Mein Aufenthalt in Palo Alto nimmt langsam Form an, das Budget ist vorgegeben und ich bin auf Unterkunftsuche. Das Ottermobil kommt mit* und der Flug dürfte auch wieder im Liegen sein. Irgendwie bin ich inzwischen auf die Mobilitätsthemen abonniert, wobei Mobilität für die meisten Leute was mit Autos zu tun hat, wodurch es dann eher Immobilität heissen sollte. Später im Silicon Valley, wo ich ab Mitte August sein werde, geht’s dann um selbstfahrende Autos und autonome Fahrzeuge, die möglicherweise etwas mehr Fahrzeuge als Stehzeuge sind, aber im Wesentlichen nichts ändern können, solange der Individualtransport nicht zum Massentransport wird (siehe auch Der Blödsinn mit autonomen Fahrzeugen).
*Ottermobil ist inzwischen ein guter Suchbegriff, die Trefferliste bei den Bildern wird bevorzugt durch mich gefüllt.
Zu diesem Mobilitätsthema gab’s heute einen passenden Vortrag. Durch die Aktion zu den Nachtzügen war ich vor einer Weile auf den Verein umverkehR aufmerksam geworden. Heute war ich also an diesem Gastvortrag von Thomas Sauter (ZHAW) mit dem verheissungsvollen Titel “Die Effizienzillusion – warum Digitalisierung & Roboterisierung unser Verkehrsproblem nicht lösen”.
Erstmal ging’s über so Sachen wie Nutzenergie, Fahrzeugauslastung, Nutzzeit (der Begriff Stehzeug fiel auch 🙂 ), nichts, was ich hier noch nicht geschrieben hätte und was man mit etwas Nachdenken selbst merken könnte. Dann kamen die ganzen Ideen, um die Nutzenergie (Tesla), die Auslastung (uber) und die Nutzzeit (sharoo und carsharing) zu verbessern. Auch nichts Neues.
Das Silodenken bei den Verkehrsmitteln hat er aufgezeigt (also jeder denkt immer nur an das eine Verkehrsmittel, das er am liebsten hat, und nicht daran, wie er am besten von A nach B kommt). Das wird durch neue Anbieter sicher aufgebrochen bzw. zusammengeführt, die nicht als Netz- oder Flottenbetreiber agieren, sondern einfach nur die verschiedenen Verkehrsmittel auf einer Plattform zusammenbringen, vielleicht wie ein Mobilitätsmarktplatz. Ein aus meiner Sicht ganz wichtiger Punkt wurde auch erwähnt: das Problem sind nicht Zugang und Angebot, sondern das Problem liegt in der Akzeptanz einer neuen sozialen Praxis. Insbesondere die Autofahrer wollen ja gar nicht ihr Auto mit jemand anderem teilen.
Eine gute Frage genau zu diesem Punkt kam nach dem Vortrag: Carpooling (also sowas wie eine Mitfahrgelegenheit) gäbe es ja schon seit 50 Jahren, was ist da jetzt so neu dran? Aus meiner Sicht kann man vielleicht Anbieter und Nachfrager besser vernetzen, aber wenn die Leute eigentlich gar nicht wollen (denn dann würde ja der Individualverkehr in der eigenen Dose zum Quasi-Massentransport), dann muss das schon massiv günstiger sein, dass sie darauf umsteigen.
Sharoo wurde auch erwähnt, wo man sein privates Fahrzeug an andere Leute vermieten kann, egal welche Marke, es ist eine herstellerunabhängige Lösung. Zufällig oder nicht ganz zufällig hatte ich ja sowieso über deren Daten den ganzen Tag gebrütet. Apropos Daten: es fallen massive Datensammlungen quasi nebenbei an, die man schön für andere Zwecke verwenden kann und wird.
Was für meinen Aufenthalt im Silicon Valley interessant sein dürfte, ist der Unterschied zwischen der Musk-Vision und der Lyft-Version: auf der einen Seite Teslas Privatfahrzeuge, die man auch teilen kann bzw. die autonom fahren; auf der anderen Seite grosse Flottenbetreiber und fast kein Privatbesitz von Fahrzeugen mehr. Das ist auch das, was Versicherungen interessieren dürfte.
Den Rebound-Effekt hat er auch schön erklärt: wenn es einfacher und billiger wird, viel zu fahren, wird mehr und weiter gefahren. Das war bei Glühbirnen am Anfang so und beim Fliegen ist es ja genauso. Wer Strassen sät, wird Verkehr ernten.
Am Ende all dieser Visionen und Folien ging es dann doch auf die soziale Ebene und um die Frage, ob wir die vorgestellten Visionen wirklich wollen oder nicht. Da müssen wir uns als Gesellschaft drüber Gedanken machen, und zwar jetzt. Wenn wir das Konzernen wie VW oder Daimler überlassen, gibt’s am Ende nur noch mehr Verkehr, der vielleicht irgendwo versteckt wird. Dabei müsste weniger Mobilität das Ziel sein, nicht noch mehr.
Hinterher bin ich mit dem Postvelo zum Bahnhof und dort in den Zug gestiegen, das sind allerdings auch 100 Zugskilometer und 20 Velokilometer am Tag gewesen. Homeoffice braucht null Kilometer.
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