Insurance Innovators Summit 2022

Business-Dress 🙂

Die letzte Business-Konferenz ausserhalb der Schweiz, auf der ich war, war Insurance Innovators Counter Fraud im März 2019. Mittwoch/Donnerstag war ich mal wieder in London auf einer Veranstaltung desselben Veranstalters, aber ohne Spezialthema Betrugsbekämpfung, sondern allgemein ein “Insurance Innovators Summit”. Laut Werbung waren 75% der Teilnehmer C-Level oder höher (also Management), dementsprechend gab’s wenig Inhaltstiefe für Leute wie mich. Vermutlich wäre ich da sonst auch nicht hingefahren, aber sie hatten mich für eine Paneldiskussion eingeladen, die wiederum vom Thema Betrugsbekämpfung handelte. Das war ganz witzig, bisschen mit Mikrofon rumzulaufen und praktischerweise das Konzerthemd vom Sonntag gleich nochmal anziehen zu können. An die Diskussion anschliessend gab es auch ein paar nette Kontakte, aber nichts Weltbewegendes. Ansonsten gab’s halt wieder den üblichen kapitalistischen Blödsinn zu hören, und insbesondere bei der Autoversicherung jede Menge davon. Auch ganz sustainable ist natürlich, dass man inzwischen Holzbesteck nutzt und wegwirft und aus ökologisch produzierten Pappbehältern isst, die man hinterher wegwirft; anstatt dass sie im Catering in einem extrem grossen Konferenzzentrum mal vernünftiges waschbares Geschirr und Besteck nutzen würden.

Besser war eigentlich das Drumherum: beim letzten Mal hatte ich (bzw. der Arbeitgeber) für eine Nacht im Hotel 480 Fr. gezahlt. Dieses Mal hatte ich lieber ein airbnb gemietet für 650 Fr. für drei Nächte, und auch noch für drei Personen, weil ich aufgrund meiner Speaker-Tätigkeit gratis noch Arbeitskollegen mitnehmen konnte. Bei Konferenzgebühren >1200 EUR pro Person macht das schon was aus. London scheint leiser geworden zu sein, und die Luft scheint auch besser zu sein, seit sie viele Strassen durch Velorouten ersetzt haben. Ist immer noch nicht so, dass ich da aus freien Stücken hinfahren würde, aber es ist erträglich — und es sind extrem viele Bromptons unterwegs. Vielleicht ist mir das ohne eigenes Faltvelo vorher aber nur nicht aufgefallen.

Was richtig gut ist: bei der Tube und allem, was von Transport for London kommt, kann man sich das Kaufen von Tickets jetzt komplett sparen. Man kann an den Ein- und Ausgangsschranken, wo man eine Oyster-Card oder seine Fahrkarte einlesen muss, jetzt einfach mit irgendeinem seiner kontaktlosen Bezahl-Geräte durch. Also z.B. Kreditkarte auflegen und beim Rausgehen wieder auschecken, fertig. Keine Regstrierung notwendig, kein Tarifwirrwarr: man bekommt am Ende einfach den günstigsten Tarif berechnet. Wenn man mehrmals am Tag fährt, ist der Preis halt bei der Tageskarte gedeckelt, je nach Zonen etc.

Wenn man schon mal unterwegs ist, kann man ja auch ins Theater gehen. Ich hatte noch drei Plätze für “Phantom of the Opera” gekriegt, Balkon erste Reihe, perfekte Sicht auf die Bühne und in den Orchestergraben, in dem höchstens 20 Leute waren, jedes Instrument vermutlich nur einmal besetzt und verstärkt. Ich hatte das noch nie live gesehen und es lohnt sich. Viele schöne Effekte, durchdachtes Bühnenbild, bunte und düstere Szenerie, dafür sind 140 CHF nicht zuviel, zumal das damals in Milano im Teatro alla Scala ähnlich teuer war.

Her Majesty’s Theatre, Phantom of the Opera, 2022-11-17

An- und Abreise finden unter Ausnutzung des noch gültigen Interrailpasses statt. Etwa 10h und 1250km Tür-zu-Tür, mit dem extrem nervigen Eurostar dazwischen. Die Planung für das ganze System müssen sie irgendeinem Flugzeugdeppen gegeben haben, weil das genau die negative Benutzererfahrung widerspiegelt, die man beim Fliegen auch hat, nur langsamer. Gepäckscan, Menschenscan, ewig eher vor Ort sein, lange im Terminal rumsitzen, zweimal Passkontrolle (okay, dafür kann nur UK was) und dann zahlt man ja auch noch massiv mehr als für den Flug, und zwar allein für die Reservationen. Ein Flug Zürich-LondonCity hätte etwa 120 EUR gekostet, allein mit den Zwangsreservierungen für Basel-Paris und Paris-London und retour bin ich schon bei 120 EUR. Ohne den Interrailpass hätte dieselbe Fahrt etwa 800 EUR gekostet. Mehrmals umsteigen, jedesmal potentiell Anschlussbruch, Wanderung oder anderer Transfer in Paris (Gare de Lyon -> Gare du Nord oder Est->Nord), da muss man echt gern Zug fahren, um da nicht den Flieger zu nehmen. Reservationspflichten im Zugverkehr sind sowieso das Dümmste, was es gibt, das macht das komplette offene System kaputt. Die Möglichkeit einer Reservation ist hingegen praktisch, dann kann man ohne Stress einsteigen. Und trotzdem stehen die Leute ab 10 Minuten vor Ankunft fast alle im Gang, das ist eine spannende Sozialstudie. Die Internetgeschwindigkeit ist umgekehrt proportional zum Fahrtempo, hab ich so den Eindruck.