35C3, Tag 1

Der 35C3 hat begonnen. Dank Kontakten auf Twitter bin ich auch noch reingekommen. Das Leipziger Messegelände ist ziemlich gross, aber bis auf ein bisschen zyklischen Stau bei den Fressbuden immer zwischen den Vorträgen hab ich noch keinen Dichtestress erlebt.

Die eigens für den Kongress gebaute Fahrplan-App mit allen Vorträgen und Events drin aktualisiert gefühlt alle 30 Minuten, funktioniert aber bestens.

Der Vortrag zu den Spacecraft Operations um 16:10 Uhr war sehr spassig, weil die zwar auch noch viele andere Sachen beachten müssen (Orbits, etc.), aber im Kern sind sie einfach sehr weit weg vom Satelliten, nachdem sie ihn ins All geschossen haben, und müssen dann mit den Daten leben, die von dort kommen. Sie können noch Aktionen auslösen, haben Wartezeiten zwischen Kommando und Daten, haben auch nicht immer Datenzugriff (Horizont) und haben ungefähr 20’000 Messparameter für die Telemetrie. Das ist quasi wie ein Solarauto, nur mit mehr Budget. Kreativ werden die Leute auch erst, wenn sie wirklich eingeschränkt werden, dann muss man für die Ferndiagnose der Solarpanels erstmal überlegen, wie man genau herausbekommt, was nun eigentlich das Problem ist. Hypothesen aufstellen (man weiss ja, wie der Satellit aussieht) und dann überlegen, wie man die aus zigtausend Kilometern Entfernung prüfen kann. Sowas ähnliches hatten wir 2016 mit den Solarpanels beim SER2 auch, als man in den Daten der Solartracker gesehen hat, dass mit einzelnen Strings des gesamten Panels etwas nicht stimmen kann. Aus den Messwerten konnte man das damals relativ gut eingrenzen, aber am Ende konnte auch jemand mit dem Lötkolben hingehen und nachlöten.

Richtig cool war dann um 17:30 Uhr der Vortrag zu wallet.fail, wo Hardware-Crypto-Wallets gehackt wurden. Das sind so kleine Geräte wie ein TAN-Generator, die intern Zahlungen verschlüsseln, auf denen man dann auch Zahlungen freigeben kann. Und natürlich, wenn man das gehackt hat, installiert man erstmal Snake drauf und kann dann auf seiner Wallet Snake spielen (Doom ging nicht, da zu wenig Tasten da sind). Auch die Fernauslesung oder der Einbau eines Funkschalters, den man aus der Ferne betätigen kann (um z.B. eine Zahlung zu autorisieren), waren sehr witzig.

19:10 Uhr kam ein Hack zur Venenerkennung, einem der letzten biometrischen Merkmale, die noch nicht gehackt wurden. Es war erstaunlich einfach, nachdem sie auch erstmal gezeigt hatten, was genau gemessen/vermessen wird. Ich kannte das im Prinzip von den Fingerabdrücken schon aus der Biometrie-Vorlesung 2002 und die Venen sind halt nur etwas schwieriger zu “sehen”, aber am Ende doch ganz einfach. IR-Filter der Kamera raus, die Hand mit IR anstrahlen und schon kriegt man schöne Muster. Das ganze kann man mit Toner ausdrucken, sie haben es dann in eine Handform mit Bienenwachs vergossen und fertig war die Hand-Attrappe, die das System überlistet hat.

“What the fax” war der abschliessende Vortrag von gestern — klar, wer benutzt heut noch Fax? Aber sie haben HP-All-in-One-Geräte auseinandergenommen und genügend Lücken gefunden, wie man über die normale Telefonleitung in das Gerät reinkommt und von da eben weiter in das normale Netzwerk. Es ging bis runter zu den Kompressionsalgorithmen, die in der Firmware von HP verwendet wurden (einer aus Commander Keen, einem Uralt-Spiel — Vermutung war, dass der Programmierer des Spiels bei HP gelandet ist, das kann ich mir sehr gut vorstellen, dass man Code mitnimmt).

Lohnt sich jedenfalls, die Konferenz 🙂 Mit zwei der Leute vom Bahnhofsfoto-Projekt, deren Daten ich ja mit produziere, hab ich mich auch schon getroffen und es scheint noch ein weiterer Liegevelofahrer da zu sein, wenn ich das auf Twitter richtig interpretiere.

ASC2016, Nachbereitung (Teil 4)

Dass wir mit einem der MPPT bzw. den Solar-Verschaltungen ein Problem hatten, hatte ich am fünften Challenge-Tag erwähnt. Hier folgen jetzt weitere Grafiken und Erläuterungen dazu.

