wenn man aber vier Landessprachen hat plus zig verschiedene Dialekte, wo es eben keinen vernünftigen Korpus zum Trainieren von Spracherkennung gibt, fällt das einfach mal (vorerst noch) aus. Obwohl ich es mir noch lustig vorstelle, wenn man dann Dialekt transkribieren würde und es am Ende aussähe wie ein Buch von Pedro Lenz — “Liebi Mobiliar, di schöni Fanny het mis natel gschlisse” (klassischer Haftpflichtfall, erkennt man sofort, aber persönliche Beziehung vom Geschädigten zum Verursacher ist auch erkennbar).

Lustige Leute hab ich auch schon beim Pre-Conference-Event (in CH = ein Apéro) getroffen, nämlich zum Beispiel zufällig die, die unsere Scoring-Software herstellen. Nach einer regelgesteuerten Bewertung werden die Fälle manuell geprüft und das ist auch gut so, weil dann nämlich am Ende ein Mensch die Entscheidung trifft. Dauert länger, kostet eventuell mehr, aber ich find das prinzipiell sehr gut. Stichproben, Zufallstreffer, Bauchgefühlverdachtsmomente, alles drin. Genau wie bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen (auch wenn die noch mehr “false positives” akzeptieren, wenn sie dafür auch wirklich keinen “true positive” verpassen). Und: ich schau zu, dass ich das Regelwerk dahinter verbessere, dass also mehr Betrüger gefunden werden und gleichzeitig weniger ehrliche Kunden “verdächtigt” werden. Ganz klassisches Vorgehen in der Branche, ist auch alles Allgemeinwissen mit teilweise sehr lustigen Fällen:  https://www.bernerzeitung.ch/die-frechsten-versicherungsbetrueger/story/27006987 oder auch hier im Kassensturz.

Hotel, naja, Hilton halt. Hochpreisig, kann eigentlich auch nicht mehr als mein Schlafzimmer daheim und hat keine so gute Aussicht. Immerhin ein Bällebad. Rückflug gleich morgen abend.