ASC2016, Tag 5

Heute startete die längste Etappe (1359km) der American Solar Challenge. Der Himmel war morgens bedeckt und es war sehr schwül. Bei der Startaufstellung wurden wir nach hinten versetzt, wie einige andere Teams auch, angeblich weil wir zu spät am Start waren. Dabei haben sich viele Teams auch noch (unabsichtlich?) beim Start gegenseitig blockiert. Also mussten wir viele langsamere Teams dann nach der Ausfahrt aus Springfield erst wieder überholen, aber das war bei mehrspurigen Strassen kein Problem.

Unser Observer war zwischendurch auch mal weggenickt, aber wir haben uns trotzdem an alle Regeln gehalten.

Aus Datensicht am interessantesten ist, dass wir mit unseren Zellen und deren Verschaltung möglicherweise ein Problem haben, weil sie nicht soviel Leistung bringen wie sie sollen. Die Gesamtfläche der Zellen hängt an vier Powerpoint-Trackern (MPPT), die den optimalen Leistungspunkt der Solarzellen einstellen (Spannung halbwegs konstant, Strom variiert). Deren Strom- und Spannungswerte habe ich in den Telemetriedaten. Einer der MPPT liefert permanent zu wenig Leistung und nach einer Live-Analyse der Daten von heute (und auch der von den vergangenen Tagen) sind mit hoher Wahrscheinlichkeit ein paar Anschlüsse nicht ganz in Ordnung. Aufgrund des Leistungsabfalls von einem zum anderen Tracker (die eigentlich genau gleich sein sollten) haben wir auch schon plausible Vermutungen aufstellen können, welche Zellen genau betroffen sein könnten. Das zeigt sich dann beim Elektriker-Check. Schon nützlich, solche Datenanalysen, dafür bin ich ja mitgefahren 🙂

Gefahren sind wir 566km (das sagt zumindest der Kilometerzähler im Solarauto) und stehen jetzt kurz vor Sabetha, Kansas. Morgen überqueren wir dann die Grenze nach Nebraska und fahren weiter Richtung Westen. Ein weiterer Zeitzonenwechsel folgt auch noch, vermutlich übermorgen. Die Landschaft ist langweilig. Ein bisschen hügelig, manchmal links Mais und rechts Soja, manchmal umgekehrt.

Lustige Kreuzungen gibt's hier. Wie im Lehrbuch für Autobahnbauer.
Lustige Kreuzungen gibt’s hier. Wie im Lehrbuch für Autobahnbauer.
Hügelig, langweilig.
Hügelig, langweilig.

ASC2016, Tag 4

Am vierten Tag der Challenge ist die morgendliche Charging Session mal wieder ins Wasser gefallen. Losgefahren sind wir mit ziemlich leerer Batterie, so dass die Spannung an den Steigungen ziemlich stark einbrach. Damit das BMS (Batterieüberwachung) nicht auslöst, darf die Spannung nicht zu weit abfallen, also hat unser Fahrer Michael dann einen sehr guten Job darin gemacht, fast mit konstanter Leistung zu fahren. D.h. wir haben die Geschwindigkeit von 30 oder 35 mph angegeben und er ist dann abwärts schneller gerollt und aufwärts entsprechend langsamer. Beim Velo würde man das direkt merken, ich fahre da auch auf längeren Touren fast immer mit konstanter Leistung.

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ASC2016, Tag 3

Von 5-7 Uhr (Central Time) war heute Regen. Als es bei mir ins Zelt tröpfelte, bin ich dann ziemlich schnell aufgestanden. Der Campingplatz wurde nach einer Weile Regen und schweren Fahrzeugen zum üblichen OpenAir-St.-Gallen-Sittertobel-Platz, aber wir mussten ja dann eh los.

Weil wir kurz nach Etappenstart bereits über die Zeitzonengrenze fahren würden, wurde vorher entschieden, gleich die ganze Etappe in der neuen Zeitzone zu fahren. Das heisst, unser Start war 07 Uhr Central Time, was in der Zeitzone vorher (Eastern Time) 08 Uhr war, d.h. gefühlt (und tatsächlich) eine Stunde später.