Als erstes hier eine Auswertung von 2013 zu den PV-Teilflächen auf SER-2. Die gesamte Fläche ist in vier gleiche Teile (gleich viele Zellen) aufgeteilt und diese wiederum in einzelne Strings. Die Idee ist, dass die Verschattung einer einzelnen Zelle nicht die Leistung des gesamten Arrays in den Keller zieht, sondern nur einzelne Teile. Das Cockpit vom Fahrzeug wirft selbst einen Schatten, der je nach Sonnenstand wandert. Das sieht man in der folgenden Grafik:

Solar-Teilflächen auf SER-2.
Solar-Teilflächen auf SER-2.

Das Cockpit ist zwischen Teilfläche 1 (vorn rechts, in der Grafik rechts oben) und Teilfläche zwei (vorn links, in der Grafik links oben) angeordnet. Teilflächen 3 und 4 werden nicht verschattet und sind sehr ähnlich. Beim Rennen 2013 sind wir von Norden nach Süden gefahren, d.h. die in Fahrtrichtung rechts vorne gelegene Teilfläche 1 hat morgens den Schatten vom Cockpit. Dementsprechend hat die Teilfläche 2 (in Fahrtrichtung links vorne) am späten Nachmittag den Schatten. Schatten bedeutet weniger Leistung und genau das sieht man auch oben in der Grafik*.

Beim jetzigen Rennen sieht es über die gesamte Renndistanz von der Leistung der Teilflächen her so aus:

Solar-Teilflächen und deren Leistung am jeweiligen MPPT.
Solar-Teilflächen und deren Leistung am jeweiligen MPPT.

Problem: eigentlich sollten alle Maximum Powerpoint Tracker (=MPPT) bis auf die Verschattung fast identische Leistungswerte liefern. Das tun sie aber nicht. Insbesondere an Tag 4 und 5 sieht man, dass der grüne MPPT2 (links vorn) nur etwa 75-80% der Soll-Leistung liefert. Kaspar hat dann im Verschaltungsplan nachgeschaut und konnte anhand dieser Werte ungefähr bestimmen, welche Zellen/Strings möglicherweise eine kalte Lötstelle o.ä. haben. Leider haben wir das erst am fünften Tag festgestellt. Am sechsten Tag sind wir nach Reparatur bei etwa 90% der Sollleistung und für die letzten beiden Tage sieht es aus, als ob das Problem fast behoben ist (auch wenn insgesamt dank Wetter nicht mehr viel Energie kommt). Ohne dieses von Anfang an bestehende Problem hätten wir über die ersten fünf Tage etwa 1.3kWh mehr Energie geholt. Das ist ähnlich viel wie wir am 07.10.2013 wegen des Kurzschlusses und der resultierenden Standzeit (ohne aufladen zu können) in Australien verloren hatten. Die Lehre daraus: immer alle Grafiken erstellen lassen und prüfen, damit man sowas eher sieht 🙁

Hier die direkte Gegenüberstellung, man sieht sogar an Tag 4 die morgendliche Verschattung auf MPPT1 (violett, =rechts vorne, bei Fahrtrichtung Westen bis Nordwesten Schatten von der Fahrerkabine):

MPPT-Leistung, vor und nach der Zellenreparatur (Tag 4 bzw. Tag 7)
MPPT-Leistung, vor und nach der Zellenreparatur (Tag 4 bzw. Tag 7)

* ich hatte damals (und hab immer noch) keine Lust, ggplot2 so zu vergewaltigen, dass die vier Teilgrafiken genauso angeordnet sind wie wenn man von oben aufs Fahrzeug schaut. Abstrahieren können sollte man eh 🙂

ASC2016, Nachbereitung (Teil 3)

Oder auch: die ultimative Statistik

Tag W_Motor_Wh W_PV_Wh km h Wh_km km_h
1 Tag1 8044 5198.5 492 8.5 16.35 57.88
2 Tag2 3522.7 3912.3 240 3.7 14.68 64.86
3 Tag3 4706 3610.3 398 7.8 11.82 51.03
4 Tag4 4715.4 6156.7 424 7 11.12 60.57
5 Tag5 6492.1 6833.9 510 7.93 12.73 64.31
6 Tag6 7552.8 7472.5 523 7.95 14.44 65.79
7 Tag7 3402.8 2539.8 337 7.66 10.1 43.99
8 Tag8 2271.9 1210.9 254 6.22 8.94 40.84

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ASC2016, Tag 8

Schön, wenn der Stress nachlässt.

