Ostseerunde

Überzeit muss weg, Interrail ist vorhanden, in Leipzig bin ich eh schon, also wieder in den Norden.

Fertig gebuchte/reservierte Reisestrecke: Wil-Leipzig-Malmö-Stockholm-Luleå-Tornio-Helsinki-(Fæhre)-Travemünde-Wil, davon 4’300km Zug, 1’130km Fähre, 1’000km Zug. Zwei Nachtzüge sind dabei (Stockholm-Luleå und Tornio-Helsinki auf Breitspur). Bei sj.se kann man Interrail wie immer ganz einfach online angeben, 70 EUR Schlafwagen-Aufpreis zum Pass, bei vr.fi geht das nicht online, sondern man muss anrufen und zahlt dann 70 EUR statt 140 EUR für den Schlafwagen. Die Fähre Helsinki-Travemünde fährt 30h (15-21 Uhr), man kommt noch mit dem ÖV bis nach Lübeck, was ich so gesehen habe.

Hm, Faltvelo. Könnte ich mitnehmen, aber eigentlich ist zu Fuss auch ganz angenehm. Finnisch sieht auch irgendwie ganz anders aus. Die ganze Idee ist erst zwei Tage alt, los geht’s am 06.06. (bzw. am 01.06. erstmal bis nach Leipzig).

Creux du Van (2)

Über 12 Jahre später, nach unzähligen Pässen und noch mehr Bahnhöfen, gibt’s nun doch noch Fotos vom Creux du Van. 3h Zugfahrt Wil-Noiraigue, dann in 1:10h (statt 2:15h wie angegeben) 700 Höhenmeter hinauf und dann konnte ich langsamer gehen.

Manchmal sind die Menschen auf den Fotos noch ganz gut als Grössenvergleich. Tendenziell waren mir zu viele Leute dort oben, aber sobald man ein paar Minuten entfernt war von Autoparkplätzen, wurde es deutlich ruhiger.

Der Wanderweg ist zeitweise gesperrt, um die Vegetation zu schützen, ansonsten geht er aber immer direkt an der Abbruchkante entlang, ohne Sicherung. Man kann aber bequem hinter der Steinmauer bleiben, die auch die Abgrenzung des Weidegebiets darstellt. In Grand Vy war ich noch kurz für einen Suure Moscht in der Beiz, danach ging’s kurz unbeschilderterweise über die Wiese mit gutem Ausblick, bevor ich für viele Kilometer im Wald verschwand.

Kurzer Fahrplancheck: 17:21 sollte der Zug fahren, ich war 17:22 Uhr am Bahnhof, der Zug hatte +2 Minuten. Den Umstieg in Biel/Bienne hab ich spontan auf Neuchâtel vorverlegt, da war nämlich mehr Zeit, noch im Coop was einzukaufen. 4:40h Wanderzeit heute für knapp 20km mit 893 Höhenmetern, und einen damals wegen Schneemassen nicht auffindbaren Geocache hab ich auch heute gefunden. Ankunft in Wil dann 20:25 Uhr.

Liegefeuilleton

Erstmal bin ich bei weitem nicht der Einzige, dem aufgefallen ist, dass die NZZ inzwischen ziemlich rechts ist. Auch die Republik hat das jetzt in sehr vielen Details bestätigt: https://www.republik.ch/2025/04/30/auf-dem-rechten-weg-nach-deutschland Im Pressreader kriege ich das jetzt immer mit zwei Tagen Verzögerung und das reicht mir auch, um die nach wie vor guten Auslandskorrespondenten zu lesen.

Vor einer Weile schon habe ich The_Shock_Doctrine von Naomi Klein gelesen. Darin zeigt sie ziemlich konsistent auf, wie nach einer Krise (erstmal eher zufällig) egal in welchem Land radikale Massnahmen durchgesetzt werden können, weil es nicht mehr schlechter werden kann. Da werden dann die Ideen der Chicagoer Schule um Milton Friedman radikal umgesetzt: komplett freie Märkte, keine Restriktionen, keine Einschränkungen, keine Regulierungen, kein Schutz. Im Rest des Buchs wird das detailliert an vielen Ländern aufgezeigt, von Chile über Bolivien, Polen (1980er), China, Russland (nach der Wende, Jelzin). Danach geht’s kurz um den militärisch-industriellen Komplex und damit auch um das absichtliche Herbeiführen von Krisen (z.B. durch Kriege oder das Ausnutzen von Naturkatastrophen), um danach auf einem clean slate alles komplett neu aufzubauen. Geht natürlich immer schief, funktioniert nur für einige Reiche und nicht für die Mehrheit der Bevölkerung. Das Buch ist leider schon von 2007, da sind aber sehr viele aktuell anwendbare und in den USA sichtbare Referenzen drin, die man direkt im Project 2025 und der Heritage Foundation wiederfindet.

