Paris-Luzern-Uzwil

Am Montag ging’s mit dem vormittäglichen TGV (diesmal Doppelstock / Duplex) wieder dieselbe Strecke retour nach Zürich. Am Gare de Lyon in Paris gab’s irgendwie bewaffnete Polizei mit Schnellfeuergewehren, das fand ich nicht unbedingt erquicklich und habe mich deswegen auch ganz bestimmt nicht sicherer gefühlt. In Zürich bin ich dann Richtung Süden abgebogen, um in Luzern die 12 Cellisten anzuhören und anzuschauen. Gegen Nachmittag war ich also bereits in Luzern und bin überwältigt von der Schönheit der Stadt. Ich hätte ja nicht gedacht, daß Trondheim und Melbourne auf meiner Liste der schönsten Städte mal ernsthaft Konkurrenz bekommen könnten, aber jetzt ist es doch tatsächlich so weit. Ob unten nun ein Fjord ist oder der Vierwaldstättersee, ist eigentlich nebensächlich, nebenan ragen die Berge majestätisch aus dem Wasser, nur die Pfahlhäuser an der Nidelva gibt’s in Luzern nicht und vielleicht auch weniger Möwen, dafür entsprechend blau-grünes klares Wasser, mindestens genausoviel Kultur, Holzbrücken und Holzstege über die Reuss, Bootsfahrten auf dem See und genauso hohe Preise. Klar, Luzern ist halb so groß und schon von daher schwer zu vergleichen, aber da muß ich unbedingt noch mal hin, wenn auf den Bergen rundherum Schnee liegt. Die Stadtmauer habe ich auch angeschaut, bin auf einem der Türme gewesen und habe die atemberaubende Aussicht genossen (nebenan lag auch ein Geocache 🙂 ).

Das Konzert im KKL war hochkarätig und teilweise habe ich einfach nur die Augen geschlossen und zugehört. Mangels Vergleich kann ich aber nicht sagen, ob die Akustik des Konzertsaals tatsächlich so gut ist, wie sie immer beworben wird. Die 12 Cellisten haben die üblichen Stücke gespielt, ohne große Überraschungen und ich hatte gar nicht mit zwei Frauen in der Besetzung gerechnet. Die farblichen Unterschiede der Celli fand ich am besten, da war von hellbraun bis dunkelrot alles dabei. Als Zugaben gab es für dieses französische Kulturwochenende passend u.a. La Vie en Rose und Für mich soll’s rote Rosen regnen, denn eine Sängerin hatten sie auch dabei. Das KKL war zwar nicht komplett ausverkauft, aber doch sehr gut gefüllt, die Aussicht von der Terrasse auf den Vierwaldstättersee ebenfalls sehr schön und der Bahnhof liegt direkt daneben, so daß ich als Transferzeit von meinem Aussichtsplatz auf der 4. Galerie bis zum Platz im InterRegio nach Zürich nur fünf Minuten brauchte, ohne zu hetzen. Das war ein sehr würdiger Abschluß dieses Wochenendes. Gegen Mitternacht war ich wieder zu Hause, und sogar um die Uhrzeit waren noch etliche Leute mit der Bahn unterwegs.

Paris, Palais de la Découverte

Am Sonntagmorgen bin ich geocachenderweise zum Invalidendom gezogen, wo ich mich um 10 Uhr mit Frank verabredet hatte. Der kam doch tatsächlich zu spät, da haben vier Jahre in Paris doch Spuren hinterlassen. Zusammen sind wir ins nahegelegene Palais de la Découverte gepilgert, was mit “Haus der Entdeckungen” nur unzureichend umschrieben ist. Darin haben wir uns geschlagene acht (!) Stunden aufgehalten, ohne daß uns langweilig geworden wäre. Wer das Deutsche Museum in München kennt: das Palais in Paris ist mindestens genauso gut. Einerseits gibt es eine dauerhafte Ausstellung mit Exponaten zu Physik, Chemie, Mathematik, Biologie und verwandten Naturwissenschaften. Wie die Franzosen so sind, wird halt fast alles nur auf Französisch erklärt, d.h. wenn man die Sprache nicht beherrscht, ist man aufgeschmissen. Allerdings geht das auch andersrum: wenn man die grundlegenden naturwissenschaftlichen Sachverhalte kennt, kann man sich sehr viel zusammenreimen, was irgendwo geschrieben steht oder gesprochen wird. Jedenfalls habe ich an dem Tag die volle Dröhnung Französisch bekommen und war selber überrascht, wie viel ich verstanden habe.

