Lofoten im Herbst (4)

Die dritte Woche war schon merklich dunkler, man merkt es stark, wie die Tage kürzer werden, jede Woche eine Stunde weniger Tageslicht. Am Anfang fuhr der Dorfbus um 08:05 noch in der Morgendämmerung, am Ende in der Dunkelheit. Im Schatten gibt es schnell Dauerfrost, die Seen fangen an zu überfrieren, aber wenn die Sonne durchkommt, kann man sonnenbrandfrei in schönster Landschaft allein herumspazieren oder -klettern, ab etwa 500moh auch mit dauerhafter Schneedecke.

Mittagsspaziergang rund um Vikbukta/Uttakleiv

Nordlichter

Die Rückreise war planmässig, Aufstehn 04 Uhr, auf der Fahrt Nordlichter sehen, Auto am Flughafen abgeben, Abflug 05:40, 06:55, 11:10 und dann 14:53 mit dem IR13 heim. Puh, 2. Klasse und mit Fahrkartenkauf, das schreckt echt ab, diesem Zustand werde ich wohl wieder Abhilfe schaffen müssen.

Daheim läuft alles, es kommt immer noch massig Sonne vom Himmel, die fürs Warmwasser ausreicht und der nervige Zwischen-Zwei-Jobs-Zustand klärt sich wohl auch sehr bald. Es ist aber sehr spannend, wieviele Leute sich plötzlich ernsthaft für einen interessieren, wenn man dann doch mal kündigt.

Lofoten im Herbst (3)

Na, vielleicht ist es auch fast schon Winter: eine Woche später, die Tage sind wieder eine Stunde kürzer, die Temperaturen entsprechend noch niedriger und es gibt im Schatten permanenten Bodenfrost. Die Umschnallspikes kommen regelmässig zum Einsatz und hauptsächlich gab’s Wanderungen in der Mittagspause oder natürlich auch mal wieder Nordlichter, wenn schon mal der Himmel klar ist.

Wanderung zum Justadtinden (783m)

Im Januar lag hier zuviel Schnee, heute war’s dagegen sehr gut machbar, auch wenn für die letzten 100 Höhenmeter Schneeschuhe schon fast praktisch gewesen wären. Im Schatten ist es wieder sehr kühl, sämtliche Seen im Schatten frieren schon zu und die Wasserläufe auch. Das Sonnenlicht ist faszinierend, es fühlt sich auch mittags so an, als ob grad Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang wäre.

Lofoten im Herbst (2)

Man muss das Wetter hier grad so nutzen, wie es kommt. Es regnet und stürmt meistens ganz ordentlich, dafür ist wiederum die Wettervorhersage für kurze Vorausschauzeiten ganz gut.

Direkt beim Haus kann man auch Richtung Norden in das querliegende Tal aufsteigen, das hab ich am Montag gemacht. Unten war’s relativ warm, die verschneiten Spitzen ab 400moh sind aber sichtbar und da bin ich auch bis raufgekommen, hab dabei den unendlichen Podcast “Alles gesagt” gehört, was von der Länge her wieder gut gepasst hat.

Dann folgten ein paar Tage Regenwetter mit ganz guten Datenauswertungen und Meetings. Auf dem Offersøykammen war ich jetzt schon ein paarmal, gestern wieder, war aber nur anfangs kurz sonnig und bunt.

Und weil die Wettervorhersage für heute wolkenloses Wetter am Reinebringen angekündigt hatte, hab ich den entsprechend auch heut morgen erklommen, aber wieder nicht bis ganz hoch, weil das auch ohne Schnee und Glätte schon gefährlich genug wäre. Auto frei gekratzt und 75km gefahren bis nach Reine. Dummerweise ist der Parkplatz nicht mehr an der Strassenkreuzung mit der E10, sondern ich hab ganz regulär im Ort parkiert, drum war ich sicher erst 20min später oben und hab einen Teil der Morgensonne verpasst. Apropos Parking: es war ein Parkplatz mit vielleicht 20 Stellplätzen, Kennzeichenerkennung bei der Einfahrt, man muss sich um nichts kümmern, nichts anmelden, keine verdammte App laden, sehr benutzerfreundlich. Nur vor der Ausfahrt geht man zum Automat, gibt sein Kennzeichen ein, hält die Kreditkarte ran, fertig. Ich hab mir sogar noch per Email eine Quittung schicken lassen.

Beim Aufstieg kamen mir nur ganz wenige Leute entgegen, nämlich die, die noch früher aufgestanden waren und überall Sonne sehen wollten. Aber ich hatte halt noch 1.5h Anfahrt. Es war um die Uhrzeit also nicht viel los oben, die Massen kamen mir erst beim Abstieg entgegen, aber die hatten dann wettermässig keine so gute Aussicht mehr. Als ich oben so rumstand und meine Sonnenbrille geputzt hab, haben sich zwei andere Wanderer dazugesellt und nachdem ich sie schnell zweifelsfrei als Schweizer identifiert hatte, haben wir gegenseitig Fotos gemacht und uns eine Weile gut unterhalten. Er macht ein Austauschjahr in Bodø, sie besucht ihn grad, sie sind aus Olten (noch zwei, drei solcher Merkmale und sie sind eindeutig identifizierbar 🙂 ). Den Abstieg hab ich im Geschwindmarsch erledigt, mir wurde es zu voll. Aber dafür, dass der Reinebringen von der Instagrammabilität wie der Aescher, der Oeschinensee oder der Caumasee ist, war’s noch erträglich. Im Sommer kann man da echt nur nachts rauf, um die Massen zu vermeiden — und da ist es ja eh hell 🙂

Lofoten im Herbst

Während daheim die PV bei abartig hohen Aussentemperaturen immer noch schön Strom produziert, bin ich bei angenehmeren Temperaturen wieder 2400km weiter nördlich angelangt. Dank SAS-Flug musste ich in Oslo wieder nicht das Gepäck abholen und neu einchecken und die Mietwagenabholung in Leknes um 23 Uhr (vier Meter von der Gepäckausgabe entfernt) hat vermutlich weniger lang gedauert, als wenn man irgendwo an einem Parkautomat sein Ticket bezahlen muss. Winterreifen sind drauf und auch nötig.

Untergebracht habe ich mich in Unstad, direkt gegenüber vom Arctic Surf Café und je nach Wetter höre ich das Meeresrauschen, den Sturm oder den herabprassendeln Hagel/Regen, der ein paar hundert Meter weiter oben als Schnee fällt.

Impressionen der ersten Wanderung gleich ab der Haustür am Samstag:

Am Sonntag ging’s dann abends noch ins Kino. Ja, Leknes hat ein Kino mit zwei Sälen, wobei allein in den grösseren Saal mehr als 10% der Bevölkerung reinpassen. Das schaffen nicht mal die Zürcher 🙂 Es lief Sulis 1907, ein historischer Film, der sogar in der Nähe spielt, nämlich in Fauske östlich von Bodø, so eine Art Aufstand der Erzgrubenarbeiter, aus dem dann die Gewerkschaftsbewegung und das norwegische Wohlfahrtsmodell entstand. Sehr landestypisch, patriotisch, aber unaufdringlich. Ob die Filme immer mit norwegischen Untertiteln kommen, muss ich noch rauskriegen, sprachlich war’s ja Norwegisch und Schwedisch. Vorher kam jede Menge Werbung von Banken und Versicherungen und Supermärkten. Die inhaltlich beste Werbung kam von der norwegischen Bauernvereinigung mit dem Spruch “Spis norsk. Spis sesong. Spis opp.” (Iss Norwegisch. Iss saisonal. Iss auf.)