DB und Stövchen

Um die nächste Kinder-Abhol-und-Zurückbring-mit-dem-Nachtzug-Woche zu vervollständigen, fehlte mir noch die letzte Rückfahrkarte Leipzig-Uzwil. Ab heute konnte ich die buchen, aber unpraktischerweise war das Buchungssystem der DB von 22-04 Uhr heute nacht (angekündigt) nicht verfügbar, sonst hätte ich gleich nach Mitternacht zugeschlagen. Also heute morgen nach dem Aufwachen gleich ran, um die Sparpreisfahrkarte abzustauben und dann wieder ins Bett zu gehen. Pustekuchen, ich habe alle Daten eingegeben und beim letzten Schritt der Buchung, nach welchem ich dann das Onlineticket erhalten sollte, hat das Buchungssystem einen Timeout produziert. Mehrfach, egal welcher Browser und egal, ob ich über Schweizer oder deutsche IP-Adresse buchen wollte. Intern schien aber doch die Verfügbarkeit von Sparpreisen abzunehmen, denn nach einigen Versuchen wurden die noch verfügbaren Sparpreise immer teurer. Also bin ich vor dem Frühstück ins Büro, habe es dort noch mal probiert, mit demselben Effekt. Nachdem dann auf der direkten Strecke die Preise schon bei 150 EUR (statt anfänglicher 92 EUR) lagen, wurde es mir doch zu bunt und ich bin dazu übergegangen, an der telefonischen Hotline die Bestellung durchzuführen. Das Sprachwahlsystem für die einzelnen Menüpunkte kam etwas durcheinander, als ich mich zwischendurch mit angelegtem Headset über die “Vollidioten” aufgeregt habe, denn es meinte was von “ich habe Ihre Eingabe leider nicht verstanden”. Inzwischen schien das Buchungssystem aber wieder voll hochgefahren zu sein, denn bereits nach dem zweiten Buchungsversuch der Callcenter-Mitarbeiterin wurde die Fahrkarte gebucht, aber da auf der direkten Strecke Leipzig-Zürich nichts mehr verfügbar war an günstigen Preisen, geht es jetzt eben via Berlin retour nach Hause am 17.02.

Was auch nirgends kommuniziert wurde, ist die Tatsache, dass alle Schlafwagen-Preise ab dem Fahrplanwechsel pauschal um 5 EUR pro Bett erhöht wurden. Wenn man also davon ausgeht, sonst im T3 (drei Betten im Schlafwagen-Abteil) 40 EUR zu zahlen, sind das 12.5% Preisaufschlag, was schon ziemlich ordentlich über der Inflation liegt.


Heute morgen habe ich ausserdem noch festgestellt, dass mir ein Stövchen für die gestern erstandene Bodumteekanne fehlt. Campingausrüstung ist aber vorhanden, also tut’s der Gaskocher auf kleinster Stufe. Das ist dann aber kein Stövchen, sondern eher ein Stöv. Im Prinzip täte es auch das Rechaud vom Fonduetopf, aber die vergällte Brennpaste (riecht genauso wie Brennspiritus und hat die blaue Farbe von Kupfersulfatlösung) muffelt doch etwas und es lässt sich auch noch schlechter regulieren.

Wieder Herbst

Mit dem Sonnenschein und der Wärme der letzten Tage (heute beinahe 20°C) konnten sich auch die letzten Schneehaufen ihrem (*) Schicksal nicht mehr erwehren und sind in der Uze verschwunden. Hier noch einige Impressionen vom jetzt wieder goldenen Herbst. Wenn man sich den Blick gen Säntis vom Wildpark Peter und Paul in St. Gallen anschaut, könnte man glatt auf die Hangseite dort umziehen. Aber vermutlich wird auch der beste Blick irgendwann langweilig und man weiss erst, was man an ihm hatte, wenn er durch eine Zweitwohnung oder ähnliches verbaut wird.

(*) Tja, welcher Fall kommt da jetzt hin? Wenn ich mir die NZZ anschaue, steht nach trotz und wegen zum Beispiel meist der Dativ, wohingegen ich bisher den Genitiv gewohnt war (trotz dem schlechten Wetter, trotz des schlechten Wetters). Das hab ich schon meinen Studenten bei ihren schriftlichen Arbeiten gesagt, wenn es ähnlich Ambivalentes zu entscheiden gab und kein richtig/falsch: für eins entscheiden und dann konsequent und konsistent bleiben. Aus der Perspektive habe ich mich auch nicht mehr aufgeregt, als Ermittler Bukow im kürzlich ausgestrahlten Polizeiruf laut die Frage “Wisst ihr eigentlich, was das dem LKA gekostet hat?” gebrüllt hat. Für mich hätte da statt dem dem ein das hingehört, aber so einige Fehler gibt’s eh immer wieder und irgendwann wird das, was früher mal falsch war, in einer Sprache als richtig anerkannt. Lohnt sich nicht, sich darüber aufzuregen.

Schneetreiben

Direkt vom sonnigen Herbst in Trondheim kommt jetzt gleich ein Zwischenwinter in Uzwil. Als ich am Dienstag mit dem Nachtzug gen Ausland (Deutschland) gefahren bin, war noch alles herbstlich, und bei der Rückkehr am Sonntagmorgen war es dickes Schneetreiben mit 20-30cm Neuschnee und Nachtfrost, tagsüber aber sehr sonnigem und warmem Wetter, perfekt für die Mädels, auch ohne Schneehosen. Das Wetter war teilweise richtig kitschig, aber eben richtig gut. Der Säntis sieht auch dementsprechend aus; das unten ist übrigens der Blick von Büroebene aus, wenn man am Kopierer steht oder eine Kaffeepause macht — kein Wunder, wenn da bei guter Sicht wahlweise der Papier- oder der Kaffeeverbrauch ziemlich steigt. Und solche Effekte kann man mit Data Mining nur schwer herausbekommen, da muss man schon die Leute vor Ort fragen.

Sonniger Herbst in Trondheim

Wenn man schon mal jemanden in Trondheim kennt, sollte man die Gelegenheit zum Besuch auch nutzen. Also ging es am Freitag mit KLM via Amsterdam nach Trondheim und am Sonntag dieselbe Strecke retour. Mit dem Wetter hätten wir auch absolut Pech haben können, aber dem war nicht so. Der Samstag war bis zum Anschlag sonnig, wobei für mich der Tageszeitunterschied wegen des Breitenunterschieds noch stärker ins Kontor schlug. Wenn man dann tatsächlich die Sonne lange nicht sehen sollte, dann würde das auch mich frustrieren. Da ich um diese Jahreszeit noch nicht in Trondheim oder so weit nördlich war, ist mir der niedrige Höhenwinkel der Sonne auch extrem aufgefallen; es ist, als ob man nach einer sehr langen Morgendämmerung und einem gefühlt ewigen Sonnenaufgang gleich wieder in die Nachmittags- und Abenddämmerung übergeht. Das bedeutet zwar weniger Tageslicht, aber dafür den ganzen Tag lang perfekt kitschiges Fotolicht, was in Zusammenhang mit dem sowieso schon sehr bunten Herbst einfach nur schön war.

Unsere Geocaching-Runde bzw. -Wanderung in der Bymarka war den ganzen Tag sehr schön, auch wenn es teilweise frostigen und andererseits auch wieder sehr matschigen Boden hatte. Nun ja, man kann nicht alles haben. Am Sonntag war es dann aber ziemlich bedeckt, so dass wir nur noch ein bisschen durch die Stadt gezogen sind. In der Nähe meiner letzten beiden Unterkünfte hat sich sehr viel getan in der relativ kurzen Zeit, es wird einfach sehr viel gebaut, wie auch im Rest der Stadt und insbesondere im Hafen. Faszinierend, wie sich dadurch auch die Umgebung charakterlich verändert. Keine Frage, mir gefällt’s da auch, aber meine Heimat ist jetzt tatsächlich woanders. Am Abend hat’s dann direkt neben uns im Pub gebrannt (Adresseavisen.no-Artikel), aber es war wohl nichts weiter passiert, dennoch gab’s ein grosses Aufgebot, was bei den vielen Holzhäusern aber auch verständlich ist.

Der Flughafenbus hatte zu meiner Überraschung tatsächlich WiFi, das kannte ich bisher nur aus dem Postauto hier in der Schweiz. Infrastruktur, sag ich nur, so muss das sein. Nachdem ich auf dem Hinweg von meiner Wohnungstür bis zum Gate am Flughafen Zürich nur 65 Minuten gebraucht hatte (davon 40min Zugfahrt), ging das retour genauso schnell und zuverlässig. So muss ein Flughafen sein, nur Tegel ist noch schneller, hat aber keinen Bahnanschluss.

Schweiz-Norwegen 1:1

Das erste und bisher einzige grössere Fussballspiel, was ich gesehen habe, war der Match zwischen dem FC Kopenhagen und Rosenborg Trondheim, im Sommer 2010 in Trondheim, weil das Stadion direkt nebenan war. Gestern bin ich mit dem ÖV eine etwas weitere Strecke bis ins Stade de Suisse nach Bern gefahren, wo passenderweise das WM-Qualifikationsspiel Schweiz-Norwegen stattfand. Zur Anreise gab’s Sonderzüge, es verlief alles halbwegs gesittet und die Stimmung in den Zügen war schon vorher sehr gut, inklusive Hopp-Schwiiz- und anderen Schlachtrufen. Das Stadion war ausverkauft und mit Schal, Schminke und obligatorischem Winkelement ausgestattet habe ich auch etwas zur rot-weissen Stimmung beigetragen. Die Hymnen kannte ich beide und zwischendurch habe ich bei einigen Ansagen des Stadionsprechers gerätselt, was das jetzt für ein Schweizer Dialekt war, bis mir dann auffiel, dass es Norwegisch war. Und das ging offenbar auch einigen Schweizern so, von denen dann Sprüche kamen wie “Ey, was häsch Du jez für ä Dialecht?” Schade, dass die hochkochende Stimmung nach dem 1:0, das quasi direkt vor meiner Nase fiel, nur kurz bis zum darauffolgenden Gegentor währte. Die Parteiischkeit des Publikums bei jeder Schiedsrichterentscheidung war natürlich auch klar und ich bin ausserdem immer wieder überrascht, wieviel kleiner das Spielfeld im Vergleich zu den Fernsehbildern doch ist. Hinterher ging’s mit dem perfekt organisierten ÖV wieder zurück in die Heimat. Da habe ich dann noch pflichtschuldig das Altpapier zur Abholung bereitgestellt, bevor der Tag vorbei war.

Das auf den Bildern zu sehende Winkelement hatte mehrere Funktionen: erstens ist der Text der Nationalhymne drauf, zweitens steht drauf, was man rufen muss (“hopp schwiiz!”, drittens kann man’s beim Tor hochhalten (“Goooaaal”) und wenn man es als Fächer faltet, sorgt es für eine akustische Untermalung, die in ihrer Penetranz durchaus in Richtung Vuvuzela gehen kann. Ausserdem gab es noch geschenkte Smartphonehandschuhe, die ob der kühlen Temperaturen durchaus angebracht waren: in die drei hellen Fingerspitzen sind irgendwelche anderen Fasern eingewebt, so dass man mit den Handschuhen sein iPhone oder den Androiden bedienen kann.

Technorama

Wissenschaftsausstellungen oder ähnlich gelagerte Sammlungen ziehen mich irgendwie magnetisch an. Hier in der Nähe gibt’s das Technorama als einziges seiner Art in der Schweiz. Also her mit dem Billett, ab in den ÖV und heute den ganzen Tag in Winterthur im Technorama und hinterher in der leider verregneten Stadt verbracht, auch wenns Wetter eher zum Drinbleiben animiert hätte. Ich schätze, es waren mehr Kinder als Erwachsene da und im Vergleich zum Palais de la Découverte in Paris ist es auch alles viel weniger wissenschaftlich aufgebaut, sondern (noch) viel mehr zum Anfassen, Ausprobieren und Erleben, aber ohne die Erklärungen zu vernachlässigen. Da gibt’s auch nichts Besseres, damit physikalische Effekte einfach erlebt werden und deswegen im Gedächtnis bleiben. Sehr simpel, aber nachhaltig erklärt war zum Beispiel die Corioliskraft: es gab ein grosses Karussell, in das wir uns gesetzt haben und dann haben wir einfach ausprobiert, was passiert, wenn wir uns Bälle zuwerfen; a) wenn sich nichts dreht und b) wenn sich das Karussell dreht. Bei b) war’s schon sehr lustig zu sehen, wie der Ball eine Kreisbahn zu beschreiben scheint, wenn man ihn sich innerhalb des Karussells zuzuwerfen versucht. Von aussen gesehen beschrieb der Ball aber immer noch eine gerade Wurfbahn, nur dass man sich unter der Wurfbahn wegdreht.

Vorführungen gab es auch zur Genüge, und die waren dann wirklich für Kinder gemacht, aber auch so, dass sie einen bleibenden Eindruck hinterlassen würden, inklusive der Warnungen vor dem Knall und anderen optischen und akustischen Effekten. Da kann man sich also stundenlang drin aufhalten, ohne alles ausprobiert, errätselt, verstanden und hinterfragt zu haben. Und für Kinder gibt’s genug zum Spielen und bei Bedarf auch das entsprechend frequentierte Restaurant dazu.

Winti-Tour

Der Samstag klang mit dem KultDay im Nachbardorf Oberuzwil aus, Beginn war gegen 17 Uhr und Ende irgendwann, als ich schon nicht mehr da war. Am besten fand ich Rough (AC/DC-ähnlich) und Drops, wobei die anderen natürlich auch nicht übel waren. Zwischendurch bin ich in den Umbaupausen auch noch ein paar Runden mit dem Rad gefahren, weil es abends doch empfindlich kühl wurde. Bis etwa 21 Uhr waren sogar noch ziemlich viele kleine Kinder mit und standen direkt vor der Bühne — aber vom Veranstalter wurden an der Bar Ohrstöpsel bereitgestellt, die ich dann auch bei sehr vielen Erwachsenen später gesehen habe. Es wurde sogar von der Bühne aus drauf hingewiesen, kein schlechter Zug.

Ein halb spontaner Entschluß war dann, heute nach Winterthur zu fahren. Nach Auflösung des Morgennebels ging es vorbei an Milchkuhweiden, saftig-grünen Wiesen und über viele Bäche, Bahnlinien und Straßen hinweg. Die Strecke verlief erstaunlich flach, war wie gewohnt sehr gut ausgeschildert und führte mich nach etwa 40km direkt ins Zentrum von Winterthur. Das hatte ich bei meinen Bewerbungsreisen Anfang Jahr nur flüchtig anschauen können, also nahm ich mir die Zeit, die Altstadt genauer unter die Lupe zu nehmen (Details siehe Fotos). Eigentlich hatte ich mir noch das Swiss Science Center Technorama vorgenommen, aber dafür wollte ich lieber mehr Zeit haben. Recht spontan stand ich gegen 13 Uhr auf dem Kirchplatz, vor mir die Kirche, hinter mir das Gewerbemuseum, was auch sehr interessant aussah. Also habe ich mir darin die beiden aktuellen Ausstellungen zu den Themen Oh, Plastiksack! und Heimliche Helden. Das Genie alltäglicher Dinge. angeschaut. Bei letzterer gab es so Dinge wie Reißverschlüsse, Gewebeband, Büroklammern, Kleiderbügel und Post-It-Notizen zu sehen. Nach einer weiteren Runde durch die Altstadt zog mich der Bahnhof an, ich löste die Billetts und verschwand wieder per SBB Richtung Uzwil. Aber ich komme wieder, versprochen, bei den vielen Museen, die es noch gibt, da braucht’s doch Zürich nicht, Winterthur ist viel schöner. Wenn letzteres einen like-Button hätte, würde ich draufdrücken. Aber mangels Gesichtsbuch-Mitgliedschaft könnte ich das wohl eh nicht 🙂

Und hier noch die Strecke: https://www.alltrails.com/explore/recording/20120916-uzwil-winterthur?u=m Ab etwa halber Strecke war ich im Tösstal und ab da ging’s nur noch abwärts. Außerdem hat der Tracker mal wieder erst ab Schwarzenbach vernünftig geloggt, so wie’s aussieht.

Schatzsuche am Sonntagmorgen

Schon wieder auf dem Rückweg vom Cache.
Während hier im Dorf noch alles schlief, machte ich mich spontanerweise auf, den neu rausgekommenen Geocache “Klothilde” aufzusuchen. Dazu etwas Hintergrund: durch die beiden Dörfer Oberuzwil und Niederuzwil, zwischen denen Uzwil liegt, fließt die Uze, ein eigentlich recht kleiner Bach. Allerdings, wie das so ist, können auch kleine Bäche mal zu reißenden Strömen werden, und das ist hier 1970 passiert. Dazu gibt’s bei der Gemeinde Uzwil eine kleine Fotogalerie mit Erklärungen. Bühler ist damals auch ziemlich abgesoffen, weil die Uze normalerweise direkt durchs Areal fließt. Wenn mich nicht alles täuscht, wurde als Gegenmaßnahme ein Entlastungsstollen gebohrt. Ich war zwar nicht in diesem Stollen, aber in einer ziemlich langen Uze-Unterführung, die momentan Niedrigwasser führt. Meinen Kommentar dazu gibt’s hier als Geocaching-Logeintrag. Insbesondere der ziemlich lange Kriechgang führt doch bei wiederholtem Ausführen zu straffen Oberschenkeln, aber vielleicht auch zu kaputten Kniegelenken. Auf dem Rückweg bin ich noch über den Friedhof spaziert, die Kirchglocken läuteten und die Menschen strömten in die Kirche. Ansonsten war’s wirklich unheimlich ruhig und schön.

Paris-Luzern-Uzwil

Am Montag ging’s mit dem vormittäglichen TGV (diesmal Doppelstock / Duplex) wieder dieselbe Strecke retour nach Zürich. Am Gare de Lyon in Paris gab’s irgendwie bewaffnete Polizei mit Schnellfeuergewehren, das fand ich nicht unbedingt erquicklich und habe mich deswegen auch ganz bestimmt nicht sicherer gefühlt. In Zürich bin ich dann Richtung Süden abgebogen, um in Luzern die 12 Cellisten anzuhören und anzuschauen. Gegen Nachmittag war ich also bereits in Luzern und bin überwältigt von der Schönheit der Stadt. Ich hätte ja nicht gedacht, daß Trondheim und Melbourne auf meiner Liste der schönsten Städte mal ernsthaft Konkurrenz bekommen könnten, aber jetzt ist es doch tatsächlich so weit. Ob unten nun ein Fjord ist oder der Vierwaldstättersee, ist eigentlich nebensächlich, nebenan ragen die Berge majestätisch aus dem Wasser, nur die Pfahlhäuser an der Nidelva gibt’s in Luzern nicht und vielleicht auch weniger Möwen, dafür entsprechend blau-grünes klares Wasser, mindestens genausoviel Kultur, Holzbrücken und Holzstege über die Reuss, Bootsfahrten auf dem See und genauso hohe Preise. Klar, Luzern ist halb so groß und schon von daher schwer zu vergleichen, aber da muß ich unbedingt noch mal hin, wenn auf den Bergen rundherum Schnee liegt. Die Stadtmauer habe ich auch angeschaut, bin auf einem der Türme gewesen und habe die atemberaubende Aussicht genossen (nebenan lag auch ein Geocache 🙂 ).

Das Konzert im KKL war hochkarätig und teilweise habe ich einfach nur die Augen geschlossen und zugehört. Mangels Vergleich kann ich aber nicht sagen, ob die Akustik des Konzertsaals tatsächlich so gut ist, wie sie immer beworben wird. Die 12 Cellisten haben die üblichen Stücke gespielt, ohne große Überraschungen und ich hatte gar nicht mit zwei Frauen in der Besetzung gerechnet. Die farblichen Unterschiede der Celli fand ich am besten, da war von hellbraun bis dunkelrot alles dabei. Als Zugaben gab es für dieses französische Kulturwochenende passend u.a. La Vie en Rose und Für mich soll’s rote Rosen regnen, denn eine Sängerin hatten sie auch dabei. Das KKL war zwar nicht komplett ausverkauft, aber doch sehr gut gefüllt, die Aussicht von der Terrasse auf den Vierwaldstättersee ebenfalls sehr schön und der Bahnhof liegt direkt daneben, so daß ich als Transferzeit von meinem Aussichtsplatz auf der 4. Galerie bis zum Platz im InterRegio nach Zürich nur fünf Minuten brauchte, ohne zu hetzen. Das war ein sehr würdiger Abschluß dieses Wochenendes. Gegen Mitternacht war ich wieder zu Hause, und sogar um die Uhrzeit waren noch etliche Leute mit der Bahn unterwegs.

Paris, Palais de la Découverte

Am Sonntagmorgen bin ich geocachenderweise zum Invalidendom gezogen, wo ich mich um 10 Uhr mit Frank verabredet hatte. Der kam doch tatsächlich zu spät, da haben vier Jahre in Paris doch Spuren hinterlassen. Zusammen sind wir ins nahegelegene Palais de la Découverte gepilgert, was mit “Haus der Entdeckungen” nur unzureichend umschrieben ist. Darin haben wir uns geschlagene acht (!) Stunden aufgehalten, ohne daß uns langweilig geworden wäre. Wer das Deutsche Museum in München kennt: das Palais in Paris ist mindestens genauso gut. Einerseits gibt es eine dauerhafte Ausstellung mit Exponaten zu Physik, Chemie, Mathematik, Biologie und verwandten Naturwissenschaften. Wie die Franzosen so sind, wird halt fast alles nur auf Französisch erklärt, d.h. wenn man die Sprache nicht beherrscht, ist man aufgeschmissen. Allerdings geht das auch andersrum: wenn man die grundlegenden naturwissenschaftlichen Sachverhalte kennt, kann man sich sehr viel zusammenreimen, was irgendwo geschrieben steht oder gesprochen wird. Jedenfalls habe ich an dem Tag die volle Dröhnung Französisch bekommen und war selber überrascht, wie viel ich verstanden habe.

Neben den ständigen Exponaten gibt es auch tägliche Vorführungen, Präsentationen und Experimente, von denen wir uns fünf angeschaut haben:

  • Electrostatique (statische Elektrizität)
  • Etoiles et Galaxies (Sterne und Galaxien, im Planetarium)
  • Réactions en tout genre (chemische Reaktionen)
  • Changer d’état de -220°C à +100°C (Zustandsänderungen von -220°C bis 100°C)
  • Les supraconducteurs (Supraleiter)

Der erste Vortrag zur Elektrostatik war am besten zu verstehen, weil die junge Frau sehr deutlich und klar gesprochen hat, was man dann von den nächsten drei Vorträgen nicht so ganz behaupten kann. Das tolle “ich-pinkele-an-den-Elektrozaun”-Experiment wurde sinngemäß mit ein paar Kindern nachgestellt: vier Kinder nebeneinander, und am Ende der Reihe eine starke Quelle statischer Elektrizität. Diese Elektrizität verteilt sich dann auf die Kinder, und wer näher dran steht an der Quelle, bekommt beim Anfassen der Erdung entsprechend einen stärkeren Schlag, solange alle voneinander getrennt sind. So weit, so gut. Es war einer dabei, der eine große Klappe hatte, der wurde ganz hinten hingestellt und bekam dann bei der getrennten Entladung kaum eine gewischt. Anders war es dann, als sich alle vier angefaßt hatten und der mit der großen Klappe am Ende wieder mit einer kleinen Entladung gerechnet hatte, die dann aber deutlich größer ausfiel als erwartet. Ansonsten gab es auch noch abstehende Haare aufgrund statischer Aufladung zu sehen.

Der zweite Vortrag war eher wie im Kino, nämlich im Planetarium. Das letzte Mal war ich vielleicht vor 20 Jahren im Planetarium und es hat mich überhaupt nicht interessiert. Wenn aber so ein guter Vortrag und so eine gute Präsentation mit Carl-Zeiss-Projektionsoptik damals schon gewesen wäre, wäre ich an Astronomie ganz anders herangegangen und hätte mir beispielsweise auch die Sternbilder, die von Australien aus sichtbar sind, mit ganz anderen Augen anschauen können. Sicher sind die alle irgendwie zusammenphantasiert, aber schon allein die Orientierung, die man am Nachthimmel bekommt, ist es wert, sich damit zu beschäftigen. Die Planeten, die ab und zu sichtbar sind, wurden auch gezeigt, die Ekliptik und die Revolution der Erde wurden sichtbar gemacht, schon alleine dafür hätte sich der Eintritt ins Palais gelohnt.

Im dritten Vortrag ging es um einige chemische Reaktionen, beispielsweise Zucker mit konz. Schwefelsäure oder auch einige anschauliche Farbwechselreaktionen mit verschobenem Reaktionsgleichgewicht. Aber da habe ich irgendwie nur die Hälfte verstanden, weil ich schon mit der Akustik so meine Probleme hatte. Das war halt Pariser Französisch, (sehr) schnell und teilweise undeutlich. Immerhin haben wir uns als “in-der-ersten-Reihe-Sitzende” nicht extrem blamiert, wenn es ums Mitmachen ging.

Der vierte Experimentalvortrag behandelte Aggregatzustandsänderungen und wurde von einem Mann präsentiert, der passenderweise ein T-Shirt mit dem Spruch “May the mass times acceleration be with you!” trug, quasi als obskure Star-Wars-Physik-Referenz. Flüssige Luft wurde gezeigt und genutzt, Wasser gekocht, die unterschiedlichen Siedetemperaturen bei unterschiedlichen Außendrücken veranschaulicht, etc. Alles bekannte Effekte, aber schön vorgestellt und ganz gut zum Lernen der Sprache.

Der fünfte Vortrag war dann der krönende Abschluß, als Stéphanie uns was über Supraleiter erzählt und auch alles gezeigt hat. Der schwebende Magnet ist ja inzwischen bekannt und nachdem sie uns locker-flockig in die Theorie eingeführt hat, kam das alles auch praktisch auf den Experimentiertisch. Hübsch und schwanger war sie auch noch und echt gut zu verstehen. Aber von Supraleitern brauchte sie mich nicht mehr zu überzeugen, die finde ich sowieso interessant.

Nach einer weiteren Wanderung durch Paris (das man wirklich gut erlaufen kann) waren wir irgendwo in Montparnasse in einer Touristenfalle zum Abendessen, wo ich mir das Fondue Suisse gegönnt habe. Lange nicht mehr so voll gewesen, der geschmolzene Emmentaler stopft doch ganz schön, dazu Brot, Kartoffeln und weitere Beilagen. Jedenfalls hatte ich hinterher nach der Wanderung zum Hotel Seitenstechen, weil ich so vollgefressen war.

Beim Herumlaufen in Paris habe ich auch gemerkt, daß ich das Schweizerdeutsch nicht mehr überhören kann, also nicht mehr abschalten und es ignorieren kann, wenn ich es höre. Bei Sprachen, die ich nicht verstehe, geht eine Unterhaltung nebenan einfach an mir vorbei, aber als in Paris beim Crêpe-Essen eine Gruppe Schweizer sich unterhalten hat, war ich sofort aus dem Französisch rausgerissen. Gutes oder schlechtes Zeichen?