Geplant waren 450km bei einer gesamten Etappenlänge von 817 Kilometer. Bis zum Kontrollstop lief alles super, ausser dass nicht sehr viel Sonnenenergie reinkam. Morgens war es, wie oben geschrieben, regnerisch und dann recht lange bedeckt und regnerisch (09-10:45 Uhr).

Die Landschaft ist ziemlich langweilig, es gibt zu 95% Maisfelder — kein Wunder, wenn die hier alles mit High Fructose Corn Syrup süssen, irgendwo muss es ja herkommen. Den Kontrollstop haben wir um 14:33 erreicht, Abfahrt hätte um 15:18 Uhr sein sollen, aber wir hatten für weitere 20 Minuten technische Probleme. Dazu kamen auf der weiteren Strecke noch zwei Navigationsfehler, die aber nur wenig Auswirkungen hatten: zum Glück kann man hier auf dem Highway über den sehr breiten Mittelstreifen die Fahrtrichtung wechseln, ansonsten wäre die nächste Abfahrt erst nach 10 Kilometern gekommen.

Später wurde es hügelig, so dass die Batteriespannung an den Steigungen einzubrechen begann. An einer der Steigungen tat dann das Batterie-Management-System auch das, wofür es gedacht ist: es schaltete ab, weil einzelne Zellen die Mindestspannung unterschritten hatten. Drum mussten wir am nächstmöglichen Punkt runter vom Highway, ein paar Kilometer nördlich von Farmington, Missouri.

Regen am frühen Morgen.
Regen am frühen Morgen.
Kleines Auto auf grosser Fahrt auf dem Highway.
Kleines Auto auf grosser Fahrt auf dem Highway.
Sorum kann man auch im Van sitzen. Fast wie auf Island.
Sorum kann man auch im Van sitzen. Fast wie auf Island.
Der Mississippi.
Der Mississippi.
Kurz vor der Mississippibrücke.
Kurz vor der Mississippibrücke.
Nach dem Regen, noch nasse Panels.
Nach dem Regen, noch nasse Panels.

ASC2016, Tag 2, Bilder

Während es am Morgen des dritten Tages regnet und vollständig bedeckt ist, hier noch ein paar Bilder von gestern. Wir warten drauf, dass es aufhört zu regnen und müssen vielleicht mit nicht voll geladener Batterie weiterfahren. Das wirft natürlich die ganze Strategie über den Haufen, aber viel weiter als bis zum nächsten Morgen plane ich eh nicht. Also: langsam fahren und zur Not nochmal anhalten, wenn sich die Sonne zeigt.
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ASC2016, Tag 2

Aufgrund der Bedingungen der Challenge kommen heute alle Teams am Stage Point in Vincennes an und fahren morgen wieder gleichzeitig von dort los. Da wir gestern gut vorangekommen sind, waren heute nur noch 240km zu fahren, was entsprechend schon am Mittag fertig war. Meine Berechnungen hatten ergeben, dass es sich lohnen könnte, morgens eine Viertelstunde später loszufahren und dafür noch Energie mitzunehmen. Ob ich mich verrechnet habe, sehen wir morgen am Tag 3 vor dem Start.

Besondere Vorkommnisse gab es keine, ausser dass ich mal beim Überwachen der Daten gesehen habe, dass die PV-Zellen keine Leistung liefern, so dass wir dann einen kurzen Kontrollstop eingelegt haben. Danach ging alles wieder reibungslos bis zum Ende der Etappe um 12:47 Uhr.

Eine Viertelstunde nach Ankunft konnten wir noch laden, jetzt ist die Batterie versiegelt und erst heute abend können alle Teams von 18-20 Uhr wieder laden. Dasselbe morgen früh von 07-09 Uhr. Wenn die Batterie dann nahezu voll ist, hab ich mich nicht verrechnet. Momentan sind wir an zweiter Stelle und wenn Team Michigan nichts Aussergewöhnliches passiert, kommen wir auch nicht weiter nach vorne.

