Humor beim Frühstück

Ausschnitt NZZ-Titelseite vom 20.06.2013
Ausschnitt NZZ-Titelseite vom 20.06.2013
Soll ich das jetzt als unfreiwilligen oder als beabsichtigten Humor auf der Titelseite deuten? Das geht schon in die Richtung des Newsticker vom Postillon. Weil’s so gut ist, hier der Link zur fünften Folge von Tagesschaum. Dafür lohnte sich jeder Gebühren-Euro, genauso wie sich jeder Gebühren-Franken für Giacobbo/Müller lohnt.

Ulrich Schmid über Sternchen Rainer Brüderle

Mein erfrischender Lieblings-Deutschlandkorrespondent der NZZ, Ulrich Schmid, sorgte heute mal wieder für Erheiterung beim Frühstück, da er im Artikel Brüderle beschäftigt Medien und Politik (NZZ 29.01.2013) im Abschnitt “Aufblähung” Folgendes schreibt:

Die vom Feminismus der siebziger und achtziger Jahre eingeleitete Sexismus-Debatte ist neu entbrannt und wird mit Sicherheit noch eine Weile weiterschwelen. Praktisch durchs Band weg wird dabei aber übersehen, dass der «Stern» wahrlich keine emanzipativen Ansichten hegte, als er seine gut abgehangene Story publizierte. Das offen sexistische Blatt, das auch noch eine Titelgeschichte über Waldameisen mit einer nackten Frau auf der Front bewerben würde, hat ganz einfach Kasse machen wollen. Darauf darf man verweisen, und einige Medien taten es auch, schüchtern genug. Die Apologeten Brüderles allerdings zogen es vor, die berechtigte Kritik an einem gesellschaftlichen Missstand feierlich zum neuen Puritanismus hochzustilisieren, so, wie es etwa die «Welt» tat.

Schwarze Schafe mit und ohne Glocken

Ich hab noch nie eingesehen, warum man die NPD verbieten sollte. Die ist in Deutschland überhaupt kein Problem, das dringlich zu lösen wäre. Deren Parlamentarier, so sie denn in einem Parlament sitzen, demontieren sich jeweils selbst, da muss man nicht mal viel dagegen tun. Verfassungsfeindlich ist sie sowieso, aber gerade das hält doch eine Demokratie aus. Immerhin sitze ich jetzt ausserhalb des Tellerrands, über den ziemlich viele deutsche Medien in diesem Fall nicht schauen, und da kommt mir doch der NZZ-Artikel vom 05.12. dazu gerade recht: Deutschland misstraut sich, besser kann man es nicht ausdrücken. In dieselbe Kerbe schlug heute der Artikel von Ulrich Schmid: Neonazis spalten Bund und Länder.

Ich finde, mit einem schwarzen Schaf unter vielen anderen auch nicht ganz weissen Schafen in der deutschen Parteienlandschaft kann man sehr gut leben. Momentan haben die auch noch alle laut bömmelnde Glocken um. Wenn man jetzt dem einen schwarzen Schaf durch ein Verbot die Glocke abnähme, dann wüsste man nicht mehr, wo es ist und hätte viel mehr Mühe, aufzupassen, dass daraus nicht mal ein Wolf wird.

Jaja, der Logarithmus und die Inflation

Gerade las ich in der NZZ, dass die US-Notenbank vorübergehend einen halben Prozentpunkt mehr Inflation zulassen möchte, also dass nicht mehr 2% Inflation als Preisstabilität gelten sollen, sondern 2,5% als solche. Die können schon ziemlich gut rechnen beim Fed, denn mit nur einem halben Prozentpunkt mehr an zugelassener Inflation verkürzt sich die Dauer bis zur Halbierung des Wertes der Staatsschulden (Entwertung durch Inflation) gleich mal um sieben Jahre (von 35 auf 28 Jahre). Wenn man in der Zeit dann noch nur 1,5% Zinsen aufs Ersparte bekommt, wird das auch noch zusätzlich im Wert reduziert, ohne dass man es aktiv und schmerzhaft bemerkt. Geld selbst hat ja eh keinen Wert, wenn man dafür nichts kaufen kann, aber so ein kleines bisschen Logarithmus und Zinseszinsrechnung macht schon einige Wirtschaftsmeldungen verständlicher.