Am Dienstag 06.05. war ich bei einem Vortrag an der ETH aus der Initiative speed2zero, wo sich die Institutionen des ETH-Bereichs (ETH, EPFL, eawag, WSL, PSI, empa, SDSC) zusammengeschlossen haben, um die Schweiz auf den Netto-Null-Weg zu bringen. Der Vortrag war von Naomi Oreskes, die im Wesentlichen ihr Buch The Big Myth: How American Business Taught Us to Loathe Government and Love the Free Market (2023) schön zusammengefasst hat. Das Kernargument ist, dass ein Verbund von US-Grossindustriellen (National Association of Manufacturers) durch Desinformationskampagnen und geschickte Manipulation bewirkt haben, dass die Öffentlichkeit denkt, dass vollständige free markets ohne Regulierung, ohne Aufsicht, ohne Einschränkungen das Beste für die Gesellschaft seien und ausserdem auch am besten dem American Way of Life entsprechen würden. Erst wurde das während des New Deal unter Roosevelt probiert, ab 1950 ging es dann verstärkt weiter, durch Manipulation schon in der Ausbildung (von Kinderbüchern bis zu Universitäten), eigene Propagandasendungen (die nicht als solche gekennzeichnet waren, General Electric Theatre) und durch Bezahlung von Akademikern wie z.B. Ludwig von Mises und Milton Friedman — spätestens an dieser Stelle fiel mir auf, dass das eine gute Vorgeschichte zum obigen Buch war. Jedenfalls führt die Deregulierung nicht zu Wohlstand für alle, sondern nur zu Reichtum für wenige und zur Verschlechterung des Lebensstandards für die meisten.

Neben zig Podcasts hab ich zuletzt auch das erste Audiobuch in Gänze angehört, und zwar https://en.wikipedia.org/wiki/Careless_People von Sarah Wynn-Williams. Und wie es sich gehört, bin ich darauf erst aufmerksam geworden, als Facebook versucht hat, das Buch zu verbieten. Der Streisand-Effekt ist schon super 🙂 Es ist eine sehr schöne und plastische Beschreibung einer hochrangigen Facebook-Mitarbeiterin, die von 2011 bis 2017 dort gearbeitet hat, mit teilweise abstrusen und nicht vorstellbaren Details. Spannend ist auch, dass es auch die Phase war, in der Facebook/Meta von “gut” zu “böse” gekippt ist, inklusive Markteintritt in China mit komplettem Instrumentarium für staatliche Zensur und Überwachung. Sie liest das Buch selbst vor und mit ihrem NZ-Akzent war das sehr gut anzuhören. Offensichtlich kippen die Silicon-Valley-Milliardäre nun alle ins vollständig Absurde, täuschen vor, etwas Gutes zu wollen, aber sie wollen alle nur immer mehr Geld, mehr Macht und mehr Kinder. Vielleicht gibt sich das mit dem Alter dann wieder, Bill Gates ist ja nun auch schon 70 und der war zu Hochzeiten von M$ auch nicht sehr sympathisch und hat komische Dinge gemacht.

Und jetzt noch ein paar Fotos, wo man überall mit Podcasts und Hörbüchern vorbeikommt 🙂

Frischluft mit Wärmetauscher

Beim Apéro bei Junods kurz vor Weihnachten wurde eine automatische Belüftung erwähnt — sowas finde ich auch noch ganz nett, besonders wenn im Winter das Dachfenster voller Schnee liegt und ich da im Schlafzimmer nur schlecht lüften kann. Oder wenn ich den ganzen Tag vorm Rechner sitze und irgendwann die Luft dick wird 🙂 Klar könnte ich da das kurz Fenster öffnen, aber so ein automatisches Raumklima wäre nett. Die Temperatur kann ich eh schon regeln, aber die Klimaanlage macht nur Umluft. Und natürlich habe ich den alten gemauerten Schornstein, in dem schon die Elektroleitungen der Solaranlage verlaufen.

