Eigentlich heissen die Stege auf dem Lago Iseo ja Floating Piers, aber ich wäre in Anbetracht der Menschenmassen dafür, sie eher Floating People zu nennen.
Aber zurück zum Tagesanfang. Ich hatte mich aufgrund des verkehrenden Zugsmaterials dazu entschieden, die Tagestour heute mit dem ÖV anzugehen. 80km wären es mit dem Velo gewesen und im Nachhinein, naja… Das Frühstück im Hotel war, nun ja, ungewohnt. Acht verschiedene Blechkuchen, Kaffee war bestellbar, trockene Brötchen mit einer Dichte kleiner als Luft, Joghurt und Multivitaminsaft gab’s noch. Fertig. Nichts weiter. Etwas ungläubig habe ich mich bei der Inaugenscheinnahme umgeschaut, aber es war alles. Ich war nicht der Einzige, alle anderen, die nach mir kamen, haben genauso blöd gesucht nach dem Rest vom Buffet. Das hat mich dann auch dazu bewogen, meine Zelte morgen schon lange vor dem Frühstück abzubrechen und die Tour zum Mortirolopass früher zu starten.
Pünktlich um 09:34 kam der Bus. Wobei, es sah nicht aus wie ein Bus. Es war eher ein grosser Kleinlaster Typ Sprinter, der um die Kurve geschossen kam und den ich grad noch so als Bus nach Edolo erkennen und winken konnte. Daraufhin kam eine Vollbremsung und ich konnte einsteigen. Ticketverkauf im Bus war nicht, der Fahrer hat nur abgewunken, also bin ich halt gratis gefahren. In Edolo ging’s zum Billettautomat, aber der wollte meine Kreditkarten alle nicht, weder mit Chip noch kontaktlos. Dann zum Glück an den Schalter daneben, eine Tageskarte gelöst und los in den Zug. Die Kunstledersitze hatten Uralt-Charme. Bis Pisogno war die Fahrt ereignislos, danach wurde der Zug eine Station vor meinem Ziel Sulzano gestoppt und die Fahrt war beendet. Von da waren es zu Fuss noch 3km bis zum Ziel und die Stege waren auch schon zu sehen, also bin ich kurzerhand gelaufen.
Etwa 1km vor Sulzano hat schon die Polizei Durchsagen gemacht, dass die Wartezeit bis zum Einlass etwa vier Stunden betragen würde. Also wird der Zugang wohl doch gedrosselt. Vier Stunden Wartezeit in der Mittagssonne würden mir zu viel sein, aber ich bin noch bis hin gelaufen, um mir vor Ort die Situation anzuschauen. Es war wirklich voll. Aber 50m weiter kam schon der Ausgang. Da ich ja des Englischen und des Italienischen nicht mächtig bin, bin ich da auf Umwegen an der Wache vorbeigelaufen und hab mich so von der Rückseite reingeschmuggelt. Tipp: wenn man rückwärts läuft, also die Front zur Wache hat, fällt das bei deren Bilderkennung nicht auf, dass die Trajektorie des Objekts in die falsche Richtung zeigt. Irgendwann war ich um die Ecke und dann auch schon auf der Pontonbrücke drauf. Ja, schwankt halt. Die NATO hat sowas in Olivgrün, aber laut Medienberichten auch nur einmal in Europa. Vielleicht sollten die sich die Stege für spätere Grossübungen sichern. Oder gleich die Übung am Lago Iseo machen.
Den ersten Steg bin ich rübergelaufen, die Farbe des Stoffes ist sehr schön, so extrem ramponiert sah er auch noch nicht aus. Am Rand wird’s nass und wenn man zu nah am Rand und am Wächter ist, wird man wieder in die Mitte vom Steg gescheucht. Auf der Insel hatte ich den eingeplanten Geocache schon abgeschrieben, hatte mal wieder das Höhenprofil nicht beachtet 🙁 An vielen Engstellen und Gängen konnte man schön die Effekte studieren, wie bei schon geringer Verengung und grossem Andrang ein Stau produziert wird. Den zweiten Teil der Stege hab ich mir dann geschenkt, zumal ich grad dort war, als der Zugang blockiert wurde, warum auch immer.
Also war ich schon wieder um 13:30 Uhr am Bahnhof Sulzano für meinen planmässigen Zug um 13:54 Uhr. Der fuhr natürlich nicht. Aufgrund des Andrangs wurden die Menschenmassen schon weit vor dem Bahnhof aufgehalten und kanalisiert. Erst nach Einfahrt des Zuges wurden die Menschen dosiert aufs Perron gelassen und (wie Viehherden) zu den Eingängen des Stadler GTW getrieben (mit Trillerpfeifen sogar). Den Zug in Richtung Brescia (falsch) hab ich ignoriert und beim nächsten hab ich mich dann auf Umwegen noch aufs Perron geschleust und bin mit eingestiegen Richtung Norden. Der Zug fuhr aber nur bis Pisogne und als ich so drin stand, dachte ich: “voll ist das hier nicht, wenn ich mir da zu den Stosszeiten im ZVV die S12 anschaue, gehen hier schon noch hundert Leute rein”. In Pisogne mussten alle aussteigen und ich hab mir dann die Zeit vertrieben, bis mein Zug kam. So eine Shopping Mall ist bei dem Wetter halt doch super, hab mir die Aufteilung des Supermarkts genauer angeschaut und mich über den Mangel an Getränkekühlern gewundert. Postkarten waren auch sehr schwer zu finden. Zur geplanten Abfahrtszeit um etwa 16 Uhr Richtung Norden kam natürlich kein Zug, denn dessen Route führte von Brescia direkt an den Floating Piers vorbei und da war natürlich überall das bekannte Menschenchaos. Also verspätete er sich etwa eine Stunde. Dafür kam dann aber wieder ein Stadler GTW, in dem ich auch das Velo hätte mitnehmen können, wenn ich es gewusst hätte. Ab Pisogne war auch niemand mehr im Zug und es war angenehm kalt. In Edolo hatte ich dann keine Lust, eine Stunde auf den Bus zu warten, bin also direkt (=mit Umweg über einen Geocache, kurz vor dem Katzenfoto) bis zum Hotel gelaufen.
Das Velo stand derweil im Hotelzimmer und hat sich ausgeruht und mit dem gestern gefundenen (und funktionierenden) Handy gespielt.