Passenderweise haben auch die deutschen Grünen und die SPD gerade den Gesetzentwurf der Regierung zur Entlastung der Steuerzahler von der kalten Progression abgelehnt, so dass der Einkommensteuertarif nicht wenigstens etwas der Inflation nachgeführt wird (um automatische Nachführung ging es ja sowieso nicht). D.h. da gibt’s dann den nächsten kleinen schleichenden Zahlbetrag für die Staatsschulden, wenn von nominellen Lohnerhöhungen nach Abzug von durch die Progression steigender Steuerlast und Inflation am Ende zwar laut Zahl mehr übrig bleibt, aber laut Kaufkraft weniger. Das Beste ist halt, dass sich das alles über Jahre oder Jahrzehnte hinzieht und man davon fast nichts merken wird. Da sind doch durchaus mehr clevere Rechner in den Parteien als erwartet, ob mit oder ohne Wahlkampf im Nacken.

Schuldenbremse und Zuwanderungsgründe

Heute hatte ich Post aus Bern im Briefkasten, von der ich nicht wusste, was wohl drin sein würde. Es war aber ein Zuwanderungsfragebogen vom Bundesamt für Migration. Fand ich gut, denn nur wenn man genug Daten hat, kann man zuverlässige und belastbare Entscheidungen treffen. Hier der Fragebogen: Fragebogen vom BFM (pdf). Und hier noch der sehr informative ganzseitige heutige NZZ-Artikel über die schon seit vielen Jahren in der Schweiz existierende Schuldenbremse.

Ausserdem wollten die Jungs unbedingt für den Tatort üben und haben daher einen Tatort mit drei Weihnachtssternen nachgestellt. Der langohrige Bösewicht versteckt sich noch hinter einem der Sterne. Mal schauen, wie lange sich die Weihnachtssterne so halten. Und nein: es wurden keine Tiere während der Dreharbeiten verletzt.

Wer’s noch nicht gemerkt hat: der Grad meiner Zufriedenheit über die neue Heimat korreliert negativ mit der Anzahl der hier neu geschriebenen Beiträge. Mit inzwischen 6,5 Monaten ist das bereits die längste durchgängige Zeit, die ich im Ausland bin. Aber: schon ungefähr seit September verwende ich den Begriff “Ausland” auch, wenn ich nach Deutschland fahre; und wenn ich morgens im Nachtzug in Basel aufwache oder auch in Zürich-Flughafen ankomme, fühle ich mich wieder daheim. Irgendwann kann ich dann frohen Herzens meinen deutschen Pass abgeben. Meinen Führerausweis (Führerschein) muss ich sowieso demnächst in einen mit dem weiss-roten Kreuz umändern lassen, denn der deutsche wird nach einem Jahr Aufenthalt in der Schweiz ungültig; inklusive Sehtest und obligatorischer Gebühr wird das wohl wieder einer der reibungslos verlaufenden Verwaltungsakte.

Elder Statesmen

Zwei sehenswerte Videos zweier sehenswerter älterer Politiker gibt’s heute. Der eine ist im Begriff, ein sogenannter elder statesman zu werden: der ehemalige Präsident Bill Clinton. Auf dem Nominierungsparteitag der Demokraten hat er eine ganz gute Revue abgeliefert, die natürlich perfekt inszeniert und rhetorisch prima aufgebaut war. Er war mir ja schon zu Amtszeiten sympathisch, aber bei einigen seiner Redehöhepunkte und der dazu passenden Stimmung gab’s durchaus mal Gänsehaut. Inhaltlich war es eigentlich nichts Neues: die Republikaner sind schlecht, wir sind gut. Vom europäischen Standpunkt her versteht sowieso kaum jemand, wie man überhaupt die Republikaner wählen kann und ich mag sie auch nicht. Drei Punkte, die die Demokraten unter Obama veranstaltet haben, finde ich persönlich nicht begrüßenswert: a) die Rettung der Autoindustrie, b) der derzeitige Erdgasboom in den USA durch sogenanntes Fracking und c) die wenigen Investitionen in erneuerbare Energien. b) und c) wurden von Clinton schön verpackt dargestellt, nämlich daß die USA durch die Erdgasförderung die Abhängigkeit vom Ausland reduzieren und daß sich die erneuerbaren Energien in Obamas Amtszeit verdoppelt haben. Bei der Erdgas- und unkonventionellen Ölförderung erreichen die erschlossenen Quellen noch viel schneller das Fördermaximum, um danach abzufallen, und die Nebeneffekte der in den Boden geleiteten Chemikalien sind ganz sicher nicht vernachlässigbar. Das schiebt also nur die nächste Energiekrise etwas hinaus und ist nicht nachhaltig. Und bei den erneuerbaren Energien ist es zwar toll, daß die sich verdoppelt haben, aber wenn man nur bei einem sehr niedrigen Niveau anfängt, ist das auch kein Wunder. Das ganze Video gibt’s hier: http://www.youtube.com/watch?v=uzDhk3BHi6Q. Wie gesagt, die Stimmung ist schon beeindruckend, aber wenn man nur (vermutlich ausgesuchte) Befürworter in der Halle hat, ist das wie bei jedem beliebigen Parteitag, egal welcher Couleur.

