Eigentlich hatte ich am Samstag meine Fahrradkette wechseln wollen, und wenn die Kette nur das Doppelte vom deutschen Preis gekostet hätte, hätte ich auch eine gekauft. Aber beim dreifachen Preis (knapp 40 EUR) für eine sehr einfache Kette war’s mir dann doch zu dumm. Immerhin konnte ich später meinen Coiffeur zu ungläubigem Staunen hinreissen, da ich noch nie beim professionellen (bezahlten) Haarschneiden gewesen war.
Abends ging’s dann nach Urnäsch im Appenzellerland, wo der Brauch des Silvesterchlausens stattfindet (der Link lohnt sich). Kurzfassung: die Männer (vermutlich alle) basteln einen beträchtlichen Teil ihrer Freizeit an Kostümen, Verkleidungen und insbesondere Kopfbedeckungen für diesen Brauch. Von den so durch die Gegend ziehenden Gruppen werden die Neujahrsgrüsse überbracht. Bei uns äusserte sich das so, dass wir in einem proppenvollen Restaurant in Urnäsch sassen und geschätzt etwa 20 solcher Gruppen im Laufe des Abends (mit gegen Mitternacht abnehmender Häufigkeit) ins Restaurant gestürmt kamen, mit ihren Glocken und Schellen einen Höllenlärm veranstalteten, der wiederum drei Gesangsdarbietungen umrahmte. Zwei Hörbeispiele: Schellen und Gesang (die Schellen bitte auf ohrenbetäubende Lautstärke stellen, dann passt es ungefähr).
Der Geräuschpegel bei den Schellen und Glocken war jedenfalls in einem geschlossenen Raum ziemlich grenzwertig, aber da sieht man mal, was Kühe auf der Alp das ganze Jahr über ertragen müssen. Gut, bei denen haben die Glocken auch nicht das Volumen eines grossen Mülleimers. Die Band kam die ersten paar Stunden des Abends gar nicht richtig zum Spielen, weil fast ununterbrochen die Chläuse sich die Klinke in die Hand gaben. Es wurde auch vermutet, dass der Bassist der Band ein vom Blick her prototypischer Appenzeller ist, aber ich glaub, das könnte aus meiner Erfahrung auch einfach die typische Bassistenrolle sein. Im Prinzip wie John Deacon von Queen, der hat auch immer ziemlich teilnahmslos gespielt — man merkt halt nicht, wenn er da ist, aber man merkt, wenn er fehlt.
Das zwischen dem Getöse und dem Gesang servierte Menu war ausserdem auch sehr lecker, nur die Bedienung kam halt öfter nicht durch die Schuppel (Gruppe Chläuse) durch. Bei Laktoseintoleranz geht Rivella eigentlich gar nicht (enthält Milchserum, also die eiweissfreie Molke), schon gar nicht mehr als zwei Liter am Abend 🙂 Nuja, war jedenfalls ein sehr gelungener Brauchtumsabend.