Das Gerät, was mir da in die virtuellen Finger kam, ist der Bayernlüfter. Ein 30x40cm grosser Kasten mit vier Löchern und zwei Lüftern und in der Mitte einem grossen Wärmetauscher, also eine Lüftung mit Wärmerückgewinnung. Neupreis etwa 600-900 EUR je nach sophistication, ich hab die einfachste Version im Abverkauf für 360 Fr. bekommen (keine Elektronik, keine Sensoren, nur ein Poti zur Leistungsregelung). Aufgeklappt sieht der so aus:

Wie schon bei der Klimaanlage war das am umständlichsten lösbare Problem das des Kondenswassers. Da aber inzwischen die Solarleitungen bis in den Keller gehen und da im Leerrohr noch für ein dünnes Gardena-Tropfrohr Platz war, habe ich davon 15m bis in den Keller gelegt, wo es in einer Ecke versickern kann, bzw. kann das dann später auch noch durch ein Loch in der Wand bis in den Garten tropfen lassen.

Jetzt hat das Gerät vier Luftöffnungen: die für den zu belüftenden Raum sind klar (oben links Raum-Absaugung, unten links temperierte Frischluft). Irgendwoher muss die Frischluft kommen und irgendwo muss die Abluft hin. Da mein Dachboden recht gut belüftet ist (da steht ja auch das Aussengerät der Klimaanlage), bietet sich das an, dort sowohl die Abluft hinzuleiten als auch an einer anderen Stelle die Frischluft zu holen. Da der alte Abzug bis ganz knapp unters Dach geht und generell da drin ziemlicher Zug herrscht (nach oben), hab ich mir die Verrohrung für die Abluft gleich gespart, nur das Kondenswasser musste ich noch geeignet ableiten. Dazu dient diese Konstruktion:

Mit einer Bohrkrone hab ich in das Mauerwerk drei Durchbrüche gebohrt — Tunnelbohren ist tatsächlich anstrengend. Danach folgte eine ziemliche Bastelei, um mehrere Stück Rohr mit zwei 90°-Teilen durch die Inspektionsklappe einzuführen, drin zusammenzustecken, nach oben zu schieben und oben im Loch einzuhängen. Die Endoskop-Kamera, die ich da mit ins Rohr geschoben habe, war sehr nützlich, um wie an einem Periskop oben rausschauen zu können und das Mauerloch im Estrich zu finden.

Nachdem die Frischluft “verrohrt” war und die Abluft auch klar, musste ich nur noch die PE-Rohre an den Enden glattschneiden, Silikon drauf, dann von aussen (also von innerhalb des Abzugs, boah, was ein Dreck heute) einführen und auch von dieser Seite her an Ort und Stelle einschäumen. PU-Schaum ist echt immer eine Sauerei.

Nach einer ordentlichen Putzaktion sieht das ganze jetzt so aus (externe Sensoren sind von mir).

Das Gerät ist auf der leisesten Stufe sicher leiser als die Klimaanlage (und die ist auch schon nicht laut). Es sind zwei ganz normale 10cm-Axiallüfter eingebaut, Stromverbrauch bis ca. 6W.

Die Temperaturmesswerte in einer Grafik:

  • die Frischluft hat etwa 41°C (Klimaanlage läuft, heizt den Dachboden auf).
  • 17:58 Uhr: Installation Sensoren
  • 18:05 Uhr: angeschaltet auf Minimalstufe
  • 18:30 Uhr: eingestellt auf Maximalstufe
  • 18:45 Uhr: mittlere Stufe
  • 19:15 Uhr: etwa 30% Leistung

Es verhält sich alles wie erwartet: wenn ich die frische Luft direkt ins Zimmer reinpumpen würde, hätte die Zuluft 41°C; hier hat sie je nach Stufe 22-25°C — der Wärmetauscher funktioniert also. Den besten Wärmetausch schafft das Gerät also bei niedriger Lüfterleistung, was auch irgendwie logisch ist, weil die Luft mehr Zeit zum Verweilen am Wärmetauscher hat. Die Abluft habe ich nicht gemessen. Filter sind im Gerät auch drin, ich könnte da sogar noch Aktivkohlefilter einsetzen. Insgesamt ist die Installation ziemlich dreckig und aufwendig, aber gut machbar. Jetzt könnte man noch mehr solcher Geräte irgendwo einbauen, z.B. im Bad im EG 🙂 Am sinnvollsten wäre es in der Küche, weil die kein Fenster hat, Ab- und Zuluft wären da durch den gleichen Abzug (längere Rohre) machbar und man kann das Gerät auch irgendwo in einen Schrank bauen mit entsprechenden weiteren Rohren für die Innenluft. Aber dringend ist das grad nicht.