Seit Donnerstag ist klar, dass es ziemlich viele waghalsige Leute gegeben hat, die im Ausland Fremdwährungskredite in Schweizerfranken aufgenommen haben, um z.B. Immobilien zu finanzieren. Dabei ist ihnen wohl das Wechselkursrisiko nicht bewusst gewesen, sondern sie haben nur auf die niedrigen Kreditzinsen des Franken-Kredits geschaut. Am Donnerstag hat sich dann mal eben die Rückzahlungssumme um 20% erhöht, als die Schweizer Nationalbank die Wechselkursuntergrenze CHF/EUR aufgegeben hat. Pech gehabt, wie das eben bei Geldspekulationen so ist. Bei Privatpersonen stehen diese immerhin selbst für ihr Risiko ein, wie sich das auch gehört. Leider haben das auch etliche deutsche Gemeinden so gemacht und das ist dann mal ganz und gar nicht in Ordnung. Dass sie Kredite aufnehmen, um laufende Ausgaben tätigen zu können, zeigt eigentlich nur noch, dass sie pleite sind.
Mich betrifft der neue Kurs grad weniger, ausser dass jetzt Nicht-Schweizer noch blöder gucken als vorher, wenn ich meine normalen Lebenshaltungskosten in Euro angebe. Geh ich halt jeden Tag für elf EUR in der Kantine essen statt für neun, meine Bio-Rohmilch kostet 2,20 EUR, der Döner zehn, die Miete 1’900 und die NZZ 60 EUR im Monat. Ich werd ja zum Glück in CHF entlöhnt. Die Leute, die Grenzgänger sind (in der richtigen Richtung), haben allerdings tatsächlich schlagartig eine ordentliche Gehaltserhöhung bekommen. Aber genauso kann es auch wieder in die andere Richtung gehen. Also nach dem Euro-Crash natürlich erst.
Viel interessanter ist doch da die Lektüre eines doppelt guten Buches: Ingenieure bauen die Schweiz. Jeder Beitrag ist anders geschrieben, alle aber spannend, abwechslungsreich, mit persönlichem Standpunkt und auch persönlichen Meinungen. Da das alles im Herzen Ingenieure sind, die da mitgeschrieben haben, merkt man ihre Begeisterung für alles Technische, für Basteleien, Erprobungen und Problemlösungen, den Stolz auf ihre Kunstwerke und die Verachtung für jegliche Verwaltung und Politik, weil sie nichts zur Sache beiträgt. Das kommt mir doch persönlich ziemlich bekannt vor. Bevor ich unzählige Meetings, Arbeitsstunden und Streitereien in irgendein Kompetenzgerangel investiere, damit mal eine andere Abteilung ein Problem für mich löst, das ich klar definieren kann, mach ich das lieber selbst in fünf Minuten, auch wenn letzteres nicht der offizielle Weg sein mag. Wenn ich damit anecke, gerne doch — aber ich bin damit wesentlich schneller und zufriedener. Manchmal komme ich mir schon vor wie in diesem Video, natürlich in der Rolle des Experten.