Das zweite Video, aus deutscher Sicht vielleicht noch interessanter, stammt von einem Hallenser, der 1952 in die Bundesrepublik gegangen ist, dem man aber seine Herkunft sehr schön anhört. Er ist schon (so wie Helmut Schmidt) ein elder statesman. In dem Interview spricht er über seine Erfahrungen als Außenminister und gerade über die aktuelle Krise und Europa im Allgemeinen. Erstmal war mir gar nicht bewußt, daß er ja irgendwann mal in den Westen gegangen sein mußte und wenn er mich als Kind in den Fernsehnachrichten begleitet hat, hatte mich das sowieso weniger interessiert. Und dann ist mir auch nicht klar gewesen, daß er tatsächlich 18 Jahre lang Außenminister war. Das Interview, das die NZZ mit ihm in ihrer (anscheinend monatlichen) Sendung Standpunkte abliefert, ist jedenfalls sehr interessant und wirklich sehenswert, aber im Gegensatz zu Clinton ohne Publikum und daher weniger stimmungsgeladen. Bei der NZZ gibt’s noch mehr davon unter nzz.ch/standpunkte, ansonsten habe ich es auch auf youtube hochgeladen: youtube.com/watch?v=DT_RB2ScJBM. Oh, ja, es geht um Hans-Dietrich Genscher 🙂 Sein bester Spruch ist wohl “Wenn se keine Visionen haben, finden se ‘n Weg nich.” bzw. “Wer nich weiß, wo ‘r hinwill, kommt auch nich an.”

Was die beiden Videos vereint, ist die Aussage “We’re all in this together!” (Clinton) bzw. daß wir alle als Europäer im selben Boot sitzen, wie Genscher sinngemäß meint.

Feuer im Stroh

Da fährt man mal alle zwei Monate mit dem Auto und schon passieren komische Sachen. Gestern ging’s zu IKEA, allerdings nicht nach St. Gallen, weil es dort dieses Bett nicht gibt, sondern nach Dietlikon (kurz vor Zürich). Das war auch gut so, denn an der Autobahn-Anschlußstelle Oberbüren war die Feuerwehr noch mit den Löscharbeiten beschäftigt: tagblatt.ch-Artikel. Als ich bei der Rückfahrt an der Anschlußstelle abfuhr, roch auch der Asphalt richtig schön verbrannt, vermischt mit anderen Brandrestgerüchen. Und als gute Tat für den Tag hatte ich sowieso schon einer jungen Frau beim Einladen an der IKEA-Warenausgabe geholfen, nachdem ich ihr vorher viermal an unterschiedlichen Stellen beim IKEA über den Weg gelaufen war und sie mich ständig angelächelt hat. Da fällt mir auch noch ein, daß das Tempolimit hier sehr angenehm ist, weil es a) schön niedrig ist und b) auch ob der drakonischen, am Gehalt bemessenen Strafen ganz gut eingehalten wird.

FAZ-Artikel über Merkel

Unter dem Titel-Untertitel Der Politikstil der Kanzlerin — Das System M gibt’s bei der FAZ einen sehr gut geschriebenen Artikel zu lesen: FAZ-Feuilleton vom 02.08.2012. So richtig deuten kann ich den noch nicht, aber lesenswert ist er, vor allem, da er in der FAZ steht, die ich bisher immer als relativ merkelfreundlich in Erinnerung hatte. Im Prinzip ist er ja auch als Werbung für das Buch von derselben Autorin Gertrud Höhler gedacht: Die Patin: Wie Angela Merkel Deutschland umbaut.

BER

Hmm, also wenn ich mir den zukünftigen Hauptstadtflughafen Deutschlands so anschaue, wäre es fast einfacher, irgendwo einen funktionierenden Flughafen zu nehmen und Berlin dahin zu verlegen, anstatt das andersherum zu machen. Es sollte einfach gar kein Termin mehr genannt werden, dann kann man auch nicht enttäuscht werden, wenn es doch nicht klappt. TXL fand ich einfach nur genial, bis auf die fehlende schnelle Bahnanbindung und obwohl wir beim Bund damals direkt daneben in der Julius-Leber-Kaserne die Grundausbildung verbracht haben. Da gab es aber eh nervigere Sachen als den Fluglärm.