Neben den ständigen Exponaten gibt es auch tägliche Vorführungen, Präsentationen und Experimente, von denen wir uns fünf angeschaut haben:

  • Electrostatique (statische Elektrizität)
  • Etoiles et Galaxies (Sterne und Galaxien, im Planetarium)
  • Réactions en tout genre (chemische Reaktionen)
  • Changer d’état de -220°C à +100°C (Zustandsänderungen von -220°C bis 100°C)
  • Les supraconducteurs (Supraleiter)

Der erste Vortrag zur Elektrostatik war am besten zu verstehen, weil die junge Frau sehr deutlich und klar gesprochen hat, was man dann von den nächsten drei Vorträgen nicht so ganz behaupten kann. Das tolle “ich-pinkele-an-den-Elektrozaun”-Experiment wurde sinngemäß mit ein paar Kindern nachgestellt: vier Kinder nebeneinander, und am Ende der Reihe eine starke Quelle statischer Elektrizität. Diese Elektrizität verteilt sich dann auf die Kinder, und wer näher dran steht an der Quelle, bekommt beim Anfassen der Erdung entsprechend einen stärkeren Schlag, solange alle voneinander getrennt sind. So weit, so gut. Es war einer dabei, der eine große Klappe hatte, der wurde ganz hinten hingestellt und bekam dann bei der getrennten Entladung kaum eine gewischt. Anders war es dann, als sich alle vier angefaßt hatten und der mit der großen Klappe am Ende wieder mit einer kleinen Entladung gerechnet hatte, die dann aber deutlich größer ausfiel als erwartet. Ansonsten gab es auch noch abstehende Haare aufgrund statischer Aufladung zu sehen.

Der zweite Vortrag war eher wie im Kino, nämlich im Planetarium. Das letzte Mal war ich vielleicht vor 20 Jahren im Planetarium und es hat mich überhaupt nicht interessiert. Wenn aber so ein guter Vortrag und so eine gute Präsentation mit Carl-Zeiss-Projektionsoptik damals schon gewesen wäre, wäre ich an Astronomie ganz anders herangegangen und hätte mir beispielsweise auch die Sternbilder, die von Australien aus sichtbar sind, mit ganz anderen Augen anschauen können. Sicher sind die alle irgendwie zusammenphantasiert, aber schon allein die Orientierung, die man am Nachthimmel bekommt, ist es wert, sich damit zu beschäftigen. Die Planeten, die ab und zu sichtbar sind, wurden auch gezeigt, die Ekliptik und die Revolution der Erde wurden sichtbar gemacht, schon alleine dafür hätte sich der Eintritt ins Palais gelohnt.

Im dritten Vortrag ging es um einige chemische Reaktionen, beispielsweise Zucker mit konz. Schwefelsäure oder auch einige anschauliche Farbwechselreaktionen mit verschobenem Reaktionsgleichgewicht. Aber da habe ich irgendwie nur die Hälfte verstanden, weil ich schon mit der Akustik so meine Probleme hatte. Das war halt Pariser Französisch, (sehr) schnell und teilweise undeutlich. Immerhin haben wir uns als “in-der-ersten-Reihe-Sitzende” nicht extrem blamiert, wenn es ums Mitmachen ging.

Der vierte Experimentalvortrag behandelte Aggregatzustandsänderungen und wurde von einem Mann präsentiert, der passenderweise ein T-Shirt mit dem Spruch “May the mass times acceleration be with you!” trug, quasi als obskure Star-Wars-Physik-Referenz. Flüssige Luft wurde gezeigt und genutzt, Wasser gekocht, die unterschiedlichen Siedetemperaturen bei unterschiedlichen Außendrücken veranschaulicht, etc. Alles bekannte Effekte, aber schön vorgestellt und ganz gut zum Lernen der Sprache.

Der fünfte Vortrag war dann der krönende Abschluß, als Stéphanie uns was über Supraleiter erzählt und auch alles gezeigt hat. Der schwebende Magnet ist ja inzwischen bekannt und nachdem sie uns locker-flockig in die Theorie eingeführt hat, kam das alles auch praktisch auf den Experimentiertisch. Hübsch und schwanger war sie auch noch und echt gut zu verstehen. Aber von Supraleitern brauchte sie mich nicht mehr zu überzeugen, die finde ich sowieso interessant.