Gestern abend (Freitag) war noch einige Energie zu holen, aber lange nicht so viel, wie nötig gewesen wäre, um die heutige Etappe ohne Probleme zu fahren. Heute morgen (Samstag) ist die morgendliche Charging Session wieder ziemlich ins Wasser gefallen. Da wir gestern als Zweite ins Ziel gefahren waren, durften wir heute auch wieder als Zweite starten, auch wenn wir im Gesamtklassement nur Dritte waren hinter Team Toronto (2.) und Michigan (1. und um Grössenordnungen unschlagbar).

Da alle Teams quasi gleichzeitig gestartet sind und auch alle ziemlich leere Batterien hatten, ging auf dem grössten Teil der Strecke munter das nervige Überholen los. Wir blieben die meiste Zeit ganz ruhig und fuhren unser Tempo weiter, anfangs 30mph, später 20 und noch später noch viel langsamer.

Da es auf der Strecke weiterhin nicht sonnig war, kam nur sehr wenig Solarleistung an, etwa 100-200 Watt Gesamtleistung, wo normalerweise 800 bis 1200 Watt ankommen. Damit ging die Energie in der Batterie auch immer weiter zurück. Da absehbar war, dass wir nicht innerhalb der erlaubten 6h Fahrzeit mit einem Fahrer ins Ziel kommen würden, haben wir etwa in der Mitte der Etappe einen Batteriewechsel (Hilfsbatterie) und den Fahrerwechsel vorgenommen. Weiter ging’s mit reduzierter Geschwindigkeit. Es waren noch 125km übrig und wir waren mit 30-40km/h unterwegs.

Problem: die Strecke war sehr hügelig und am Ende der Etappe waren Höhenmeter (aufwärts) absehbar, mit starken Steigungen. Bei diesen Steigungen bricht eine fast leere Batterie derart stark ein, dass das Batterie-Schutz-System anspricht und das Fahrzeug abstellt. Das ist einmal passiert, danach haben wir eine Weile gewartet (100 Watt auf den Panels) und sind noch ein Stück weitergefahren. Dann, etwa 10km vor dem Ziel, mussten wir auch noch aufgeben und das Fahrzeug auf den Hänger laden und so ins Ziel fahren. Kurz vor der Schliessung des Ziels um 16 Uhr waren wir dort und hatten auf das Team, das in der Gesamtwertung noch vor uns lag, sehr viel Vorsprung, weil diese nämlich schon viel früher ihr Auto auf den Hänger laden mussten und dafür entsprechend mit Zeitstrafe belegt wurden (3 Minuten pro Meile auf dem Hänger).

Damit haben wir die Challenge am Ende auf dem zweiten Platz beendet, was angesichts des Top-Teams auf Platz 1 (Michigan) ein perfektes Ergebnis ist.

Hinterher folgte eine Siegerehrung und Ausreichung jeder Menge Pokale und Ehrungen. Was mich allerdings wirklich angekotzt hat, war, dass das Essen mal wieder auf Plastik- und Styroportellern und mit Plastikbesteck ausgegeben wurde. Das ist echt keine Esskultur! Und hinterher wurde dann auf der Zeremonie gross was von Klimawandel und sowas erzählt. Dafür ist diese Challenge ja nun sicher kein leuchtendes Beispiel, wenn jedes Solarauto noch von einem Begleittross von 5-10 Fahrzeugen begleitet wird. Solange sich an der autofixierten Kultur hier nichts ändert (da hilft auch Tesla nicht), braucht sich niemand auf die Schulter zu klopfen, auch die Nationalparks nicht. Echt abschreckend, auch wenn ich Klimatisierung natürlich mag 🙂

Jetzt will ich heim, mir reicht’s.

ASC2016, Tag 7

Die Nächte werden kälter 🙂

Beim Start bzw. vor dem Start in Dunning, Nebraska, hatten wir zwar einen wunderschönen Sonnenaufgang, aber danach gab’s nur Wolken, und das ging auch den ganzen Tag so weiter. Furchtbar aus Sicht eines Solarautos. Unser Energiebudget würde nicht ausreichen, also sind wir mit einer Geschwindigkeit von etwa 45 Kilometer pro Stunde die 336km bis zum Stage Stop in Scotts Bluff gefahren. Zwischendurch ging’s über die Zeitzonengrenze, jetzt sind wir in Mountain Time.

Die niedrige Geschwindigkeit bringt niedrige Verbrauchswerte mit sich, heute waren es etwa 10 Wh/km über die Gesamtstrecke. Allerdings ist die Batterie recht leer und nach der Wettervorhersage zu urteilen, dürfte heute abend und morgen früh auch nicht mehr viel an Energie kommen. Das betrifft dann aber zum Glück alle Teams gleichmässig.
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ASC2016, Tag 6

Start war heute um 08:45 Uhr, ein Checkpoint sollte in Beatrice, Nebraska, ziemlich schnell kommen. Die morgendliche Charging Session war so ziemlich die einzige der vergangenen Renntage, an der auch wirklich die Sonne kräftig schien, so dass wir eine gute Kilowattstunde mitnehmen konnten.

Kurz nach dem Start überfuhren wir ein Kaninchen die State Line zwischen Kansas und Nebraska.

Bis zum Checkpoint waren wir entsprechend schnell unterwegs, weil dort auch die Sonne scheinen würde und bei langsamer Fahrweise eventuell zu wenig Platz in der Batterie für weitere Energie sein könnte. Aber diese Furcht erwies sich als unbegründet. Der weitere Fahrtverlauf nach dem Checkpoint beim Homestead National Monument of America National Park.
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ASC2016, Tag 5

Heute startete die längste Etappe (1359km) der American Solar Challenge. Der Himmel war morgens bedeckt und es war sehr schwül. Bei der Startaufstellung wurden wir nach hinten versetzt, wie einige andere Teams auch, angeblich weil wir zu spät am Start waren. Dabei haben sich viele Teams auch noch (unabsichtlich?) beim Start gegenseitig blockiert. Also mussten wir viele langsamere Teams dann nach der Ausfahrt aus Springfield erst wieder überholen, aber das war bei mehrspurigen Strassen kein Problem.

Unser Observer war zwischendurch auch mal weggenickt, aber wir haben uns trotzdem an alle Regeln gehalten.

Aus Datensicht am interessantesten ist, dass wir mit unseren Zellen und deren Verschaltung möglicherweise ein Problem haben, weil sie nicht soviel Leistung bringen wie sie sollen. Die Gesamtfläche der Zellen hängt an vier Powerpoint-Trackern (MPPT), die den optimalen Leistungspunkt der Solarzellen einstellen (Spannung halbwegs konstant, Strom variiert). Deren Strom- und Spannungswerte habe ich in den Telemetriedaten. Einer der MPPT liefert permanent zu wenig Leistung und nach einer Live-Analyse der Daten von heute (und auch der von den vergangenen Tagen) sind mit hoher Wahrscheinlichkeit ein paar Anschlüsse nicht ganz in Ordnung. Aufgrund des Leistungsabfalls von einem zum anderen Tracker (die eigentlich genau gleich sein sollten) haben wir auch schon plausible Vermutungen aufstellen können, welche Zellen genau betroffen sein könnten. Das zeigt sich dann beim Elektriker-Check. Schon nützlich, solche Datenanalysen, dafür bin ich ja mitgefahren 🙂

Gefahren sind wir 566km (das sagt zumindest der Kilometerzähler im Solarauto) und stehen jetzt kurz vor Sabetha, Kansas. Morgen überqueren wir dann die Grenze nach Nebraska und fahren weiter Richtung Westen. Ein weiterer Zeitzonenwechsel folgt auch noch, vermutlich übermorgen. Die Landschaft ist langweilig. Ein bisschen hügelig, manchmal links Mais und rechts Soja, manchmal umgekehrt.

Lustige Kreuzungen gibt's hier. Wie im Lehrbuch für Autobahnbauer.
Lustige Kreuzungen gibt’s hier. Wie im Lehrbuch für Autobahnbauer.

Hügelig, langweilig.
Hügelig, langweilig.

ASC2016, Tag 4

Am vierten Tag der Challenge ist die morgendliche Charging Session mal wieder ins Wasser gefallen. Losgefahren sind wir mit ziemlich leerer Batterie, so dass die Spannung an den Steigungen ziemlich stark einbrach. Damit das BMS (Batterieüberwachung) nicht auslöst, darf die Spannung nicht zu weit abfallen, also hat unser Fahrer Michael dann einen sehr guten Job darin gemacht, fast mit konstanter Leistung zu fahren. D.h. wir haben die Geschwindigkeit von 30 oder 35 mph angegeben und er ist dann abwärts schneller gerollt und aufwärts entsprechend langsamer. Beim Velo würde man das direkt merken, ich fahre da auch auf längeren Touren fast immer mit konstanter Leistung.

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