Zur Zeit mache ich also auch nichts anderes als sonst im Büro, aber mit viel mehr Zeitdruck und viel mehr Stress und Verantwortung. Programmieren, rechnen, nachdenken. Nützliche Ergebnisse kommunizieren, z.B. “speed up to 55 miles per hour, we need to use more energy” oder “fahrsch e chli langsamer, mer müent s bitz ufpasse mit d batterie”. Ad-Hoc-Anfragen mach ich auch. Gleichwohl bin ich von allen anderen Leuten abhängig (Mechanik, Elektrik) und kann ohne deren geniale Vorarbeit nichts tun. Zumindest weiss ich jetzt, wozu ich hier mitfahre und die anderen wissen’s irgendwann auch. Wenn alles gut läuft, will’s keiner gewesen sein, und wenn ich mich verrechne, bin ich der Depp. Auch das wie üblich als Informatiker 🙂

Statistiken folgen noch.

Die Beispiel-Statistiken vom ersten Renntag. Einheiten vergessen, ich weiss. Ist aber alles metrisch und in W bzw. Wh.
Die Beispiel-Statstiken vom ersten Renntag. Einheiten vergessen, ich weiss. Ist aber alles metrisch und in W bzw. Wh.

So ungefähr sieht eins meiner Daten-DashboardsArmaturenbretter aus. Alles, was mit Leistung und Energie am Dreieck Motor–Batterie–Zellen zu tun hat. Ob das genau so hinkommt, weiss ich auch noch nicht, es sind beispielsweise keine Wirkungsgrade (Laden, Entladen, Umwandeln) mit eingerechnet. Die Batterieladung dürfte daher schon etwas abweichen.

Schön bunt. Hilft beim Abschätzen der Solarenergie über die Zeit.
Schön bunt. Hilft beim Abschätzen der Solarenergie über die Zeit.

Mal angenommen, ich muss für eine zu fahrende Strecke (240km) abschätzen, wie lange wir brauchen, wieviel Energie wir brauchen und wieviel Energie reinkommt. Das geht mit diesen Grafiken ganz gut. Jeder Balken stellt eine halbe Stunde dar und ich kann für die verschiedenen Streckenorte schätzen, wieviel Energie in dieser Zeit über die Panels ankommt bei voller Sonne. Die Entladung über den Motor kann ich ganz gut schätzen, vielleicht 15-17 Wh/km. Dann brauche ich für den Stage Stop heute z.B. noch ein Ziel an Batterie-Entladung (z.B. 3000Wh freie Kapazität), weil ich weiss, dass am Abend und am nächsten Morgen noch Energie kommt (z.B. zweimal 1.5kWh), die es mitzunehmen gilt, bevor wir wieder fahren können. Diese Überschlagsrechnungen (schönes Wort dafür: Triage) mache ich relativ häufig und bisher hat es gut gestimmt. Wenn mich jemand fragt, wie voll die Batterie ist, kann ich dann eine (aus meiner Sicht sinnlose) Prozentzahl angeben und alle sind zufrieden. Ist schon deutlich genauer als meine Glaskugel für datenlose Analysen 😀

Ruhetag zur Vorbereitung

In der Nähe von Cleveland war heute ein Ruhetag, an dem auch die Siegerehrung des FSGP2016 stattfand und wir ebenfalls vom National Park Service über selbigen informiert wurden. Am Nachmittag gab es (nach dem ordentlichen Regenschauer) eine Ausstellung aller Solarautos für die interessierte Öffentlichkeit.
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Disqualifiziert und qualifiziert

SER-2 und das Team auf dem Pittsburgh Race Complex.
SER-2 und das Team auf dem Pittsburgh Race Complex.

Das Ergebnis des Qualifyings war über längere Zeit absehbar, zumindest das rein vom Reglement her vorgesehene. SER-1 (drei Räder) hat sich nicht qualifiziert, weil weder an einem Tag 330km noch an zwei Tagen 495km auf der Rennstrecke gefahren wurden. Ausserdem hat auch nur einer unserer Fahrer genügend Runden auf dem Fahrzeug gemacht. SER-2 hat sich ebenfalls nicht qualifiziert, aber deutlich knapper und alle Fahrer sind mit der Mindestrundenzahl qualifiziert.