Nach einer weiteren Wanderung durch Paris (das man wirklich gut erlaufen kann) waren wir irgendwo in Montparnasse in einer Touristenfalle zum Abendessen, wo ich mir das Fondue Suisse gegönnt habe. Lange nicht mehr so voll gewesen, der geschmolzene Emmentaler stopft doch ganz schön, dazu Brot, Kartoffeln und weitere Beilagen. Jedenfalls hatte ich hinterher nach der Wanderung zum Hotel Seitenstechen, weil ich so vollgefressen war.

Beim Herumlaufen in Paris habe ich auch gemerkt, daß ich das Schweizerdeutsch nicht mehr überhören kann, also nicht mehr abschalten und es ignorieren kann, wenn ich es höre. Bei Sprachen, die ich nicht verstehe, geht eine Unterhaltung nebenan einfach an mir vorbei, aber als in Paris beim Crêpe-Essen eine Gruppe Schweizer sich unterhalten hat, war ich sofort aus dem Französisch rausgerissen. Gutes oder schlechtes Zeichen?

Uzwil-Zürich-Paris

Ein schon länger geplantes Kulturwochenende begann für mich am frühen Samstagmorgen. Überflüssigerweise hatte ich wieder den Zug eine halbe Stunde eher gewählt, denn der eigentliche Zug von Uzwil nach Zürich um 06:30 Uhr hätte ja Verspätung haben können, so daß ich dann in Zürich den Anschlußzug (TGV) nach Paris hätte verpassen können. Da bin ich noch zu sehr DB-geschädigt, denn natürlich war ich pünktlich in Zürich und hatte dann massig Wartezeit zu verbringen. Immerhin wurde der TGV schon relativ früh bereitgestellt und ich konnte es mir bequem machen. Die Fahrt ging dann über Basel, Mulhouse, Dijon bis nach Paris Gare de Lyon, in vier Stunden, wobei erst auf der französischen Seite richtig schnell gefahren wurde. 320km/h hatte ich in einem schienengebundenen Fahrzeug bisher noch nicht erlebt, aber sonderlich spektakulär war es auch nicht.

In Paris bin ich gegen 11:30 angekommen und dann gleich mit Frank weiter Richtung Fontainebleau gefahren, was etwa 60-70km südöstlich von Paris liegt und wo wir uns hauptsächlich das Schloss Fontainebleau angeschaut haben. Das Schloß gilt als der erste Renaissancebau auf französischem Boden und wurde von den verschiedenen Ludwigs und anderen Königen mehrfach umgebaut, was man drin auch gesehen hat. Inzwischen ist es Weltkulturerbe und vor allem der Park außenrum ist ebenfalls sehr schön und weitläufig. Die verschiedenen Innenräume waren zwar auch sehr interessant, aber irgendwie hat es mich manchmal ganz schön erschlagen mit den vielen Ornamenten, Verzierungen, Wandteppichen und hierarchisch abgestuften Raumbezeichnungen. Immerhin konnte ich darüber mit Frank gut lästern. Je näher man mit den Räumen dem jeweiligen Herrscher kam, desto weniger Leute hatten zu diesen Räumen Zutritt. Besonders schön fand ich die riesige Bibliothek und einen der langen Säle sowie den Tanzsaal. Bei letzterem dachte ich beim Betreten nur, “nanu, der Parkett-Fußboden sieht aus wie in einer Turnhalle” und dann stand da “Ballsaal”, inklusive Orchesterempore mit guter Aussicht. Ich möchte ja nicht unbedingt wissen, wie stickig und warm das damals gewesen sein muß bei Kerzenbeleuchtung und anderer Körperhygiene.

Klar, das Referenzschloß ist immer noch Versailles, aber das ist auch nur noch etwas größer und von Touristen überlaufener. Nach der Rückfahrt sind wir noch etwas durch Paris “spaziert” (das waren insgesamt wohl etwa 50km zu Fuß am Wochenende), wo es auch nicht mehr so drückend heiß war wie noch ein paar Tage vorher. Abendstimmung, Crêpes, tote Mäuse in der Metro, nebenbei Frank als ein wandelndes Lexikon und gegen 23 Uhr bin ich erschöpft ins Bett gefallen. Man merkt auch deutlich, daß Paris eigentlich eine Stunde Zeitverschiebung haben müßte.

Hier die kommentierten Fotos: