Titanic versenkt den Papst

Wer’s nicht mitbekommen hat: der Papst läßt gegen eine bzw. zwei Karikaturen seiner selbst im Satiremagazin Titanic vorgehen. Und der Rummel um das Verbot hat mal wieder, wie üblich, zur Folge, daß alles noch viel weiter aufgebauscht und bekannter wird, als es ohne das Vorgehen dagegen gewesen wäre. Die TAZ hat noch die entsprechenden Bilder im Angebot: http://www.taz.de/Provokatives-Papst-Cover-der-Titanic/!97062/. Die entsprechenden Kommentare der Titanic dazu sind mal wieder sehr erfrischend.

NZZ

Jetzt gibt’s täglichen Lesestoff, danke an AirBerlin und die SBB Lounge im Bahnhof Zürich für die Probeexemplare. Das Format der Neuen Zürcher Zeitung ist auch für den Flieger viel besser geeignet als die FAZ oder ZEIT, wobei ich letztere natürlich immer noch regelmäßig lese, da sie einen anderen Anspruch und eine andere Zielgruppe hat als eine Tageszeitung. Einerseits kriege ich (erneut) einen ganz anderen Blick auf Deutschland und andererseits lerne ich jetzt die Schweiz besser kennen, das ging mir mit dem Aftenposten auch schon so.

Netter Fußballkommentar

Das Fußballspiel am gestrigen Donnerstag habe ich mir streckenweise auch angeschaut, aber irgendwann wurde es doch langweilig. Am besten war eigentlich die Möglichkeit, es auf fünf verschiedenen Sendern mit fünf verschiedenen Sichtweisen zu sehen: Deutsch (Deutschland), Deutsch (Schweiz), Deutsch (Österreich), Französisch, Italienisch, auch alle in HD. Den deutschen Kommentar fand ich schon immer nervig und parteiisch, der Schweizer Kommentar war erwartungsgemäß neutral (mit Berti Vogts als begleitendem Fußballgast im Studio), der österreichische Kommentar war viel lustiger, mit spaßigen Sprüchen. Beim französischen Kommentar habe ich zuwenig verstanden, und beim italienischen Kommentar war das eher ein Dauerfeuer an Text und vermutlich ebenso parteiisch wie beim deutschen Kommentar. Mangels Verständnis kann ich dazu aber nichts weiter sagen. Jedenfalls gefällt mir der Schweizer am besten, gefolgt vom Österreicher.

Hier noch ein schön geschriebener Artikel über Deutschland, Italien und die Schweiz in diesem Fußballzusammenhang: Von Euro-Siegern und -verlierern: Den Italienern gehört die Stadt.

Kapital, Bildung und Kapitalbildung

In der FAZ von gestern findet sich ein passender Artikel über die unterschiedlichen Lebenshaltungskosten in Europa, inklusive passender Grafik: Deutsche leben günstiger als die meisten Nachbarn. Für Deutschland, Schweiz, England und Norwegen kann ich das ziemlich genau bestätigen, bei den anderen Ländern fehlt noch die Erfahrung im Alltagsbetrieb. Daß die Schweiz noch etwas teurer ist als Norwegen, kann ich ebenfalls bestätigen. Zinsen gibt’s fast keine, da noch ein bißchen Inflation dazu und wir zahlen alle schleichend via finanzieller Repression für die Schuldenlasten. Allerdings gibt’s hier schon seit einiger Zeit negative Inflationsraten, wie ein aktueller Zeitungsartikel der NZZ berichtet.

Dazu noch ein interessanter Artikel bei Telepolis: Wer ist schuld am Krisenausbruch? (Der erste Teil: Ist es schon zu spät?). Eigentlich müßte ich auch Das Kapital vor dem aktuellen Hintergrund noch mal lesen. Als ich das 2005 in England gelesen habe, war es nicht ganz so akut, aber doch interessant, wenn auch manchmal etwas monoton und sich wiederholend geschrieben. Beim Auspacken der Bücherkisten habe ich es jedenfalls in den Händen gehabt. Wenn ich mit Neil Stephenson: Cryptonomicon fertig bin, kommt erstmal Robert Harris: The Fear Index (deutscher Titel: Angst) an die Reihe und dann hab ich wieder Luft für was anderes.

Cyber-Attacken mit Stuxnet

Nein, keine Cyberattacken von mir. Nur hat gerade die FAZ berichtet, daß Obama die Cyberattacken via Stuxnet auf Irans Atomanlage angeordnet hat. Viel interessanter und detailreicher ist allerdings der passende Artikel New York Times. Und letzten Endes ist es auch nur ein Auszug aus dem noch erscheinenden Buch Confront and Conceal.

Wie ist Stuxnet in die Anlage gekommen? Tja:

“That was our holy grail,” one of the architects of the plan said. “It turns out there is always an idiot around who doesn’t think much about the thumb drive in their hand.”

USB-Sticks rumliegen lassen mit dem Virus drauf und darauf rechnen, daß jemand zu neugierig ist (was ja eigentlich nicht schlimm ist, bin ich ja auch) und dann noch zu dämlich, den Stick tatsächlich in einer abgeschotteten Atomanlage in einen Rechner zu stecken.

Wie ist es alles rausgekommen? Das Virus bzw. der Wurm hat sich auf einen Laptop eines Ingenieurs kopiert, der in der Anlage gearbeitet hat. Als der dann den Laptop außerhalb ans Internet angeschlossen hat, hat der Wurm nicht gemerkt, daß er nicht mehr in der Anlage ist, sondern sich weiterverbreitet. Und dann kamen die Analysen des Wurms. Im Nachhinein stellt sich raus, daß auch die damaligen Analysen sehr zutreffend waren, beispielsweise die von Frank Rieger vom CCC in der FAZ. Sowas ist echt spannend. Alles, was Rieger damals spekuliert hat, steht zumindest im NYT-Artikel tatsächlich drin, beispielsweise, daß der Wurm in einer ersten Phase Informationen über die Anlage gesammelt und “nach Hause telefoniert” hat.

Weitere Informationen gibt’s auch über die Zeit verteilt bei dem (nicht nur von mir) hoch geschätzten Bruce Schneier, (siehe hier), dessen aktuelles Buch Liars and Outliers ich gerade zu Ende gelesen habe. Er kommt eigentlich aus der Krytographie-Ecke (mit dem Standardwerk, der sogenannten Kryptographiebibel Applied Cryptography), ging dann immer weiter in Richtung security und erweitert das im aktuellen Buch in Richtung trust (Vertrauen). Es ist deutlich weniger technisch, sondern es geht eher um die soziale, psychologische und wirtschaftliche Komponente von Sicherheit und Vertrauen, häufig um sogenannte social dilemmas in der Gesellschaft und im täglichen Leben, für Firmen, Staaten, Gruppen und Einzelpersonen.

Gebäudeverschiebung in Zürich

Daß die Schweizer gut im Tunnelbohren sind, ist ja bekannt. Daß sie viel Bahn fahren, auch. Daß sie auch große Gebäude verschieben, weil sie viel Bahn fahren wollen, ist gerade in Zürich zu sehen: Youtube-Video. In Zürich wird schon seit einer Weile an der sogenannten Durchmesserlinie gebaut, die aus dem Kopfbahnhof einen teilweisen Durchgangsbahnhof machen wird (so ähnlich wie in Leipzig, nur im Budget und fast pünktlich). Dazu wird ein ehemaliges Verwaltungsgebäude um 60 Meter verschoben, was derzeit passiert. Ich hatte mich am Sonntag bei der Durchfahrt schon gewundert, warum da an dem Gebäude Werbeplakate für ein Restaurant hingen mit dem Text “Ab Juni finden Sie uns 60m weiter rechts” (so oder so ähnlich). Vielleicht hätten die Schweizer auch den neuen Berliner Flughafen bauen sollen 🙂

Nachtrag am 24.05.: Hier ein Zeitraffer-Video der Verschiebung.