Eigentlich gibt’s also keine Solar Challenge für unsere beiden Teams.

Nach Diskussionen und Verhandlungen mit der Rennleitung dürfen wir aber trotzdem provisional mit SER-2 mitfahren und müssen auf der ersten Etappe unter Beweis stellen, dass wir sie aus eigener Kraft schaffen, d.h. das Fahrzeug nicht auf den Hänger laden und dass wir innerhalb der zulässigen Zeiten für Checkpoint und/oder Stage Point bleiben. Wenn wir das schaffen, sind wir ab dann wieder ganz normale Rennteilnehmer.

Das Beste am Fahren auf der Rennstrecke mit den Solarautos war die beinahe Geräuschlosigkeit der vorbeifahrenden Fahrzeuge; kaum Luftwiderstand, keine extrem hohen Geschwindigkeiten, leichte Fahrzeuge, schmale Reifen.

Morgens um 06:30 am Motel im Osten von Cleveland.
Morgens um 06:30 am Motel im Osten von Cleveland.

Daten krieg ich am ersten Renntag und ob die so aussehen, wie ich das gebrauchen kann und auch alle notwendigen Informationen enthalten, seh ich dann. Bis dahin muss ich die theoretischen Grafiken auch noch nicht weiter verbessern, denn in den Tagesrandzeiten müsste ich eigentlich noch die Ladezeiten abschneiden: man darf erst ab 07 Uhr laden und auch abends nur bis 20 Uhr. Aber erstmal müssen wir sowieso sehen, dass das Solarauto SER-2 zuverlässig läuft. Unsere beiden Teams (Teamnummern 15 und 51) sind jetzt zusammengelegt worden. Für mich hat das den Vorteil, dass ich nicht für zwei verschiedene Fahrzeuge Daten auswerten muss und dass ich für SER-2 schon ein Gefühl für Ladeleistungen und Verbräuche habe von der World Solar Challenge 2013 in Australien. Ob das hilft, werde ich noch sehen. Gefühle für ein Auto, dass es mal bei mir soweit kommen würde 🙂

Scrutineering erfolgreich

Der letzte noch ausstehende Test vom Fahrverhalten, nämlich die Verzögerungsleistung der Bremsen, war heute nach etlichen Anläufen auch noch erfolgreich. Leider nicht zu 100%, das wären 4.72m/s^2 auf nassem Asphalt gewesen. Wir haben die Verzögerung nur auf trockenem Asphalt erreicht, so dass das eine Zeitstrafe von fünf Minuten pro Renntag (d.h. 40 Minuten über die Gesamtdistanz) zur Folge hat. Aber immerhin dürfen wir jetzt ins Qualifying.
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Korrigierte Leistungs-/Arbeitsgrafiken

Der Teufel steckt im Detail. Grad zur Mittagspause im Solar Noon fiel mir ein, warum der Sonnenuntergang (und auch der Solar Noon) nicht gestimmt haben: ich hatte den Solar Noon fix auf 12 Uhr gesetzt im Code, was natürlich nicht stimmt. Es ist eher um 13:30 Uhr herum, also hab ich das jetzt angepasst für die paar Streckenorte. Ausserdem war Topeka KS zweimal bei meinen Stage Stops vorhanden, was aber nicht aufgefallen ist in den Grafiken, weil ich die Beschriftung noch nicht exakt gemacht hatte.

Jetzt stimmt’s dafür, aber die grundlegenden Aussage, dass sich die Streckenorte von der Energie her nicht stark unterscheiden stimmt. Es gibt allerdings Verschiebungen im Tagesverlauf und die Zeitzonensprünge sind auch nicht berücksichtigt. Aber beides ist für die Gesamtenergie nicht relevant. Eine Kalibrierung steht noch aus, beide Solarautos fahren inzwischen draussen herum.